~•°Neue Woche°•~

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Ich wurde von den wenigen Sonnenstrahlen geweckt, die sich durch mein Fenster einschlichen und sofort schoss mir die letzte Nacht nochmal durch den Kopf.

Thomas war nicht Kiyans Vater und diese Erkenntnis, machte diese ganze Konstellation hier bei mir zu Hause noch unheimlicher. Vor allem weil er so aggressiv rüberkam. Ich wusste ja nicht inwieweit er seinen Frust noch an mir auslassen würde, wollte es auch nicht herausfinden.

Müde erhob ich meinen Oberkörper und verdrängte meine Gedanken an ihn. Es war Montag, das hieß das meine Mutter und er sicher arbeiten waren und ich endlich mein zu Hause wieder für mich hatte. Klar war bestimmt Kiyan hier irgendwo, aber so wie er sich mir gestern gezeigt hatte, akzeptierte ich seine Anwesenheit und fühlte mich damit auch gar nicht mehr so unwohl, eher sogar gut.

Es machte mir trotzdem noch ein mulmiges Gefühl, die Erinnerung daran, dass er mir so nah war und sich dann einfach von mir abwandte. Er redete auch die gesamte Heimfahrt nicht mehr mit mir. Vielleicht konnte er mich einfach nicht leiden, aber wieso hatte er mir dann das alles anvertraut? Das ergab keinen Sinn, aber was in meinem Leben ergab überhaupt noch Sinn?

Ich schwang mich aus meinem warmen Bett, suchte mir eine helle Jeans, einen meiner grauen Kaputzenpullover und Unterwäsche,  um mich dann auf den Weg ins Bad zu machen. Kaum hatte ich die Tür geschlossen, machte ich das Wasser in der Dusche an und fing an mich meiner Klamotten zu erledigen.

Das warme Wasser lief angenehm meinen Körper herab und es war wirklich schön, mal kurze  Zeit über nichts da draußen nachzudenken. Ich wusch mich einfach sauber, drehte das Wasser nach einer Weile wieder ab und stellte mich dann mit einem weißen  Handtuch vor den Spiegel, um noch meine Zähne zu putzen.

"Mia?", hörte ich dann jemanden an der Tür klopfen und es jagte mir einen Schauer über den Rücken, als mir bewusst wurde, dass es Thomas war. Musste er nicht arbeiten?

"Ja?", versuchte ich laut zu sagen, doch ich verschluckte mich an der Zahnpasta in meinem Mund und hustete mir deswegen fast die Seele aus dem Leib.

"Alles in Ordnung?", hörte ich ihn dann wieder durch die Tür und am liebsten hätte ich "verpiss dich" geschrien, doch ich musste erstmal wieder klarkommen und trank mit meiner Hand einige Schlücke des kaltens Wasser, um mich dann hastig anzuziehen.

Erst als ich meine alten Klamotten in den Wäschekorb gestopft hatte und angezogen vor dem Spiegel stand, atmete ich nochmal durch und öffnete dann zögernd die Badezimmertür. Thomas stand nicht mehr da, aber ich hörte etwas in der Küche, also schlich ich mich in mein Zimmer und schloss auch dort wieder die Tür. Ich wollte ihm nicht begegnen, also blieb ich trotz Hunger die nächsten Morgenstunden in meinem Zimmer und beschäftigte mich mit aufräumen und zeichnen, bis ich die Haustür hörte und darauf hoffte, dass die Luft rein wäre.

Ich öffnete leise meine Tür, schaute durch den Flur und nahm nur die Stille wahr, die im ganzen Haus herrschte. Einen Schritt nach dem anderen schlich ich durch den Gang und kam dann im offenen Wohnzimmer mit Blick auf die Küche an. Ich war allein!

Mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht trieb mich der Hunger sofort zum Kühlschrank und mein Appetit nahm unstillbare  Dimensionen an. Schnell nahm ich mir die Milch und einige Scheiben Salami, kramte dann noch eine Schüssel und Kellogs  hervor und stellte alles vorsichtig ab, ehe ich den Kühlschrank schloss und Kiyan mich plötzlich zu Tode erschreckte, der müde vor sich hingähnte.

Ich zuckte zusammen und stand kurz mit zitternden Lippen da, ehe er sich die Augen rubbelte und mir dann erst bewusst wurde, das er bis auf seine Boxershorts völlig nackt war.

Mit roten Wangen und tanzendem Herzen bewunderte ich jeden seiner Muskeln und erkannte staunend mehrere Tattoos auf seiner Brust und seinen Armen. Auch eine Narbe an seiner Seite fiel mir auf, doch ehe ich noch weiter wie eine Verrückte gaffen konnte, bemerkte ich sein zufriedenes Grinsen und drehte mich sofort nervös zu meinem Essen um.

"Schwanger?", hörte ich ihn fragen und drehte mich verwirrt noch mal zu ihm. Er lehnte mit verschränkten Armen am Kühlschrank und nickte zum Tresen vor mir, wo auch ich dann die Kellogs und die Salamischeiben bemerkte.

"Nein, ich brauch nur zu etwas süßem auch was salziges. Die Mischung macht es perfekt", plapperte ich verlegen und nahm dann die Schüssel, um mich schnell an den Esstisch zu verkrümeln. Innerlich ärgerte ich mich über meinen Spruch. Er dachte sicher ich wäre ein Freak, der zu Schokolade Käse essen würde, aber das hatte ich mir ja selbst eingebrockt.

Am Tisch blieb ich dann vor dem Stuhl stehen, auf dem ich normalerweise immer saß, denn von ihm aus konnte man aus dem großen Fenster zur Straße sehen, doch grinsend lief ich um den Glastisch herum, um mich genau da niederzulassen, wo ich perfekte Sicht auf die Küche hatte, oder eher auf Kiyan.

Er schaute gedankenverloren auf sein Handy, während er immernoch am Kühlschrank lehnte und sich immer wieder durch die verwuschelten Haare fuhr. Ab und zu gähnte er, was mich nur erahnen ließ, dass er sicher gestern Nacht nochmal weg war, sonst wäre er wohl kaum noch so verschlafen, was ziemlich süß war.

Während ich anfing die Kellogs in mich reinzuschaufeln, schweifte mein Blick wieder wie von selbst zu seinem trainierten Oberkörper. Wie konnte jemand nur so viel Sport treiben, um so gut auszusehen? Ich war schon manchmal zu faul vor die Tür zu gehen.

"Willst du ein Foto?", riss er mich belustigt aus der Starre und sofort trafen sich unsere Blicke. Ich konnte es nicht verhindern, rot anzulaufen und am liebsten hätte ich mich irgendwo hingeflüchtet, doch dann drehte er sich zu meinem Glück zum Kühlschrank und ich konnte wieder beruhigt durchatmen.

Es machte ihm sicherlich Spaß, mich so in Verlegenheit zu bringen und es ärgerte mich nicht selbstbewusster zu sein, aber so war ich nunmal und ich glaubte auch kaum, das man sowas einfach ändern konnte.

"Warst du gestern noch weg?", fragte ich dann in die Stille und obwohl ich einfach nur eine freundliche Unterhaltung wollte, kam mir diese Frage sofort neugierig und unangebracht vor. Als er sich dann mit einem Joghurt in der Hand zu mir umdrehte und mich verwirrt ansah, wusste ich, dass diese Frage wirklich nur dämlich war.

"Da bin ich wieder", flog plötzlich die Haustür auf und sofort wandt ich meinen Blick von ihm ab, stand auf und wollte in mein Zimmer verschwinden.

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1100 Wörter

My new stepbrother - Konsequenzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt