~•°Gabrielle°•~

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Ich lief ihr nach draußen hinterher und schaute dabei die ganze Zeit zu Boden, denn ich wollte gar nicht wissen, wie alle um mich herum uns anstarrten.

Erst als wir ein gutes Stück vom Haus entfernt waren, fing sie das Gespräch mit mir an.

"Das machst du also, wenn du mir sagst, dass du bei Juline übernachtest?", fragte sie mich vorwurfsvoll und schaute mich dabei streng an, was die Wut in mir fast zum Überlaufen brachte. Wie konnte sie, nach Allem was sie mir und meinem Vater angetan hatte, so auf mich reagieren? Eigentlich müsste sie sich entschuldigen, sich schämen, doch so war sie nunmal nicht.

"Ich erwarte eine Antwort, Mia!", blieb sie stehen und stellte sich vor mich, um mir wütend entgegen zu blicken.

"Ich möchte nicht mit dir reden, Gabrielle!", sprach ich sie bei ihrem Namen an und sofort wandt sie sich von mir ab und lief mir vorraus die Straße entlang. Sie hatte wirklich überhaupt kein schlechtes Gewissen, was mir so unglaublich mies vorkam. Immerhin waren sie und mein Vater seid der Highschool zusammen. Wie konnte sie ihm das antun?

"Ich habe deinen Vater schon angerufen. Er ist auf dem Weg nach Hause und morgen früh sprechen wir in Ruhe, als Familie", erklärte sie ohne sich zu mir umzudrehen.

Ich schaute die dunklen Häuser um mich herum an und schenkte ihr den Rest des Weges keine Beachtung mehr. Zu Hause angekommen, war ich einfach nur froh, in mein Zimmer verschwinden zu können, denn ich würde sie nicht eine weitere Sekunde ertragen können.

Frustiert, sauer und müde ließ ich mich in mein Bett fallen und nahm dann mein Handy aus der Hosentasche, um mir Julines Profil auf Instagram anzusehen. Sie hatte von diesem Abend ein Foto hochgeladen, dass sie mit Micah zeigte, wie beide einen Becher in der Hand hielten und in die Kamera grinsten. Wie gerne wäre ich dabei gewesen.

Ich atmete tief durch, kommentierte "Hab dich lieb J."  und legte das Handy dann auf meinen Nachttisch, um mir die Jeans ausziehen und mich unter meine Decke einzumurmeln.

Tausend Gedanken flogen mir vor dem Einschlafen noch durch den Kopf. Da war wieder das Bild meiner Mutter mit dem Mann. Cody, wie er geschubst wurde. Micah, der mir irgenwie so weit entfernt vorkam und auch die kalten, braunen Augen kamen mir wieder in den Sinn, mit denen im Kopf ich dann auch endlich einschlief.

*****

Als ich wach wurde, hörte ich sofort meine Eltern, die laut stritten, was mir direkt Magenschmerzen bereitete. Ich stand auf, zog mir eine Schlafhose und Socken an und verließ dann mein dunkles Zimmer, um geschockt die Luft anzuhalten.

Am Ende des Flurs, vor dem Schlafzimmer meiner Eltern, standen mehrere gepackte Taschen und nur langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen, um an den Taschen vorbei in die offene Küche zu laufen.

"Es war nur dieses eine Mal!", schrie meine Mutter meinen Vater an und als dieser mich bemerkte, fuhr er sich durch die blonden Haare und kam mit Tränen in den Augen auf mich zu.

"Dad", flüsterte ich und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. In diesem Moment hatte ich nur noch Angst und Panik, denn ohne ihn würde ich hier nicht leben wollen. Er war derjenige, der stets für mich da war. Der mir über meine erste Verknalltheit hinweg half. Der da war, wenn ich mal Streit mit Juline oder Micah hatte und der mir immer zuhörte, egal wie müde oder gestresst er von der Arbeit war. Wie sollte ich das alles ohne ihn schaffen?

"Mia, es tut mir so leid", fing er an und ich löste mich von ihm, um ihm tief in die Augen zu sehen. "Ich werde mir eine Wohnung suchen und sobald ich alles geregelt habe, kommst du mich besuchen."

Es traf mich wie ein Messerstich. Wieso war alles so ungerecht? Sie hatte etwas mit einem anderen und mein Vater musste ausziehen?

"Ich will aber bei dir leben", fing ich an zu weinen und klammerte mich noch fester an seine Brust.

"Das geht nicht, Kleine. Ich bin zu oft unterwegs", flüsterte er und streichelte dabei über meine Haare.

"Ich bin 17. Ich kann auch mal alleine zu Hause bleiben", gab ich als Argument und sofort ertönte die hysterische Stimme meiner Mutter hinter ihm.

"Das fehlte gerade noch! Das du dann auf  noch mehr geheime Partys gehst? Damit du komplett außer Kontrolle gerätst?", schrie sie und ich schaute meinen Vater an, der mir entgegen lächelte.

"Sobald die Wohnung eingerichtet ist, hole ich dich ab", flüsterte er so leise, das nur ich es hören konnte und löste sich dann von mir, um wortlos mit den Taschen das Haus zu verlassen.

Zurück blieben meine vor Wut bebende Mutter und ich.
"Ich hoffe du bist zufrieden!", zischte sie mich von der Seite an und schnappte ihre Handtasche, um ebenfalls das Haus zu verlassen. "James!", schrie sie meinem Vater hinterher und knallte dann die Haustür zu.

Ich zufrieden? War sie etwa sauer, dass sie erwischt wurde? Wie unberechenbar konnte ein Mensch nur sein?

Ich überlegte gar nicht lange, was ich tun sollte und lief zurück in mein Zimmer, um mich umzuziehen und dann ins Bad, um meine Zähne zu putzen. Dann verließ auch ich dieses Irrenhaus und machte mich unter der Sonne auf den Weg zu Juline. Sie würde einen Rat wissen. Sie könnte mich aufmuntern und genau das brauchte ich in dem Augenblick.

Als ich bei Juline ankam und klingelte, machte mir auch nach längerer Zeit niemand die Tür auf, was wirklich merkwürdig war. Normalerweise stand sie immer schon früher auf als ich, aber ein Blick auf mein Handy zeigte mir ihren letzten Status, der gerade mal zwei Stunden her war und auf dem Foto lag sie auf Micahs Couch. 

Ich hasste dieses ganze Posten von Bildern, machte es selbst nie, aber heute kam es mir ganz gelegen, denn dadurch wusste ich wenigstens, wo sie war.

Unter der Sonne, die warm auf meiner Haut wirkte, lief ich also weiter die Straße runter und klingelte dann bei Micah, doch weder er noch Juline öffneten mir die Tür, sondern ein mir völlig unbekanntes Mädchen. 

"Hi", sagte sie freundlich und zog die Tür ein Stück weiter auf, sodass ich eintreten konnte.

"Oh mein Gott", hauchte ich und schaute mich dabei um. Es sah aus, als wäre hier eine Bombe explodiert. Nicht nur leere Flaschen und Becher lagen überall herum, sondern auch Klamotten, was mich erschocken die Luft anhalten ließ.

Hatten sie eine Orgie gefeiert?

"Mia!", hörte ich plötzlich eine Stimme neben mir und erkannte sofort Cody, der mit einem Becher aus der Küche heraus auf mich zukam. "Was möchtest du trinken?"

Ich schaute ihn verwundert an und nahm ihm sofort den Becher ab, um ihn hinter mir her in die Küche zu ziehen.

"Ich mach uns Kaffee und dann hilfst du mir hier Ordnung zu machen", wies ich ihn an und der legte seine Hand quer an den Kopf und meinte nur "Ai ai Captain", was  mich ungewollt wieder zum Lächeln brachte.

Umso schneller das Chaos beseitigt wäre, umso  schneller hätte ich meine beste Freundin wieder, dachte ich und stellte dann eine Tasse unter die Kaffeemaschine, um Cody etwas Koffein einzuflößen. Alleine würde ich das nämlich  nicht schaffen.

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1195 Wörter

My new stepbrother - Konsequenzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt