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Am Mittwoch verlaufen der Morgen und Mittag recht ähnlich wie an den vorherigen Tagen. Erstaunlicherweise begleite ich meine Mutter erneut beim Joggen und danach stoße ich in der Schule auf Allison und Emilia, die mir wie immer vom neusten Tratsch und Klatsch berichten. Recht bald beginnt dann auch schon der Unterricht, doch es passiert noch nichts allzu Spannendes, da es ja gerade mal die erste Woche des neuen Schuljahres ist.

In der Biostunde hingegen wird es wieder interessanter, denn in dieser findet meine erste Partnerarbeit mit TJ statt. Nicht gerade begeistert setze ich mich neben ihn und warte darauf, dass Ms Hemlock erscheint. Schon wieder spüre ich die blauen Augen des Tätowierten öfter auf mir, aber heute will ich nicht nachlassen. Nicht wie gestern. Stattdessen will ich nur so viel mit ihm zu tun haben wie unbedingt nötig und als uns unsere Lehrerin dann mitteilt, dass wir die komplette Stunde zu zweit im Schulgarten verbringen werden, würde ich am liebsten lauthals dagegen protestieren. Die Betonung liegt aber auf „würde" uns so halte ich meinen Mund, immerhin bleibt mir nicht wirklich eine anderen Wahl. Genervt stehe ich auf und hole zusammen mit TJ unsere Arbeitsblätter ab, dann geht es auch schon nach draußen. Wir sollen ein paar Pflanzen identifizieren und sie in einer Karte des Schulgartens einzeichnen.

Schweigend gehe ich voraus und TJ läuft mir einfach hinterher. In diesem Moment bin ich einfach dankbar, dass er noch nicht seinen Mund aufgemacht hat, um mir wieder irgendwas vorzuwerfen. Dazu muss ich aber auch sagen, dass ich heute mal etwas anderes als das Kleid von den letzten zwei Tagen trage. Nach und nach bearbeiten wir also die Aufgabe und reden dabei so gut wie gar nicht, außer wenn sein muss, miteinander.

„Hier.", sage ich zu ihm. „Das müsste Salbei sein."

Ich deute auf das grüne Gestrüpp am Wegesrand und der Tätowierte nickt langsam.

„Gut, ich zeichne es ein.", erwidert er und kritzelt dann auf der Karte rum.

Seufzend wende ich meinen Blick von ihm ab und streiche mir gefühlt nun schon zum hundertsten Mal die Haare nach hinten. Heute ist es echt brütend warm und ich verfluche mich innerlich dafür mir heute früh keinen Zopf gemacht zu haben. Abwartend stehe ich nun also da, friemele immer wieder an meinen blonden Haaren herum und fächere mir gleichzeitig frische Luft zu.

„Hast du kein Haargummi dabei?", höre ich TJ auf einmal fragen.

„Huh?", ich gucke zu ihm und treffe auf seinen fragenden Blick. „Oh. Nein. Ich hab's vergessen."

Ich verziehe mein Gesicht und will gerade schon den Weg zur nächsten Pflanze fortsetzen, da hält mich der Größere an meiner Schulter zurück.

„Hier.", er hält mir ein schwarzes Zopfgummi hin.

Überrascht nehme ich den Gegenstand entgegen und  sehe TJ verwundet an. Warum hat er ein Haargummi? Er hat doch kurze Haare.

„Ich habs aus Gewohnheit bei mir.", meint er daraufhin, scheint meine Verwirrung zu sehen. „Ich hatte mal längere Haare, aber bevor ich umgezogen bin hab ich sie abgeschnitten. Das Haargummi trage irgendwie trotzdem noch am Handgelenk."

„Verstehe.", murmele ich, dann räuspere ich mich. „Danke."

Ich binde mir schnell meine Haare zusammen und atme erleichtert aus. TJ sieht mich währenddessen schmunzelnd an.

„Kein Ding. Deine Haare scheinen dich ja echt genervt zu haben."

„Oh ja.", sofort nicke ich, merke vor lauter Erleichterung erst gar nicht was ich hier preisgebe. „Kürzere Haare wären mir so viel lieber."

„Und warum schneidest du sie dann nicht ab?", erst als der Tätowierte mich das frägt, wird mir meine Antwort bewusst.

Mist. Ich hab mich verplappert. Ich hab ihm eine meiner Lügen offenbart.

Lies | TaddlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt