Kapitel 25

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Der Mann lief einmal jeden Gang ab. Dann erklang ein Rauschen und der Wachmann sprach in ein kleines Funkgerät: „Sauber." Die Schritte entfernten sich und die Tür schloss sich. Das Surren der mechanischen Riegel erklang und der Raum war wieder isoliert.

Keuchend lag Sunny auf dem Bauch. Das war knapp gewesen. Der Schacht war dunkel und er musste sich erst daran gewöhnen. Langsam kroch er den Weg zurück, hangelte sich aus der Öffnung nach unten, brachte das Gitter an und mit einem Hopser landete er auf dem Boden. Nennt mich Bond. Die Stäbe waren immer noch dort und anscheinend von niemandem entdeckt worden. Gott sei Dank sind alle Gildenmitglieder so schweinefaule Säcke, die lieber den Aufzug nehmen. Er drehte die Stäbe aus den Dübeln und steckte sie ein. Die Dübel musste er in der Wand lassen, doch sie fielen nicht allzu sehr auf.

Keuchend lief er die Treppen nach unten. 9.55 Uhr. Die Zeit für den Test war gekommen. Mit neutraler Miene verließ er das Treppenhaus im zweiten Stock und lief den Gang entlang. Er hielt vor zwei Metalltüren, die nur mit einem Code passierbar waren.

Gelassen stellte er sich vor die Kamera und drückte den Knopf. Ein kleiner Metallschacht öffnete sich, hinter dem sich ein Scangerät befand. Er hielt seinen Gildenausweis hin und sprach in das danebenstehende Mikrofon. „Sunshine Mitchell, ich wurde zu einem Test von Direktor Kingston beordert." Keine Emotion.

Ein Ton erklang und die Türen öffneten sich. Vor ihm erstreckte sich ein weißer Gang. Elektrische Lichter beleuchteten diesen von oben. Er lief diesen entlang und bog an einer Gabelung rechts ab, um den medizinischen Bereich zu betreten. Wäre er links abgebogen, wäre er in die Krankenstation gekommen. Erneut kam er an eine Tür, zu der ihm der Zugang gestattet werden musste. Mit einem Piepton öffnete sich auch diese Tür.

Die Gilde hatte früh begonnen, sich technisch aufzurüsten. Wenn man bedenkt, dass von unserer Verschwiegenheit der Friede der Menschheit abhing, macht das auch Sinn. Vor einem weißen Tresen blieb er stehen. „Morgen, Casey", begrüßte er die Asiatin, die dahinter saß. Ihre Finger flogen über die Tastatur, dann schaute sie auf. Sie hatte einen kurzen Bob und rot geschminkte Lippen. Dazu trug sie eine weiße Bluse und eine enge schwarze Hose.

„Morgen, Sunny, was machst du hier?", fragte sie.

Sunny starrte nur auf die Finger, die schneller flogen, als eine Libelle mit ihren mickrigen Flügeln wedeln konnte. „Wurde zum Test beordert."

Die Finger hielten inne und ein überraschter Blick stand in Caseys Gesicht. Warum?, fragte sie sich. Sunny war einer der loyalsten Mitglieder, setzte nachts sein Leben aufs Spiel. Sie hatte von seinem Verschwinden gehört, doch er war wohlbehalten wieder zurückzukehrt. „Gut, setz' dich in Raum 2. Ich hole dich dann, wenn die Vorbereitungen getroffen wurden.

Mit einem Nicken verabschiedete er sich von Casey und lief in den Warteraum. Er hatte bereits einmal an dieser Prozedur teilgenommen. Es war nach seiner Aufnahme gewesen. Nachdem ihn sein Meister aus dem Loch befreit hatte, hatte er zwei Monate auf der Krankenstation verbracht. Cole hatte ihn damals einfach mitgenommen und ihn aufgebaut, ihn auf das Leben als Reaper vorbereitet. Er hatte ihm das gezeigt, was sie in der Akademie nicht taten. Damals hatten sie ihn schon angestarrt, doch das war ihm egal gewesen. Mit sechszehn hatte er diese abgeschlossen und war ein aktives Mitglied geworden.

Als er gerufen wurde, stand er auf. Er folgte der Schwester in den Raum, den er vor acht Jahren das letzte Mal gesehen hatte. Es war einem OP-Saal ähnlich, alles steril und weiße Wände. In der Mitte stand ein Stuhl, wie man ihn vom Zahnarzt kannte – nur ohne die Lampe, mit der die Fresse beleuchtet wurde. Seine Lederjacke legte er an den Rand, dann setzte er sich auf den Stuhl.

Dr. Brown, ein Texaner Mitte Vierzig, mit schwarzen Haaren, die bereits graue Strähnen hatten, trat zu ihm. „Gut, Sunshine. Du kennst die Prozedur."

The Devil's Nemesis (BAND 1) ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt