~•°Wahrheiten°•~

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Angetrunken folgte ich ihm ein Stück die dunkle Straße entlang, wobei ich immernoch wütend  auf alles war. Doch er hatte mir in die Augen gesagt, das er mich liebt, was mich dann vor Freude so zum grunzen brachte, dass er sich verwirrt zu mir herumdrehte.

Wie peinlich! Konnte dieses Wechselbad der Gefühle mal bitte anhalten und mich aussteigen lassen?

"Hast du gerade gegrunzt?", fragte er belustigt und blieb vor mir stehen, um mich amüsiert zu betrachten.

"Kann sein", gab ich ihm zurück und versuchte ernst zu bleiben, doch sein
》Ich liebe dich《kribbelte immernoch durch meinen gesamten Körper. Heute Mittag hatte er es gegen meinen Rücken gehaucht, doch gerade sagte er es mir tief in die Augen und alles, was ich noch wollte, war um seinen Hals zu fallen und seinen Geruch einzuatmen, während ich in seinen Händen dahinschmelzen würde und-

"Mia?", schnipste er mich aus meinen Gedanken und ich schüttelte mich kurz, um wieder klarzukommen. "Geht's dir gut?"

"Ja", nickte ich und bemerkte sofort seine Nervosität, als er sich dann neben uns auf eine kleine Mauer setzte, die zum Haus meines Nachbarn gehörte.

Ich ließ mich neben ihm nieder, starrte zu Boden und wartete ungeduldig auf eine Erklärung, die die Anwesenheit dieser bitch Chloe rechtfertigen würde.

"Es ist zwei Jahre her", fing er an und schaute dabei vor uns in die Dunkelheit. "Zayn, Adam, Chloe und ich waren total betrunken und kamen gerade von einer Party nach Hause zu mir. Chloe war besessen von mir, erst recht, wenn sie getrunken hatte und an diesem Abend hatte ich ihr endgültig klar gemacht, dass ich nie Gefühle für sie haben würde."

Ich schaute ihn die ganze Zeit von der Seite an, während er nervös mit seinen Händen  spielte und schwer atmete. Am liebsten hätte ich ihn in die Arme genommen. Er sah so traurig aus, doch  ich blieb still sitzen und ließ ihm die Zeit, die er brauchte.

"Zayn wollte noch etwas essen, also habe ich das Auto von Thomas genommen. Während der Fahrt diskutierte Chloe unter Tränen ununterbrochen mit mir, was mich ziemlich wütend machte und wodurch ich betrunken viel zu schnell die Straßen entlang fuhr, bis ich geblitzt wurde und Chloe darauf bestand, weiterzufahren, da sie dachte, ich bin zu betrunken, dabei fuhr sie viel schlimmer als ich, erst recht, weil sie so wütend auf mich war."

Er machte eine erneute Pause und ein ganz mieses Gefühl entstand in meinem Magen. Ich atmete nur noch flach und beobachtete ihn, wie er aufstand, mich mit Tränen ansah und anfing leicht zu zittern.

"Da war plötzlich eine Frau ... mit einem Kinderwagen. Chloe konnte-"

Er rang mit den Tränen, fuhr sich  schweratmend durch die Haare und drehte mir den Rücken zu, um sich  nach kurzem sammeln wieder zu mir zu drehen.

Ich bemerkte dann ebenfalls die Tränen, die meine Wangen herabliefen und wusste nicht, was ich tun oder denken sollte. Der Alkohol war wie weggeblasen. Ich fühlte mich nüchterner denn je.

"Die Frau hatte keine Chance und wir sind einfach weitergefahren und abgehauen.  Wir haben uns geschworen, es nie jemanden zu erzählen. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens. Tagelang  habe ich nichts gegessen und nur noch Nachrichten geschaut. Das Baby hatte zum Glück überlebt", schluchzte er. "Die Mutter aber nicht ... Adam fing an zu kiffen, um das alles zu verdrängen. Zayn hat seit diesem Tag  zu jeder Tageszeit einen Flachmann dabei und ich habe nie wieder Alkohol angerührt."

Ich versuchte das alles zu verarbeiten und war einfach nur sprachlos. Chloe hatte einem Kind die Mutter genommen... und auch wenn es ein Unfall war, so kam ich in dem Augenblick nicht darauf klar. Er wischte sich die Tränen weg, stand gebrochen vor mir und ich wünschte, er hätte mir das alles nicht erzählt.

"Chloe ist besessen von mir. Sie spielt mit mir, Mia. Sie hat mir schon öfter gedroht, mich bei der Polizei zu verpfeifen, wenn ich ihr nicht das gebe, was sie verlangt", erklärte er und kam dann ein Stück auf mich zu. "Seit sie weiß, was ich für dich empfinde, droht sie mir täglich damit und so langsam ist es mir egal. Lieber komm ich in den Knast, als mich weiter erpressen zu lassen."

Ich schaute ihn verwirrt an und hatte so einen Hass auf dieses Miststück, dass ich am liebsten auf die Party zurück wäre, um ihr eine reinzuhauen, bis mir auffiel, das sie doch schuld war, also wieso erpresste sie ihn?

"Warum solltest du ins Gefängnis, wenn sie gefahren ist?", schaute ich in fragend an und er schloss kurz seine Augen, um beruhigend durchzuatmen.

"Ich wurde 10 Minuten vor dem Unfall geblitzt ... würde das rauskommen, wäre der Polizei egal, ob sie gefahren ist. Mir würde keiner glauben."

"Ich glaube dir", sagte ich leise und dann sahen wir uns längere Zeit schweigend an. Es brach mir das Herz, ihn so zu sehen. Zu wissen, was Chloe getan hatte und das sie bereit wäre, ihn dafür büßen zu lassen. Natürlich war er Mitschuld, genauso wie Zayn und Adam, und klar schockierte mich, dass sie einfach abgehauen waren, aber für mich war sofort klar, dass Chloe in dieser Geschichte die Böse war.

Was wollte sie? Rumhuren und ihn für sich, wenn sie Bock drauf hatte? Was war sie nur für ein jämmerliches Biest!

"Du musst mir glauben, ich habe wirklich nichts mit ihr und ich wollte dir das alles  nie erzählen, aber mir ist einfach nur wichtig, dass du mir vertrauen kannst und das du mich trotz dieser ganzen Scheiße noch lieben kannst."

Wie betäubt saß ich auf  der Mauer und ließ mich von seinem Blick gefangen nehmen. Diese Kälte, die er ausstrahlte ... die Trauer, die so tief verankert in ihm schien. Ich verstand seine Art und Weise, wie er mit allem umging. Auch Adam und sein aufgelöst sein verstand ich endlich ... und dann war da noch Chloe, für die ich nichts mehr weiter als Hass empfand...

Sie hatte einen Unfall gebaut, jemanden das Leben genommen und anstatt Buße zu tun und für diese Katastrophe gerade zu stehen, erpresste sie ihn ... Es war mir zu viel.

"Kiyan, ich möchte nach Hause", sagte ich kühl und hielt mir erneute Tränen zurück. Ich musste schlafen, dass alles verarbeiten und mir in Ruhe alles durch den Kopf gehen lassen.

"Mia, bitte rede mit mir", hörte ich Kiyan, doch ich stand auf und lief einfach ohne zu antworten nach Hause.

"Mia ...", sagte er immer wieder so gequält hinter mir und ja, am liebsten hätte ich mich umgedreht und ihn fest  in die Arme genommen, doch ich musste erstmal mit mir selbst ins Reine kommen.

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1100 Wörter

My new stepbrother - Konsequenzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt