~•°Verdrängen°•~

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"Was ist denn mit dir los?", kam Zayn in mein Zimmer und setzte sich auf mein Bett, um mich fragend zu mustern.

"Kiyan meinte, er würde zu dir gehen, aber Adam meinte, er war nie bei euch."

"Und du meinst also, er müsste dir jederzeit sagen, wo er sich aufhält?"

Ich funkelte ihn wütend an und verdrehte genervt die Augen.
"Natürlich nicht, aber dann soll er mich halt nicht anlügen und zugeben, dass er bei Chloe ist."

Zayn nickte nur und stand dann auf, um sich das Bild von mir und Juline auf meinem Nachttisch anzuschauen. Ich wollte es eigentlich schon längst entsorgen...

"Chloe und er-"
"Haben irgendeine Verbindung! Ich weiß", unterbrach ich ihn frustriert und setzte erneut die Flasche an.

"Ja, aber das ist wirklich kompliziert. Ich kenne Kiyan so lange, er mag dich wirklich und ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass er nichts mit ihr hat. Vertrau ihm einfach."

Zayn hatte gut reden. Er wurde immerhin nicht belogen. Voller Mitleid sah der große Braunhaarige mich an und lehnte sich dabei gelassen an meine Tür.
"Es gibt etwas, wofür er sich hasst und wenn er bereit ist, dir davon zu erzählen, wirst du alles verstehen. Glaub mir. Und Chloe ist einfach eine reine Naturkatastrophe die ihn nur ausnutzt. Glaub es, oder bade weiter in Selbstmitleid."

Er schaute mich eindringlich an und reichte mir dann seine Hand, die ich genervt annahm und aufstand. Ich war wirklich nicht in Stimmung für Party oder überhaupt Menschen, aber hier Trübsal blasen würde mich auch nicht weiter bringen.

"Geht doch. Einfach lächeln und unter die Leute mischen", grinste Zayn und lief dann mir voraus in den Flur.

Welche Leute?

Ich folgte ihm mit meiner mittlerweile leeren Flasche und spürte schon leicht den Alkohol in meinem Kopf. Mir war warm und ich hatte das Gefühl, leicht zu schwanken, weswegen ich mich im Wohnzimmer direkt auf den Sessel rechts setzte, um quer gegenüber Mandy und Adam beim quatschen zu beobachten. 

Als sie mich bemerkten schauten mich beide kurz an, versanken dann aber wieder in irgendeinem Thema, was mir ziemlich egal war.

"Zayn? Ich auch bitte", rief ich dem Braunhaarigen zu, der gerade auf der anderen Seite des Raumes am Kühlschrank stand und eine Flasche herausnahm.

"Wasser wäre vielleicht-"
"Bist du jetzt mein Babysitter?!", verdrehte ich die Augen und musste dann doch lächeln, einfach weil er mich irgendwie ansah, als wäre er stolz auf mein Selbstbewusstsein.

"Einer muss hier ja den Überblick behalten", kam er grinsend mit zwei Flaschen zu uns herüber, reichte  mir zwinkernd eine und ließ sich gerade neben Mandy nieder, da klingelte es.

Ohne mich dafür verantwortlich zu fühlen,  die Tür zu öffnen, starrten mich die drei plötzlich alle an.
"Willst du nicht aufmachen?", fragte dann Zayn und ich runzelte verwirrt die Stirn.

"Wieso sollte ich?"

"Weil es deine Party ist?", gab er mir lachend zurück und nur, weil ihr anstarren langsam penetrant wurde, stand ich auf und lief zur Tür.

"Wuuuuuuuhuuuuu", rief ein großer Typ mit Baseballcap und lief einfach an mir vorbei ins Haus. Ihm folgten mehrere leicht bekleidete Mädels und der letzte Mann, der eintrat, hatte ein Bierfass in der Hand und sah mit dem Schneuzer so aus, als wäre er der Vater von irgendjemanden.

Meine Party? Ich kannte nichtmal irgendjemanden.

Als ich dann mit großen Augen die Tür wieder schließen wollte, kam schon die nächste Gruppe Weiber, die allesamt schwankten und so aussahen, als hätten sie schon den ganzen Tag vorgesoffen.

"Zayn?!", rief ich schockiert und stellte mich mit verschränkten Armen neben die Tür.

Er drehte sich zu mir und zeigte mir einen Daumen hoch, um sich dann wieder Mandy zu widmen. Typisch Mann!

Die zwei Männer machten sich über meinen Radiowecker lustig, die Weiber tanzten schonmal ohne Musik und eine von ihnen schaltete dann das große Licht aus, sodass nur noch das schwache Licht aus dem Flur das Wohnzimmer soweit erhellte, dass man alles gerade noch so erkenenn konnte.

"Ist das dein Haus?", fragte mich der alte mit dem Schneuzer und kam so nah vor mich, das ich mich leicht unwohl fühlte von seinem herben Geruch.

"Ja, wieso?", gab ich unsicher von mir und er zeigte auf den Kühlschrank.

"Kann ich da Platz machen? Also für unsere Getränke?"

Ich nickte und dachte mir nichts dabei. Erst, als ich ihn dann dabei beobachtete, wie er einfach mein Essen in einen Müllbeutel beförderte, um seinen scheiß Alkohol reinzustellen, stand ich kurz vor einem Wutausbruch! Keiner!!! Wirklich keiner, hatte das Recht,  meine Salami wegzuwerfen!

Ich wollte gerade die Tür hinter mir zu knallen und in die offene Küche laufen, da spürte ich eine Hand an meiner und musste sofort lächeln. Er war endlich da ...

"Hey", sagte ich zuckersüß und drehte mich um, um sofort in Micahs belustigtes Gesicht  zu schauen, was mich die Luft anhalten ließ. Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet.

"Da freut sich aber jemand mich zu sehen", zwinkerte er und nahm mich kurz fest in die Arme, um dann seinen Blick über das große Zimmer schweifen zu lassen.

Rechts am Glastisch hatten die Mädels angefangen Bierpong zu spielen und links auf der Couch saßen immernoch die drei von eben. Der Rest tummelte sich genau vor uns in der Mitte, die irgendwie zu einer Tanzfläche mutiert ist.

"Wo ist Kiyan?", fragte Micah dann und musste seine Stimme dabei ein wenig erheben, weil mein guter alter Radiowecker doch mehr  auf dem Kasten hatte, als ich erwartet hatte. Er schaute zu mir herüber, woraufhin ich nur unwissend die Schultern hob. Allein diese Frage raubte mir grade wieder den letzten Nerv ... und dann noch das Wegschmeißen meiner Salami!

"Komm", meinte ich zu Micah und zog ihn hinter mir her zur Kücheninsel, um ihm und mir zwei Becher zu befüllen. Ich hatte immernoch den Jägermeister von Zayn und mischte ihn dann mit Cola.

Die Musik war laut genug zum Tanzen und zum Glück lief ihm Radio auch einigermaßen gutes Zeug,  sodass ich leicht hin und herwippte und Micah dann einen der Becher reichte.

"Geht's dir gut?", fragte Micah mich dann besorgt, während ich mit ihm anstoß und ich nickte nur, woraufhin er mich am Arm packte und hinter sich her den Flur entlang zu meinem Zimmer zog, um hinter uns die Tür zu schließen.

"Was soll das?", zickte ich ihn an und vor lauter Schwindel, ließ ich mich langsam auf meinem Schreibtischstuhl nieder.

"Irgendwas stimmt mit dir nicht. Du bist absolut seltsam", meinte er und roch vorsichtig an seinem Becher. "Seit wann trinkst du so hartes Zeug?"

Ich lachte kurz auf und nahm einen Schluck, um den Becher dann auf meinem Schreibtisch abzustellen und die kleine Lampe einzuschalten.

"Ich trinke sonst Tequila und das pur, also ist das hier ja wohl nicht zu vergleichen", verteidigte ich mich und starrte zu ihm hoch.

"Mia, ich kenne dich.  Du trinkst so selten und wenn, dann aus guter Laune heraus und nicht, weil du irgendwas verdrängen willst", meinte er und ging vor mir in die Hocke,  um mir seine Hand sanft auf meine zu legen. "Du kannst mit mir reden."

"Woher willst du wissen, dass ich etwas verdrängen will?", fragte ich ihn wütend darüber, das er mich zu einem Gespräch zwang. Ich wollte wirklich verdrängen, nämlich den Gedanken daran, wieso Kiyan mich belog, aber wenn Micah so weitermachen würde, wäre ich in 5 Minuten wieder absolut nüchtern.

"Weil ich dich kenne", flüsterte er und ich entzog ihm meine Hand, um aufzustehen.

"Anscheinend nicht gut. Mir geht's wunderbar, ich will nur feiern, also vermies mir meine gute Laune nicht!"

Ich schnappte mir meinen Becher und schwankte an ihm vorbei in den Flur.

"Kommst du?", drehte ich mich nochmal um, woraufhin er mir schweigend folgte.

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1300 Wörter

My new stepbrother - Konsequenzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt