Sie standen im Kreis vor dem Tisch und sprachen so durcheinander, dass ich kein Wort mitbekam. Jeder unterbrach jeden und es herrschte pures Chaos. Am liebsten hätte ich ihnen einen Stressball gegeben und nur der, der in in den Händen hielt, durfte reden. Vermutlich würden sie sich ihn dann aber gegenseitig wegreißen, so aggressiv wie die Stimmung hier war.
"Ich muss zur Arbeit! Aber das wird Konsequenzen haben!", schrie meine Mutter hysterisch und verschwand stampfend ins Bad, um die Tür hinter sich zu knallen.
Ich schaute zu Kiyan, der auch in dem Augenblick zu mir herüber schaute, um dann auf mich zuzukommen und sich seine Jacke dabei auszuziehen. Was hatte der vor? Thomas stand doch noch da!
Mein Herz raste als er genau vor mir stehenblieb und meine Augen dann in Höhe seines Gürtels waren. Ich schluckte fest, spürte meine Wangen glühen und schaute zu ihm rauf in seine mich fixierenden braunen Augen. Einige Strähnen seiner schwatzen Haare fielen ihm leicht ins Gesicht und ich fühlte mich wieder wie erstarrt.
"Hälst du bitte kurz", meinte er plötzlich und reichte mir dann seine Lederjacke. "Ich mache uns erstmal Kaffee."
Kaffee? Ernsthaft?
Ich drehte mich mit der Jacke auf meinem Schoß zum Fenster und sah der Sonne entgegen. Keine Sekunde hatte ich geschlafen und er wollte mir nun auch noch Koffein einflösen. Ich dachte ich sterbe an einer Blutvergiftung, oder im Wald weil Zayn mich zerquetschen würde, aber jetzt war ich mir sicher an Erschöpfung dahin zu vegetieren.
"Also", riss Thomas mich aus meinen Gedanken und ließ sich mir gegenüber auf dem Stuhl nieder, um seine Arme auf dem Tisch zu verschränken und mich nachdenklich zu mustern. In seinem rot-schwarzen Holzfällerhemd hob er dann die Hand und zeigte auf eine Stelle an seinem Hals. Ich wusste nicht, was er von mir wollte, also zog ich fragend eine Augenbraue hoch, woraufhin er sich ein Stück zu mir vorlehnte.
"Du solltest deinen Pullover hochziehen", flüsterte er grinsend und sofort kam mir der Knutschfleck in den Sinn. Ich riss beschämt die Augen auf und richtete Micahs schwarzen Pullover, um dann darüber nachzudenken, wieso er plötzlich so nett war.
Ich hatte nicht vergessen, wie er Kiyan am Kragen gepackt hatte, und auch nicht, wie er mir vor meiner Mutter drohte. Dazu hatte Kiyan mir auf dem Spielplatz erzählt, das Thomas kein guter Mensch wäre, zumindest zu ihm nicht. Wieso also war er auf einmal so hilfsbereit? Das passte nicht zu seinem restlichen Auftreten.
Langsam glaubte ich wirklich alle um mich herum wären verrückt.
Ich ignorierte ihn wieder und schaute runter auf die Lederjacke von Kiyan, die ich fest in den Händen hielt und deren Geruch dann leider von dem Kaffee überdeckt wurde, den der Schwarzhaarige mir vor die Nase stellte.
"Du gehst lieber in dein Zimmer", wies Thomas ihn an und schaute dann zu mir. "Ich rede mit deiner Mutter, aber nur diese eine Mal. Halte dich in Zukunft bitte an die Regeln in diesem Haus."
Er stand auf und verschwand mit Kiyan im Flur. Danach hörte ich mehrere Türen auf und zugehen, wusste aber nicht wer wohin gegangen war.
In völliger Ruhe saß ich dann alleine da und trank den heißen Kaffee, bereit dazu auf meine Mutter zu warten und mit ihr zu reden. Ich hatte die keine Hoffnung, dass sie sich beruhigen würde, sobald ich mich entschuldigte und ich wollte auch nicht das Gefühl haben, Thomas etwas zu schulden, also wollte ich es selbst in die Hand nehmen.
Kaum war der Kaffee leer, meine Zunge verbrannt und mein Herz wild am schlagen, kam sie dann mit einem eleganten grauen Hosenanzug in die offene Küche zurück und richtete ihre welligen roten Haare.
"Mama", sprach ich sie an und wartete dann nervös auf ihre Reaktion.
"Mia", sagte sie kühl und nahm ihre Handtasche von der Kücheninsel, um mich dann von oben herab zu mustern.
"Es tut mir leid, dass ich nicht ans Telefon bin. Ich hatte Streit mit Juline und Micah."
Ich spielte nervös mit der Lederjacke in meiner Hand und schaute ihr dann entgegen. Sie schaute mich nachdenklich an und kam dann einige Schritte in ihren hohen Schuhen auf mich zu.
"Du denkst, ich möchte dir etwas böses. Ich kann das verstehen, nachdem was mit deinem Vater und mir war, aber Mia, ich möchte dich nur beschützen!"
Sie klang ehrlich und irgendwie konnte ich verstehen, dass sie so wütend war. Natürlich war ich immernoch von ihr enttäuscht, was Papa anging und auch das sie mich vor Thomas nicht verteidigt hatte, aber an diesem Morgen hatte sie jedes Recht sich über mich aufzuregen.
"Eine Woche Hausarrest... und du hilfst mir täglich beim Abendessen. Kein Besuch! Keine heimlichen Ausflüge. Dazu könntest du mir im Haushalt helfen."
Sie sah mich streng an und ich nickte nur zustimmend. Ich hatte schon Angst gehabt, sie würde mit Therapie oder sonst was kommen, aber mit Hausarrest kam ich klar, immerhin wollten meine Freunde mich sicher nie wieder sehen, oder eher gesagt, wollte ich sie nie wieder sehen.
"Und das mit Kiyan, das hört auf", fuhr sie dann noch fort und sofort schaute ich ihr wieder ins Gesicht. "Ich bin nicht von gestern, Mia. Die Art und Weise wie er dich ansieht ist schon beängstigend und seit er hier wohnt, bist du immer öfter in Schwierigkeiten. Pass einfach auf dich auf. Ich möchte Kiyan ungerne auf die Straße setzen müssen!"
Ohne mich zu Wort kommen zu lassen, verließ sie das Haus und wieder kam die absolute Stille über mich.
Ihn auf die Straße setzen? Das konnte sie doch nicht einfach tun, immerhin war er ... wie alt war er überhaupt? Erschrocken darüber, dass ich nichtmal das von ihm wusste, wollte ich einfach nur schlafen gehen und für kurze Zeit alles vergessen, doch dann spürte ich plötzlich ein angenehmes vibrieren in meinem Schritt. Vollkommen irritiert hob ich die Jacke an und kaum steckte ich meine Hand in die die rechte Tasche, hatte ich Kiyans Handy in der Hand.
Und darauf blinkten mehrere Nachrichten von Chloe...
Sollte ich? Nein! Dafür war ich gar nicht der Typ Mensch ... aber nur mal den Balken kurz runterziehen und schnell lesen?
Kiyan meinte, er hätte nie gelernt zu vertrauen... wenn er das mitbekommen würde, dann ....
Oh man!!!
Mit dem Handy in der Hand saß ich da und wurde hin und hergerissen....
Was sollte ich tun?!?!?!
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1049 Wörter
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My new stepbrother - Konsequenzen
Teen Fiction- Abgeschlossen - Badboy | Drama Mias Leben gerät von jetzt auf gleich vollkommen außer Kontrolle. Erst erwischt sie ihre Mutter mit einem anderen Mann und als wäre das nicht schon genug, ist sein Sohn auch noch der Typ mit den kalten, braunen Aug...