Kapitel 81

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"Verdammt, Jungkook... Das ist ein Kinderheim und kein Shoppingcenter! Du kannst dort doch nicht einfach rufen, dass du ihn mitnehmen willst - weißt du eigentlich, was du dem Kleinen da für einen Floh ins Ohr gesetzt hast?"

Ja, das wusste er...

Man hört den Knirps immer noch schreien - obwohl sie schon längst das Gelände der Einrichtung verlassen hatten.

"Aber es war mein Ernst! Sowas will ich!

Meinst du, wir kriegen sowas hin?"

Hustend antwortete der Angesprochene darauf. Hielt die Hand an den Hals, als ob das irgendwie helfen könnte, wenn man sich verschluckt hatte.

"Jungkook, willst du mir gerade sagen, dass du Kinder willst?"

"Nein", irritiert schüttelte er den Kopf, "ich will sowas!"

War der doof? Wie klar musste er sich denn noch ausdrücken?

"Aber du hast mich gerade gefragt, ob wir sowas auch hinbekommen - willst du mir sagen, wenn es nicht solch ein Junge wird, dass wir es dann nicht behalten?"

"Ja..."

Laut Stöhnte Tae auf. Hielt sich die Hand an die Stirn, so als ob diesmal Jungkook der Idiot wäre.

"Steig einfach ein... wir reden zu Hause darüber..."

"Ich will aber nicht!"

Mit verschränkten Armen stand der Jüngere nun auf dem Bordstein. Starrte Tae trotzig an.

"Warum nicht?" 

"Weil wir was vergessen haben!"

"Und das wäre?"

Noch so ne blöde Frage - heute waren sie aber wirklich nicht auf einer Wellenlänge.

"Na den kleinen Jungen - er will ganz eindeutig bei uns sein... oder bist du mittlerweile taub geworden?" Mit einer klaren Gestik zeigte der Braunhaarige auf das Haus, aus dem sie vor wenigen Momenten rausspaziert waren. In dessen Blick eine Sturheit, die man wahrscheinlich noch nie gesehen hatte.

"Ok, dann sag mir warum du den Kleinen mitnehmen willst! 

Ist es, weil er so goldig aussieht oder weil er dir Aufmerksamkeit geschenkt hat oder -"

"Weil er wie ich ist!" Brüllte diesmal der Jüngere. Dabei die Lippen zitternd und einen Tränenschleier in den Augen. 

"Er ist ein kleiner Jungkook und ich will nicht, dass er so eine scheiß Kindheit hat, wie ich, wo jeder auf ihm rumtrampelt und er sich nicht wehren kann, weil er ein Omega ist. Zu schwach und somit hilflos.  

Hast du seinen Teddy gesehen? Den haben die Kinder da drin kaputt gemacht und ich wette mit dir, dass die Übeltäter nicht mehr, als eine Standpauke bekommen haben!

Helf mir, ihn da rauszuholen. Bitte!"

Wortlos hatte der Alpha zugehört. Hatte jede Regung dieses hübschen Gesichtes vor ihm verfolgt...

Und es schmerzte...

Ja, auch er selbst hatte keine besonders tolle Kindheit. 

Einsamkeit war sein ständiger Begleiter. Das Gefühl niemals gut genug für die Liebe seiner Eltern zu sein.

Oft hatte er darüber nachgedacht, ob er solch eine Zuneigung nur einfach nicht verdient hatte und deswegen ständig danach betteln musste. Ob irgendetwas an ihm falsch war.

Erst als Anny in sein Leben trat wurde ihm klar, was das Gefühl von Familie eigentlich bedeutete. In ihr fand er eine Mutter, die für ihn da war, auch, wenn er es nicht wollte und in ihrer Tochter ein Schwester, die ständig Dinge machte, die ihn unglaublich aufregten - aber deswegen hatte er sie wahrscheinlich nur noch lieber.

Er mochte Menschen, die sich nicht ständig anpassten. Die ihren eigenen Kopf hatten und auf den Rest der Welt pfiffen, solange ihre Liebsten weiter an ihrer Seite standen.

Genau wie Jungkook.

Dieser unglaubliche Omega war eine Naturgewalt. Er hatte ihn von der ersten Sekunde an mitgerissen und ließ nun nicht mehr los - und das wollte er auch nicht. 

Der Jüngere gehörten zu seinem Leben. Hatte sich auf seine ganz eigene Art in Taes Herz geschmuggelt. Hatte ihn dazu gebracht mehr zu empfinden, als das, was er bisher erlebt hatte. 

Und genau deswegen zog er ihn nun fest an sich. Hielt ihn, auch wenn dieser sich kurz zu wehren schien. Wollte ihm zeigen, dass er verstanden hatte und bei ihm war. 

"Ok, dann müssen wir das aber anders angehen, ja?" Beruhigend strich er dem Braunhaarigen über den Rücken. Spürte wie dieser sich langsam fallen ließ und schlussendlich das Gesicht an seiner Halsbeuge vergrub. "Ein Kind ist ein Mensch, was nicht einfach mitgenommen werden kann, wie man das gerne hätte. Solche Regeln dienen zum Schutz der Kinder, damit sie nicht immer wieder neue Enttäuschungen in ihrem Leben erfahren müssen, weil sie vielleicht doch zu kompliziert sind. 

Wenn du ihn also wirklich bei dir -"

"Bei uns!", korrigierte Jungkook ihn mit nasaler Stimme.

"- Gut: Bei uns.

Wenn wir ihn wirklich zu uns holen wollen, dann braucht das Zeit, eine Menge Bürokram und den Willen dich auch schon vorher um ihn zu kümmern."

"Kein Problem! Ich nehm ihn gleich mit!"

Gerade so konnte Tae den Jüngeren noch davon abhalten zurück zu rennen, der sich einfach losgerissen hatte und ihn nun mit roten Augen fragend anschaute.

"Nicht so, Jungkook! Du musst dich hier um ihn kümmern. Besuch ihn. Verbring Zeit mit ihm und wenn er dann schlussendlich mit uns mit will und es für uns auch passt, dann holen wir ihn da raus."

Der Braunhaarige schien mal wieder nicht überzeugt. Blickte auf den Boden und kurz darauf wieder zu Tae. Schien aus seinem Gesicht lesen zu wollen, ob es die Wahrheit war, die er sprach.

"Zeig mir deine Hände! Beide!" 

"Ähm, warum?" Seine Verwirrung war zurück - aber darauf sollte er sich wohl zukünftig einrichten... 

"Mach es doch einfach!"

Wuhu... Befehle gingen dem Jüngeren fast schon natürlich über die Lippen - wahrscheinlich besser als bei ihm selbst... weswegen er auch ohne weiteren Kommentar seine Hände ausstreckte. Mit beiden Handflächen nach oben.

"Und jetzt?"

"Jetzt machen wir einen richtigen Schwur! Deiner im Bad vorhin war nur Blödsinn..." Mit einem Griff in dessen Hosentasche holte Jungkook ein Taschenmesser raus. Begründete es kurz mit einem: "Für Notfälle" und klappte dann das Messer auf.

Mit einem Ruck hatte Tae seine Hände wieder zurück genommen und schüttelte prompt den Kopf.

"Vergiss es! Das ist doch absoluter Blödsinn! Jetzt so richtig!"

"Gar nicht! Das hab ich mit Jimin und Jin auch gemacht und seit dem sind wir Geschäftspartner und Freunde. Blutsbrüderschaft ist das höchste -"

Ohne dem Jüngeren weiter zu zuhören machte er die Tür des Autos auf und flüchtete sich dort hinein. Der andere direkt hinter ihm her und das Taschenmesser noch in der Hand.

"Sei keine Memme! Gib deine Hand her - es heilt doch bei dir eh schneller!"

"Nein!"

Es entstand eine Kappelei, die zu guter Letzt Tae gewann, in dem er das metallische Ding einfach aus dem Fenster schmiss, während sie über die Autobahn rasten. 

Der Omega schmollte darauf hin. Selbst noch, als sie Daheim waren und sie beide ins Bett gingen. 

Es war wahrscheinlich die erste Nacht, in der er nicht mal eine Umarmung bekam, aber das war für ihn in diesem Moment in Ordnung - er hatte sich schließlich auch zum ersten Mal in einer Diskussion mit dem Jüngeren behaupten können, was ihn ein kleines bisschen Zufriedenheit einbrachte.

Bad Chick - TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt