~•°Geständnisse°•~

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Kiyan blieb einfach stehen, zündete sich eine Zigarette an und schaute hoch in den Nachthimmel. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, also lief ich einfach auf die Schaukel zu, setzte mich hin und wippte langsam vor und zurück, während ich immer wieder flüchtig zu ihm herüberschaute.

Er tippte mittlerweile auf seinem Handy herum, doch auch er schaute immer wieder kurz zu mir und langsam fragte ich mich, wieso er mich hier hergebracht hatte. Dachte er etwa ich wäre noch ein kleines Kind und so ein Spielplatz würde mich glücklich machen? Das ich dann das Drama zu Hause vergessen würde? Das würde wohl kaum passieren und dann fielen meine Gedanken auch schon wieder zu meiner Mutter, wodurch ich wieder diese Enge in meiner Brust spürte. Hastig sprang ich von der Schaukel runter, um wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und schnappte nach Luft.

"Du musst dich entspannen", hörte ich Kiyan plötzlich nah neben mir und zögerlich suchte ich seinen Blick. Wie immer schaute er mich mit dieser Kälte an und ich hatte keine Ahnung, was er wohl dachte oder empfand.

"Wie soll ich bei dem Allem entspannen?", fragte ich ihn und fuhr dann fort. "Dein Vater-"

"Er ist nicht mein Vater", unterbrach er mich unerwartet und bekam dabei einen verachtenden Gesichtsausdruck. Ich war an dem Punkt angekommen, wo ich gar nichts mehr verstand. Er bemerkte mein fragendes Gesicht, wich meinem Blick aus und lief dann durch den Sand zu einer Bank, auf der er sich niederließ. Ich atmete ein paar Mal tief durch und begierig auf Antworten lief ich dann auf ihn zu, um mich vor ihm hinzustellen.

"Meine Eltern sind gestorben, da war ich keine 10 Jahre alt. Thomas hatte ihnen vorher schon angeboten für mich zu sorgen, falls ihnen etwas passieren würde, natürlich für Geld", erklärte er und fuhr sich dabei durch die schwarzen Haare. "Und meine Eltern hatten viel Geld."

"Woran sind sie gestorben?", fragte ich in die Stille und hoffte dabei, ihm nicht zu Nahe zu treten. Er schaute mich mit so einem gequälten Ausdruck an, dass ich ihn am liebsten sofort in die Arme genommen hätte. Dieser Schmerz in seinen Augen tat selbst mir weh. Warum wusste ich nicht, aber ich würde die Kälte, die er sonst ausstrahlte, diesem Ausdruck hier immer bevorzugen.

"Ein Autounfall", hauchte er leise und ließ dann sein Gesicht in seine Hände fallen. Ein unangenehmer Schauer zog über meinen Rücken, während mein Magen sich gefühlte tausend mal umdrehte. Da machte ich so ein Theater wegen meiner Mutter, dabei hatten andere so viel Schlimmeres erlebt.

Er sagte nichts mehr und es entstand eine Stille, die aber in keinster Weise unangenehm wirkte. Ich ließ mich neben ihm nieder, achtete aber darauf genug Abstand zwischen uns zu lassen, bis ich erschocken die Luft anhielt, als er meine Hand in seine nahm und zu mir rübersah.

"Ich hab das noch nie jemanden erzählt. Alle denken das Thomas wirklich mein Vater ist", meinte er und schaute mir dann tief in die Augen. Ich fühlte mich mal wieder überfordert, wie immer bei solchen Situationen und am liebsten wäre ich geflüchtet, doch ich wollte für ihn da sein.

"Ich werde niemanden davon erzählen", versicherte ich ihm und schaute dann auf unsere Hände. Mir fiel sofort das Tattoo auf seiner Hand auf, was einen kleinen Stern zeigte. Vorsichtig strich ich mit dem Finger darüber, doch er zog so schnell seine Hand aus meiner, dass ich kurz zusammenzuckte.

Er zog den Ärmel seiner Jacke so weit vor, dass ich das Tattoo nicht mehr sehen konnte und mir wurde sofort klar, dass er mir darüber nichts erzählen wollte, also fragte ich auch nicht weiter nach.

"Sind du und Cody...", wandt er sich dann zu mir und lehnte sich dabei auf der Bank zurück, während ich meine Stirn runzelte und mir erst langsam bewusst wurde, was er da fragen wollte.

"Oh Gott nein. Ich kenne ihn erst wenige Tage."

"Und dann haltet ihr schon Händchen?", grinste er überlegen und ich spürte das meine Wangen bei solch einer Frage rot wurden.

"Das war eher ein freundschaftliches füreinander da sein. Immerhin hörte ich dich und deinen Va.... Thomas streiten."

Er nickte und wandt seinen Blick dann wieder nach vorne, um sich erneut eine Zigarette anzumachen.

"Wie viel rauchst du eigentlich?", fragte ich ihn besorgt, woraufhin er aber nur lächelte.

"Ich rauche eigentlich gar nicht. Nur bei Stress und heute war nicht mein Tag", erklärte er und schaute dann wieder zu mir. "Du weißt das das mit Cody als Freund nicht funktionieren wird oder? Mädchen und Jungs können keine Freunde sein."

Seine braunen Augen musterten mich ganz genau und irgendwie musste ich unbewusst an Micah denken, mit dem ich so viele Jahre befreundet war, bis es dann zum Kuss kam. Irgendwie musste ich ihm recht geben, aber das wollte ich nicht, also stand ich auf und ging in den Verteidigungsmodus.

"Natürlich geht das. Ich bin auch schon Jahre mit Micah befreundet."

Er lachte plötzlich und stand ebenfalls auf, um sich so nah vor mich zu stellen, das mein Herz auf einmal begann zu rasen. Da er größer als ich war, musste ich meinen Kopf heben, um ihm in die Augen schauen zu können und fragend musterte ich sein Gesicht. Wieso lachte er?

"Micah erzählt doch jedem wie toll er dich findet. Ein Blinder merkt das er verliebt in dich ist und du willst mir erzählen, du weißt das nicht?"

Ich stand wie erstarrt da und wich seinem Blick aus. Klar war immer dieses Gefühl da, allein schon weil Juline es immer wieder ansprach, aber ich wollte es nicht akzeptieren und hoffte immernoch, dass wir einfach wieder Freunde werden würden.

"Es gab einen Kuss", gestand ich dann. "Und jetzt in die Freundschaft irgenwie anders."

"Wer könnte es ihm verübeln", flüsterte er leise und ich sah ihm wieder genau in die Augen, nach diesen Worten. Wieder mal war ich gefangen in dem kalten braun und meine Gedanken schienen sich komplett aufzulösen. Ein Moment entstand, der nicht mehr zuließ, das ich mich bewegen oder klar denken konnte.

Da war nur er ... und ich.

Geheimnisse und der klare Nachthimmel über uns. Ich fing an, dieses Kribbeln in meinem Magen zu genießen und stellte mir schon seine Lippen auf meinen vor, doch ehe auch nur irgendwas passieren konnte, wandt er seinen Blick von mir ab und lief an mir vorbei.

"Lass uns fahren."

Und dann war da wieder die Leere und die Gedanken an zu Hause, die mich völlig einnahmen.

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1060 Wörter

My new stepbrother - Konsequenzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt