Ohne die Typen weiter zu beachten folgte ich Micah zu dem Tresen, an dem er Popcorn und Getränke bestellte. Ich fühlte mich durchgehend beobachtet und hätte zu gerne nur einmal kurz zu dem Kerl geschaut, aber ich verkniff es mir und war dann einfach nur erleichtert, als ich das Popcorn entgegennahm und mit Micah den hellen Flur entlang und in den Saal verschwand.
Kaum saßen wir an unseren Plätzen fiel mir eine Last von meinen Schultern und ich fühlte mich wieder einigermaßen wohl, bis ich Micahs Arm an meinem spürte und vorsichtig zu ihm herüberschaute.
Er schaute auf sein Handy und schrieb wahrscheinlich mit Leyla. Ich war froh darüber, dass er eine Freundin hatte, obwohl ich sie nicht leiden konnte, aber so war ich mir sicher, dass er nicht noch einen Versuch bei mir wagen würde. Das würde unsere Freundschaft nämlich nicht noch einmal überstehen.
"Wir können auch gehen, wenn du dich unwohl fühlst", meinte er plötzlich und erst dann fiel mir auf, das ich ihn immernoch anstarrte. Hektisch schüttelte ich den Kopf und wandt mich wieder der Leinwand zu, während der Raum dunkler wurde und die ersten Werbespots eingeblendet wurden.
Ich konnte mich kaum auf das Gerede aus den Boxen konzentrieren, geschweigedenn auf das, was auf der Leinwand ablief. Viel zu eingenommen war ich von dem ganzen Scheiß, der gerade in meinem Leben passierte. Ich wünschte mir, Juline wäre mitgekommen, sie wüsste nämlich mit mir umzugehen und ihr könnte ich mich auch besser mitteilen, als ihm.
Wieder fiel mein Blick auf Micah, der gespannt auf die Leinwand schaute und dabei seine Cola trank. Er wirkte so ruhig, als wäre unser Kuss nur noch in meinem Kopf, oder aber ich machte daraus eine viel zu große Sache. So oder so brauchte ich in dem Moment einfach nur Luft zum Atmen.
"Ich komme gleich wieder", sagte ich ihm, doch er hielt mich beim Aufstehen am Arm fest. Allein diese Berührung, die vor dem Kuss so normal erschien, war in dem Augenblick einfach nur überfordernd.
"Soll ich mitkommen?", fragte er und ich schüttelte nur verneinend den Kopf.
Mit seinen grünen Augen, die in der Dunkelheit trotzdem noch leuchteten, schaute er mich kurz besorgt an, ließ mich dann aber los und ich lief den engen Gang entlang, die wenigen Stufen hoch und atmete erst wieder durch, als ich in dem erhellten Flur ankam, wo außer mir sich zum Glück niemand aufzuhalten schien.
Der Geruch von Popcorn wehte angenehm durch den Gang, während der rote Teppich einen schönen Kontrast zu den hellen, gelben Wänden gab. Ich war schon von kleinauf immer wieder in diesem Kino, aber nie hatte ich meine Umgebung so wahrgenommen wie an diesem Tag.
Ich lehnte mich mit dem Rücken an die Wand hinter mir und schaute ein Poster mir gegenüber an, auf dem ein kleines, lilanes Monster abbgebildet war. Ein wenig erinnerte es mich an meine Mutter und trotz des Hasses auf sie, musste ich über diese Übereinstimmung lächeln, denn trotz allem liebte ich die ja trotzdem und hatte auch schöne Erinnerungen an dieses Kino mit ihr.
"Hey", hörte ich plötzlich jemanden neben mir und sofort hörte ich wieder kurz auf zu Atmen. Es waren die kalten, braunen Augen, die mich neugierig musterten und dazu fiel mir auch sein leichtes Grinsen in seinem Gesicht auf, was kleine Grübchen auf seinen Wangen entstehen ließ.
Ich wandt meinen Blick wieder zu dem Poster und atmete dabei tief durch, um dann an ihm vorbei wieder in den Saal zu laufen, doch er stellte sich mir belustigt in den Weg. Wieder einmal stand er mir viel zu nah. Wieder einmal spürte ich die Wärme seines Körpers und roch dabei diese Mischung aus Parfüm und Popcorn.
"Was soll das?", fragte ich ihn dann genervt von seiner Anziehung und verschränkte dabei meine Arme. Eine Geste, die ihm zeigen sollte, das ich keinen Bock auf eine Unterhaltung mit ihm hatte.
"Ich wollte nur fragen, ob alles okay bei dir ist", meinte er dann und verschränkte ebenfalls seine Arme. Ich wusste überhaupt nicht mit seiner aufdringlichen Art umzugehen, also verdrehte ich nur die Augen und stellte mich wieder mit dem Rücken an die Wand neben ihm.
"Wieso stehst du hier draußen während Micah sich alleine den Film ansieht?", fragte er dann und stellte sich genau vor mich. Der dunkelblaue Pullover lag perfekt auf seiner Brust und auch seine schwarzen Haare sahen verwuschelt einfach nur verdammt gut aus. Innerlich ohrfeigte ich mich für diese Gedanken, denn schließlich hatte er auch nur dabei zugesehen, wie die anderen beiden Cody herumschubsten, also konnte er wohl kaum ein guter Kerl sein.
Ich blendete die Gedanken um sein gutes Aussehen aus und wandt meinen Blick auch gleichzeitig von ihm ab. Ohne seine Frage zu beantworten lief ich zu der Tür, die zum Saal führte, öffnete sie aber nicht und lief nochmal zurück zu ihm.
"Wieso hast du mir deine Nummer gegeben, obwohl du eine Freundin hast?", stellte ich dann eine Gegenfrage, denn es kam mir immernoch absurd vor und außerdem wollte ich die Antwort darauf wissen, seid ich das Profilbild mit dem Mädchen gesehen hatte.
"Du hast meine Nummer also gespeichert", lächelte er siegessicher und lehnte sich mit der Schulter an die Wand neben sich, um mich erneut zu mustern.
"Nur aus Neugierde", gab ich ihm zurück und spürte dann plötzlich seine Hand an meinem Kinn, was mir einen Schauer über den Rücken jagte.
Er schaute mir so intensiv und tief in meine Augen, dass ich für einen Moment das Gefühl hatte, die Zeit wäre stehengeblieben, doch dann löste er seinen Griff auch schnell wieder und schüttelte nur belustigt den Kopf.
"Sie ist nur eine Freundin", meinte er noch und lief dann an mir vorbei zurück in den Saal, während ich wie angewurzelt da stand und versuchte sein Verhalten zu verstehen. Er war ein Idiot, klar, aber irgendwie fand ich ihn auch auf eine Weise total anziehend und interessant.
Eingebildet und Arrogant gleich doppelt interessant... das sagte Juline über solche Typen immer und ich musste ihr zum ersten Mal Recht geben bei dieser Aussage. Ehe ich es ihm gleich machen konnte, kam Micah aus dem Saal und schaute mir besorgt entgegen.
"Ich wollte gerade wieder reinkommen", erklärte ich und trotzdem sah er immernoch bedrückt aus. Auch ihn belastete anscheinend, dass etwas zwischen uns stand und egal was wir tun würden, es würde nicht mehr wie vorher werden, dass sah ich an seinem Blick. Es war ja auch sicher seltsam für ihn, dass ich einfach aus dem Film flüchtete und alleine hier draußen stand. Er wusste das mir das alles unangenehm war.
"Ich bring dich nach Hause. Der Film ist sowieso nicht gut", meinte er dann und ich lief mit ihm zusammen raus in die Dunkelheit. Der Duft des Popcorns haftete auch hier unter dem Nachthimmel noch an meinem Tshirt und ich hatte in dem Moment schon gar keine Lust, meiner Mutter gleich erklären zu müssen, wo und mit wem ich unterwegs war.
Wir liefen zusammen die dunklen Straßen entlang, schwiegen und irgendwie war alles unangenehm und überfordernd. Ohne Juline zwischen uns gab es keinen Puffer, der ablenken könnte von diesem verbissenen Verhalten.
"Wie geht's Leyla", fragte ich dann in die Stille um überhaupt irgendwas zu sagen, was offensichtlich ein Fehler war.
"Keine Ahnung. Wir haben Schluss gemacht", gab er mir als Antwort und schaute flüchtig zu mir herüber. Na super. Jetzt war er also wieder Single was alles nochmal komplizierter machte.
So langsam war ich sogar schon froh, gleich bei meiner Mutter zu sein. Lieber diskutierte ich mit ihr als weiterhin diese Stille zu ertragen, die zwischen uns stand wie eine unüberwindbare Mauer.
"Also, wir sehen uns", sagte er dann als wir vor meinem Haus ankamen und ich wusste in dem Augenblick nichtmal, wie ich mich verabschieden sollte. Um wieder Normalität in unsere Freundschaft zu bringen nahm ich ihn einfach für eine kurze Sekunde in meine Arme und löste mich dann von ihm. Er lächelte und drehte sich zur Straße, um dann in der Dunkelheit zu verschwinden. Endlich bekam ich wieder Sauerstoff in meine Lungen und bereitete mich innerlich schon auf weitere Streitereien mit meiner Mutter vor.
Schlimmer konnte dieser Abend ja nicht mehr werden, oder doch?
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1400 Wörter
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My new stepbrother - Konsequenzen
Ficção Adolescente- Abgeschlossen - Badboy | Drama Mias Leben gerät von jetzt auf gleich vollkommen außer Kontrolle. Erst erwischt sie ihre Mutter mit einem anderen Mann und als wäre das nicht schon genug, ist sein Sohn auch noch der Typ mit den kalten, braunen Aug...