~•°Mistkerl°•~

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Innerlich durchdrehend lag ich wie erstarrt unter dem Bett. Meine Wut über die Beiden stieg mir dermaßen in den Kopf, das stumme Tränen der Hilflosigkeit über meine Wangen liefen, während tausend Fragen meinen Verstand in Schach hielten.

Was wollte der Typ von meiner Mutter, wenn der sie doch gar nicht liebte? Hatte er etwa auch unsere angeblich reiche Tante Magret auf dem Gewissen? Zutrauen würde ich es ihm...

"Wir sehen uns morgen und halt dich von Zayn und den anderen fern", hörte ich Thomas Stimme nach den ganzen widerlichen Geräuschen wieder und kurz darauf, standen die beiden auch über mir aus dem Bett auf.

"Noch vier Monate, dann sind wir hier weg",   kicherte Chloe und am liebsten hätte ich gerade den Hals umgedreht. Ich war zwar gegen das töten von Straftätern, sprach mich auch immer gegen die Todesstrafe aus, aber dieser Mistkerl... ihm würde ich beim Sterben zusehen.

Als ich nach einer Weile dann endlich die Haustür hörte, rollte ich mich unter dem Bett hervor und schaute vorsichtig in den Flur. Mein Herz raste, doch nicht nur vor Adrenanlin, sondern auch vor Wut, vor Trauer und von dem Schmerz, der tief in mir alles zerstörte.

Langsam tapste ich durch den Flur und im Wohnzimmer angekommen, legte ich meine Hand auf die Türklinke, doch dann erstarrte ich in meiner Bewegung.

"Wen haben wir denn da?", erklang Thomas Stimme hinter mir und als ich dann hastig die Türklinke mehrmals runterdrückte, musste ich unter Todesangst feststellen, das sie abgeschlossen war.

Ehe ich mich umdrehen konnte, spürte ich ihn schon nah an meinem Rücken stehen, wie er mich gegen die Tür presste.

"Lass mich in Ruhe!", zischte ich mit bebender Stimme, doch er drückte sich noch enger an mich, was mir schon leicht die Luft abschnürte.

"Hat es dir gefallen, uns zuzuhören?", hauchte er mir ins Ohr und packte dabei meine Taille, um sein Becken fest an mich zu pressen.

Unter seinen widerlichen Berührungen fing mein Magen sofort an zu rebellieren und vor lauter Abscheu, bekam ich Gänsehaut am ganzen Körper.

"Du sollst mich in Ruhe lassen", versuchte ich mich zu wehren, doch er drückte meine Hände mit seinen gegen die Tür und fing dabei an, meinen Nacken entlang zu küssen, was alles in mir zum erzittern brachte.
"Du Mistkerl!", schrie ich und versuchte ihm gegen sein Bein zu treten, doch er reagierte überhaupt nicht darauf und stöhnte leise gegen meine Haut, während er seinen Körper an mir rieb.

"Oh, du verbotene Frucht", zog er mich plötzlich an meinen Haaren Richtung Schlafzimmer, doch ich wehrte mich so kräftig mit Armen und Beinen, dass er kurz ins Straucheln geriet und ich die Chance hatte, abzuhauen. Die Mappe fiel mir aus den Händen, doch das war mir im Moment nicht wichtig.

Ich schnappte mir unser Telefon und rannte ins Badezimmer, um mich einzuschließen und Micahs Nummer zu wählen.

"Mach die verdammte Tür auf!", schrie Thomas und klopfte immer wieder gegen das Holz.

Ich ließ mich davon aber nicht beirren oder aufhalten.

"Hallo?"
"Micah", flüsterte ich. "Komm sofort zu mir nach Hause, bitte."

Ich legte schnell wieder auf, versteckte das Telefon hinter der Toilette und kauerte mich auf dem Boden zusammen, während Thomas unermüdlich gegen die Tür schlug.

"Du miese kleine Schlampe!", schrie er immer wieder. "Du kommst sowieso wieder in die Klapsmühle, sobald deine Mutter da ist!"

Von der Wahrheit in seinen Worten getroffen stand ich auf und wollte gerade nach etwas suchen, womit ich mich verteidigen könnte, doch dann klingelte es.

"Das ist sicher deine Mutter. Warte nur ab. Die Männer in den weißen Kitteln holen dich da schon raus", lachte er und dann hörte ich seine Schritte, die sich eilig entfernten.

Micah

"Mia?", sagte ich immer wieder, doch sie hatte schon aufgelegt.

Was war nur los mit ihr? Seit Tagen hatte sie ihr Handy aus und mir war klar, dass sie nach dem Tod ihres Vaters Zeit für sich brauchte, aber ich fand es trotzdem sehr enttäuschend, dass sie mich plötzlich so ausschloss aus ihrem Leben.

Ich zog mir eine dünne, dunkelblaue Sportjacke über und machte mich dann mit meinem Fahrrad auf den Weg zu ihr nach Hause. Überall sah ich lachende Pärchen durch die Sonne spazieren und innerlich zerriss es mich, denn ich hatte sie endgültig an Kiyan verloren, doch mir war nur wichtig, dass sie glücklich ist.

Schwer atmend legte ich mein Fahrrad dann in ihren Vorgarten und klingelte, doch es war nicht Mia, sondern Thomas, der mir nach kurzer Zeit die Tür öffnete. Er sah echt komisch aus. Die schwarzen Haare waren total durcheinander und in seinem Blick lag etwas absolut Böses. Dieser Typ machte einem allein durch sein Auftreten schon ein mulmiges Gefühl.

"Was willst du hier?", fragte er mich mit verachtendem Unterton.

"Ich wollte zu Mia", antwortete ich und er schüttelte sofort den Kopf.

"Sie ist nicht hier. Sie ist sicher bei Kiyan", meinte er und da fiel mein Blick hinter ihm auf den Boden. Eine blaue Mappe lag da und mehrere Blätter, was mir ziemlich merkwürdig vorkam. Wieso lag diese scheiß Mappe so da und wieso behauptete er, Mia wäre nicht da, obwohl sie mich eben noch angerufen hatte?

"Mia?!", rief ich an ihm vorbei ins Haus, doch er lachte nur dämlich und schloss die Tür ein Stück weiter.

"Hast du mich nicht verstanden? Sie ist nicht hier", wiederholte er sich, doch gerade, als ich mich dann umdrehen wollte, hörte ich ihre Stimme durchs Haus schallen.

Ich schaute Thomas an, der mich genauso schockiert ansah und wollte an ihm vorbei, doch er versuchte die Tür zuzumachen, was ich aber verhindern konnte, in dem ich mich mit meinem ganzen Gewicht dagegenschmiss und ihn damit zum Straucheln brachte.

"Mia?", rief ich wieder und wollte in ihr Zimmer laufen, blieb aber ruckartig stehen, da ich plötzlich etwas Hartes in meinem Rücken spürte.

"Wenn du sie doch nur losgelassen hättest", meinte Thomas und mir gefror das Blut in den Adern, bei der Vorstellung, eine Waffe auf mich gerichtet zu haben.

"Was soll das alles?", fragte ich ganz ruhig und drehte mich langsam mit erhobenen Händen um.

"Das geht dich einen scheiß an! Du hast dich entschieden, für die Schlampe zu sterben, also nimm es wie ein Mann!"

Er zielte auf meinen Oberkörper, kam noch einen Schritt auf mich zu ... und in dem Moment, wo er seinen Blick kurz auf die Waffe richtete, holte ich aus und gab ihm einen Schlag ins Gesicht, der dafür sorgte, das die Waffe wegflog und er zu Boden fiel.

"Mia?", drehte ich mich dann wieder zum Flur und wollte mit ihr sofort hier raus. Der Typ war ja völlig gestört und vor lauter Angst und Aufregung, klopfte mein Herz wie wahnsinnig.

"Micah", hörte ich sie dann und drehte mich zum Badezimmer, dass sie gerade aufschloss, doch ehe ich sie auch nur erblicken konnte, sprang dieses Arschloch mich an und riss mich mit ihm zu Boden.

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1080 Wörter

My new stepbrother - Konsequenzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt