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Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich hörte, dass jemand an der Tür war. Schnell versuchte ich mir die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Lillys Worte hatten mich so traurig gemacht, dass ich es nicht mehr geschafft hatte, groß und stark zu sein. Die Tränen waren geflossen und ich hatte so sehr geweint wie schon lange nicht mehr.

Ich hatte mir die ganze Zeit gewünscht, dass Vater und die anderen die Wahrheit gesagt hatten. Jetzt wusste ich überhaupt nicht mehr, was richtig und was falsch war und was ich tun oder glauben sollte.

Mein Körper versteifte sich, als die Tür geöffnet wurde. Ich spürte, wie mein Herz zu rasen begann. Wer kam zu mir? Und warum? Wollten sie mich jetzt bestrafen? Hatte Lilly Recht und das alles war nur ein Test gewesen? Ein Test, bei dem ich schrecklich versagt hatte!

Mein Herz pochte wie wild in meiner Brust und mir war schwindelig, als ich schließlich die Schritte hörte, die sich mir näherten. Bangend starrte ich in die Richtung, aus der sie kamen, während meine Finger zu zittern begannen.

Bitte keine Strafe! Bitte keine Strafe! Bitte nicht!

Mein Körper entspannte sich ein wenig, als ich erkannte, wer auf dem Weg zu mir war. Doch ich versuchte mich schnell daran zu erinnern, dass es gefährlich sein konnte, Julia zu vertrauen.

„Du liebe Güte, Emily!", meinte sie bestürzt, als sie meinem Bett näher kam. „Hast du geweint?"

Panisch zog ich meine Nase hoch und versuchte noch einmal mit meiner rechten Hand die Tränen von meinen Wangen zu wischen. Doch sie hatte ohnehin bereits gesehen, dass ich geweint hatte und ich hatte keine andere Wahl, als ihr zu antworten. Fragen mussten beantwortet werden.

Schüchtern nickte ich, während mein Herz raste. Was würde sie nun tun? Hatte ich ein Recht, zu weinen? Sie hatten mir ja nicht einmal wehgetan! Nun würde Julia glauben, dass ich ein schrecklich dummes Kind war, schwach und klein. Ganz bestimmt würde sie mich jetzt nicht mehr mögen. Würde sie mir dann doch wehtun?

„Achje, wieso hast du denn geweint?", fragte sie nun besorgt und ich schluckte. Wieder eine Frage!

Durfte ich ihre Frage nun beantworten? Ein Nicken oder Kopfschütteln würde nicht reichen, denn sie hatte eine Wieso-Frage gestellt.

Mein Herz pochte so laut in meinen Ohren, dass ich kaum etwas anderes wahrnahm. Ich war überfordert. Vollkommen überfordert! Lilly hatte gesagt, dass ich aufpassen sollte. Dass ich viel zu viel gesprochen hatte, seit Vater es mir erlaubt hatte. Aber man musste Fragen beantworten! Das war eine Regel.

„Hey, es ist okay, wenn du es nicht erzählen möchtest. Aber wie wir dir bereits erklärt haben, darfst du über alles mit uns sprechen. Und es gibt nichts, wofür du irgendwelche Probleme bekommen könntest. Ich würde dir gerne helfen, wenn du mich lässt."

Ich atmete schwer und neue Tränen schossen in meine Augen, ohne dass ich es verhindern konnte. Sie wollte, dass ich auf ihre Frage antwortete. Auch wenn sie behauptete, dass ich nicht darüber reden musste, spürte ich sehr wohl, dass sie es gerne erfahren wollte. Außerdem musste ich Fragen beantworten.

„Es ist alles okay, Emily. Du musst keine Angst haben."

Ihre Stimme hörte sich sehr freundlich an. Aber das tat sie immer! Meinte sie es wirklich so oder wollte sie nur mein Vertrauen gewinnen? Verzweifelt wischte ich mir die neuen Tränen aus dem Gesicht.

„Lilly...", krächzte ich, doch ich hatte einen dicken Kloß im Hals und brachte kein weiteres Wort heraus.

„Was ist mit Lilly?", wollte Julia wissen. Inzwischen hatte sie sich auf den Stuhl gesetzt, auf dem Vater letztes Mal gesessen hatte.

Lost GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt