~•°Paradies und Hölle°•~

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Bevor ich überhaupt die Augen öffnete, hatte ich schon ein zufriedenes Grinsen im Gesicht, das aber leider wieder verschwand, als ich bemerkte, dass ich alleine in meinem Bett lag.

Ich drehte mich auf meinen Rücken und schaute hoch an die Decke, wo ich einzelne Strahlen der Sonne ausmachen konnte, sie sich durch meine dunklen Vorhänge schlichen.

Ehe ich mir dann darüber Gedanken machen konnte, wo er wohl war, öffnete sich meine Tür und ein lächelnder Kiyan kam samt Schüssel in der Hand an mein Bett.

"Ich wollte dich nicht wecken", hielt er mir die Schüssel entgegen, doch ich schaute besorgt an ihm vorbei zu meiner Tür.

"Wo ist meine Mutter?"

"Die sind vorhin zusammen weg gefahren. Keine Ahnung wohin", antwortete er und durch die Gewissheit, mit ihm alleine zu sein, setzte ich mich auf und spürte sofort seinen musternden Blick auf mir. Er machte mich trotz der letzten Nacht mit seinen Blicken immernoch total nervös und so langsam fand auch die Röte wieder den Weg auf meine Wangen.

"Warum so nervös?", fragte er belustigt und strich mir dabei meine Haare hinters Ohr. Am liebsten hätte ich mich in dem Moment in Luft aufgelöst, denn die Erinnerung an seine Hand auf meinen Mund, mein Stöhnen und seine Berührungen kam mir wieder in den Sinn und ließ mich nur noch peinlich berührt in die Schüssel Müsli auf meinem Schoß starren.

"Ich bin nicht nervös", flüsterte ich dann und er nahm sofort mein Kinn in seine Hand und schaute mir intensiv in die Augen.

"Was hast du dann? Du wirkst so aufgelöst ... Hab ich was falsch gemacht?", wollte er wissen und sofort nahm ich seine Hand von meinem Kinn und verschränkte sie in meiner.

"Nein, natürlich nicht. Es war wirklich.."

Mir fehlten die Worte.

"Geil?", grinste er triumphierend und ich funkelte ihn sofort böse an.

"Schön trifft es eher", erklärte ich dann und musste wegen seinen Grübchen dann doch wieder Lächeln. "Es ist nur so, dass das meine erste Erfahrung bei sowas war."

Seine Grübchen und sein Grinsen verschwanden genauso schnell wie sie kamen  und er starrte mich nur noch ungläubig an.

"Ist das dein Ernst?", ließ er meine Hand plötzlich los und stand abrupt auf. Was war denn jetzt mit ihm los?

"Hätte ich das gewusst, hätte ich das sicher nicht getan", meinte er dann noch und ich stellte vorsichtshalber die Schüssel auf den Nachttisch, sonst würde ich sie ihm noch an den Kopf schmeißen.

"Wieso nicht? Muss ich erst tausend Typen flachgelegt haben, damit ich als Frau angesehen werde?", wurde ich dann lauter und stand ebenfalls auf, um mich wütend vor ihn zu stellen. War ich aufgrund meiner fehlenden Erfahrung etwa nicht begehrenswert?

"So meinte ich das nicht", kam er näher und zog mich in eine innige Umarmung. "Nur hätte ich dir mehr Zeit gelassen und wäre nicht so über dich hergefallen", flüsterte er mir ins Ohr und als ich mich dann an seine Brust schmiegte und beruhigt seinem Herz zuhörte, hörte ich auch gleichzeitig die Haustür ins Schloss fallen.

Sofort lösten wir uns voneinander und ich setze mich hastig auf mein Bett, um die Schüssel zu nehmen und so zu tun, als würde ich schon die ganze Zeit essen.

"Na ihr", kam meine Mutter ins Zimmer und öffnete sofort mein Fenster, um mich und Kiyan dann längere Zeit nur neugierig anzustarren.

Ich löste meinen Blick von ihr und nahm ganz unauffällig einen Löffel des Müslis, wodurch sich mein ganzer Mund ekelhaft zusammenzog. Ich spuckte die Milch sofort wieder aus und mir war überhaupt nicht bewusst, was Kiyan mir ins Essen getan hatte, bis ich ihn ansah und er nur dämlich grinste.

"Gibt Leute die mögen Salz bei etwas Süßem", lachte er plötzlich und auch ich musste darüber so herzlich lachen, das ich für einen kurzen Moment sogar meine Mutter vergaß, die uns nur kopfschüttelnd ansah.

"Ihr könntet ruhig mal etwas im Haushalt helfen, anstatt hier nur Unsinn zu verbreiten!", zischte sie genervt und verschwand dann wieder in den Flur, natürlich ließ sie meine Tür dabei offen, was ich ihr nichtmal übel nahm.

"Danke für das leckere Frühstück", schaute ich Kiyan liebevoll an und auch er warf mir ein wunderschönes Lächeln zu.

"Immer wieder gerne Kleines."

Ein letzter Blick und er verließ dann ebenfalls mein Zimmer, um mich und mein Dauergrinsen alleine zurückzulassen. Wie konnte er mich nur so um seine Finger wickeln? Mal war er so weit entfernt, dann wieder so nah, dann witzig und dann wieder kühl und distanziert ... vielleicht war aber genau diese Achterbahnfahrt das, was mich so ihm anzog.

Ich schnappte mir mein Handy und stellte mit Erstaunen fest, das sowohl Juline, als auch Micah mir sicher hunderte Nachrichten geschickt hatten und schnell überkam mich ein schlechtes Gewissen, die beiden so lange vergessen zu haben.

Hastig sprang ich auf und nahm mir eine alte verwaschene Jeans und ein zur warmen Sonne passendes weißes Top und schloss meine Tür, um mich in Ruhe umzuziehen.

Ein schneller Besuch im Bad, ein gründliches Zähneputzen und ein ordentliches Kämmen durch meine welligen, braunen Haare  und schon wollte ich mich auf den Weg zu Micah machen, bei der auch Juline war, wurde aber an der Haustür von meiner Mutter aufgehalten.

"Wir wäre es, wenn du dich erstmal setzt und mir erklärst, was gestern mit dir los war?"

Sie zog eine Augenbraue hoch, verschränkte die Arme und schaute mir eindringlich entgegen.

"Es war nichts", versuchte ich sie zu beruhigen und wollte die Klinke schon runterdrücken, doch da kam sie mit schnellen Schritten auf mich zu.

"Das sah aber nicht nach nichts aus. War etwas mit Micah? Ich hab seinen Zungenpiercing gesehen. Dieser Nichtsnutz ist kein guter Umgang für dich."

Wütend starrte ich ihr entgegen und sah dann hinter ihr Kiyan, der mit einem hellen Tshirt und einer dunklen Jeans auf der Kücheninsel lehnte und uns beide bei unserer Diskussion beobachtete.

"Es lag nicht an Micah", presste ich wütend hervor. Wie konnte sie nach Allem, was sie getan hatte, so von meinem besten Freund sprechen. Es machte mich unfassbar sauer.

"Mia", meinte sie und legte dabei ihre Hände auf meine Schultern. "Ich sorge mich doch nur um dich. Wo willst du überhaupt hin?"

"Zu Micah", gab ich ihr nur kurz und knapp zurück und wandt mich von ihr ab um die Haustür zu öffnen. Bevor ich vor dieser Irren die Flucht ergriff, traf mein Blick nochmal auf Kiyans, der mich plötzlich fassungslos anstartte.

Was war eigentlich denen ihr verdammtes Problem?

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1050 Wörter

My new stepbrother - Konsequenzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt