~•°Familie°•~

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Ich war alleine zu Hause, was mir nur recht war und suchte sofort mein Zimmer auf, um mich dann mit hochgezogenem Pullover im Spiegel zu betrachten. Micah hatte Recht.  Es sah wirklich gut aus und ich fing an es an mir zu lieben.

"Mia?", hörte ich plötzlich eine Stimme aus dem Wohnzimmer und als ich erkannte, dass es mein Vater war, rückte ich sofort meinen Pullover zurecht und lief lächelnd den Flur entlang.

"Dad", strahlte ich ihn an und warf mich an seine Brust. Mit ihm hatte ich überhaupt nicht gerechnet und umso glücklicher war ich, über seinen spontanen Besuch.

"Wie geht's dir Kleines?", fragte er und löste sich lächelnd von mir, damit wir beide am Glastisch Platz nehmen konnten.

"Es ist schrecklich ohne dich hier", gab ich zu und schaute ihn gequält an. Natürlich wollte ich nicht das er sich Sorgen machte, aber ich wollte ehrlich sein.

"Ich finde es auch nicht schön von euch getrennt zu sein, aber ich bin an der Sache nicht ganz unschuldig. Deine Mutter hat mir erzählt, dass du eine schwere Zeit durchmachst und hat mich gebeten, mit dir zu reden."

Er nahm meine Hand auf dem Tisch und fuhr sich mit der anderen durch die blonden Haare.

"Was meinst du mit 》nicht ganz unschuldig《?", fragte ich ihn und runzelte dabei meine Stirn.

"Ich hab viele Geschäfte verloren, Schulden gemacht und deine Mutter damit in so eine Situation getrieben. Wir sind beide schuld für diese Lage und es tut mir so leid, dass du die Leidtragende bist", erklärte er und sofort entzog ich ihm fassungslos meine Hand.

"Das kann nicht dein Ernst sein?", schüttelte ich den Kopf und stand auf, um wütend vor ihm auf und ab zu laufen. "Du hast vielleicht Probleme im Job gehabt, aber sie hat dich betrogen und den Typ ein paar Tage später hier einziehen lassen. Damit hat sie auch mich betrogen. Ich verstehe nicht, wie du sie nach all dem in Schutz nehmen kannst!"

"Deine Mutter hat sich neu verliebt, dass heißt aber nicht, dass wir keine Familie mehr sind", verteidigte er immernoch die Situation und stand dann ebenfalls auf.

"Ist ja eine super Familie. Feiern wir dann Weihnachten alle zusammen?", verdrehte ich genervt die Augen und verschränkte dabei die Arme.

"Mia, ich-"

"Dad, du verstehst das nicht. Thomas ist total-"

Ehe ich ihm davon erzählen konnte, wie aggressiv Thomas drauf war, betrat dieser das Haus und gab meinem Vater freundlich die Hand. Ich schaute nur enttäuscht in die Augen meines Dads und kehrte ihm dann den Rücken zu. Ich wollte weder noch etwas hören, noch sehen und noch weniger wollte ich mich mit diesem Arschloch namens Thomas in einem Raum aufhalten.

Ich knallte meine Zimmertür zu, ließ den Rolladen runter und schaltete meinen CD Player an, um einfach mit der Musik in den Ohren alles auszublenden.

Es dauerte nicht lange, da klopfte es an meiner Tür und in der Hoffnung, mein Vater wäre noch hier, stand ich auf und öffnete sie.

"Komm bitte mit ins Wohnzimmer", stand meine Mutter vor mir und fummelte dabei in ihren rötlichen Haaren herum. Ich hatte keine Lust, erst recht nicht auf sie oder Thomas, aber ich folgte ihr und war dann froh, das mein Vater immernoch am Tisch saß. Die Enttäuschung kam aber genauso schnell als ich auch Thomas und Kiyan wahrnahm.

"Wir sollten alle mal gemeinsam reden. So geht es nicht weiter", meinte meine Mutter und schob mich zum Tisch, an dem ich gegenüber Thomas Platz nahm.

"Also, Mia", nahm meine Mutter auch Platz und schaute mich liebevoll an. Sie spielten anscheinend Theater vor meinem Vater. Solche Heuchler. "Ich weiß das das alles nicht leicht für dich ist, aber wir sind trotz Allem alle immer für dich da."

Alle Augen waren auf mich gerichtet, selbst Kiyans und ich kam mir so vor, als wäre ich die einzige, die das nicht normal fand.
"Ich habe mit deinem Vater darüber gesprochen, das du ihn jederzeit besuchen kannst und Thomas wäre wirklich froh, wenn du auch ab und zu mal mit ihm etwas unternehmen würdest, damit ihr euch besser kennenlernt."

Am liebsten wäre ich über den Tisch gesprungen und hätte sie wach gerüttelt.  Keiner außer mir hatte gesehen, wie er Kiyan an den Umzugswagen gedrückt hatte. Er war kein guter Mensch und gerade, als ich ihnen das erzählen wollte, nahm mein Vater meine Hand und schaute mich eindringlich an.
"Es würde mich wirklich freuen, wenn das alles klappen würde", sagte er in einem sanften Ton und ich musste mir wirklich die Tränen zurückhalten.  Würde ich jetzt erzählen, wie Thomas wirklich drauf war, würde mir wahrscheinlich keiner glauben und mein Vater wäre der Einzige, der sich dann Sorgen machen würde. Das wollte ich nicht. Erst recht nicht, da er wegen seinem Job schon so viel Stress hatte.

"Okay", stimmte ich ihnen mit brüchiger Stimme zu und sofort standen die drei Erwachsenen auf.

"Sehr schön", strahlte meine Mutter und wandt sich dann mir und Kiyan zu. "Wir wollten noch etwas essen gehen. Möchtet ihr mitkommen?"

Ich schüttele sofort verneinend den Kopf. Schauspielern war  nicht meine Stärke und ein ganzes essen lang heile Welt spielen würde ich nicht überstehen. Auch Kiyan lehnte ab und wir sahen nur dabei zu, wie die anderen zusammen das Haus verließen. Mein Vater gab mir vorher noch einen Kuss auf die Stirn und schon war ich mit Kiyan alleine und eine lange Stille entstand.

Ich stand als erste auf und lief ohne etwas zu sagen den Flur entlang, doch ehe ich in mein Zimmer verschwinden konnte, spürte ich Kiyans Hand an meiner und drehte mich überrascht zu ihm um.

"Was hast du dir stechen lassen?", fragte er und schaute mich wütend an. Was hatte er denn für ein Problem?

"Was interessiert es dich?", gab ich ihm beim Gedanken an seine Freundin zurück und entzog ihm meine Hand.

"Ich will dich da nicht mehr sehen", sagte er dann ernst und lehnte sich dabei mit der Schulter an die Wand neben sich. Er war wohl gerade erst vor dem Gespräch gekommen, denn er hatte immernoch noch seine schwarze Jacke an.

"Wieso? Weil deine Freundin mich nicht mag?", verschränkte ich provozierend die Arme.

"Sie ist nicht meine Freundin!", verteidigte er sich und so langsam machte er mich wirklich wütend, doch gleichzeitig spürte ich auch dieses wunderschöne Kribbeln in meinem Magen bei seinem Anblick. Wie unangebracht!

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1050 Wörter

My new stepbrother - Konsequenzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt