Kapitel 27

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"Ich unterstütze dich.

Das find ich viel passender.

Und machen tue ich das, weil Taehyung schon viel zu lange alleine ist.

Er ist 35 Jahre alt - er wird nur noch älter und scheint irgendwie das mit der Liebe nicht so hinzubekommen..."

Mit Schwung warf Anny die Kleidung von Jungkook wieder auf den Stuhl zurück.

"Du hast doch kein Problem, wenn ich dir einen Schlafanzug von unserem Mister Präsident gebe, oder?"

Ohne, dass Jungkook etwas sagen konnte, verschwand die alte Frau durch eine Tür, die ihm selbst noch gar nicht aufgefallen war. Klackernd hörte er, wie Schubfächer auf und zu gemacht wurden und schon wurde ihm etwas entgegen geworfen.

"Da, der müsste passen. Er ist langärmlig, aber das passt vielleicht ganz gut, wenn mehr Haut bedeckt ist, dann erschreckst du dich vielleicht nicht so, wenn des nachts jemand versucht dich zu Tode zu knuddeln..."

"Was?..." Lachend blickte Jungkook zur alten Dame, die sich erneut zu ihm aufs Bett setzte und ebenfalls breit grinste.

"Taehyung ist ein Turbokuschler... Das ist auch eins seiner Probleme, warum du hier schläfst. Er weiß, dass er dir näher kommen wird, als ihm lieb ist - jedenfalls gerade..."

"OK...", immer noch amüsierte ihn der Gedanke, dass der Mann, der doch immer so souverän auftrat, scheinbar viele Macken hatte, die er für sich behalten wollte.

"Und zu deiner Frage, warum ich gerade dir helfe:

Du bist mir sympathisch.

Eigentlich müsste ich dazu nicht mehr sagen, aber ich glaube, es ist für dich wichtig, mehr zu wissen - aber lass uns dir erst Mal etwas anziehen... Du bekommst noch einen Schnupfen, wenn ich nämlich erstmal anfange zu erzählen hör ich gar nicht mehr auf..."

Damit behielt sie Recht. Noch während Jungkook schwerfällig in Hose und Oberteil schlüpfte, war Anny bereits voll in ihrem Element.

Quaselnd füllte sie die Stille dieses Raumes. Erzählt ihm von allem möglichen, aber leider nicht von Taehyung.

Sie erzählte stattdessen vom Postboten, den er sich mittlerweile bildhaft vorstellen könnte, von Ed, dem Butler und von sich, wie sie hier in die Familie gekommen war. Dass der Präsident mehr ein Sohn für sie war, als Arbeit und... Sie erzählte von ihrer Tochter.

Ihre Tochter, die zur falschen Zeit am falschen Ort war und nun nicht mehr in der gleichen Welt lebte wie Anny und Jungkook.

Schon seit 16 Jahren. Aber trotz der vielen Jahre, die seit dem vergangen waren, schien es sie immer noch schwer zu schmerzen. Ein Gefühl, dass Jungkook gut kannte.

Er würde alles dafür tun, dass sein Bruder wieder bei ihm sein könnte.

"Ach Mensch, jetzt bin ich abgeschweift... Eigentlich wollte ich dir ja von Taehyung erzählen..."

Schnaubend setzte sie sich auf den Stuhl neben dem Bett. In ihren Händen Jungkooks Kleidung, die er gegen etwas viel besseres eingetauscht hatte.

Glücklich kuschelte der Braunhaarige sich in das Bett. Versuchte es sich so gemütlich, wie möglich zu machen, während er Anny aufmerksam lauschte.

"Weißt du... meine Tochter... Sie war zwei Jahre jünger als Taehyung. Sie haben sich beide gut verstanden... Ich glaub sogar mehr, als nur gut - sie hat viel von ihm geschwärmt, viel Zeit mit ihm verbracht...

Er war aber auch ein Schnuckel - also ist er immer noch, aber er versteckt es gerne."

Es hörte sich an, als ob nicht nur ihre Tochter für ihn geschwärmt hätte, aber er würde sie ganz sicher jetzt nicht darauf hinweisen und damit ihre Erzählung unterbrechen.

"Er war sehr beliebt. Hatte viele Freunde, war immer freundlich und gegenüber jedem offen... - davon zeigt er leider nur sehr selten noch etwas...

Hatte früher auch Mal den großen Traum Vater zu werden, einen Haufen Kinder zu haben mit seiner großen Liebe..." Ihr Blick wurde wehmütig, als ob sie es vermisste - diesen alten Taehyung vermisste.

"Er hat viel darüber gesprochen. Hatte mir Löcher dazu in den Bauch gefragt... Bis... Naja, bis meine Tochter... Zivilcourage gezeigt hatte und wegen eines einfachen Schubsers plötzlich nicht mehr da war...

Sie... Sie ist mit dem Kopf auf einen Bordstein geschlagen - Hirnblutung... Dann Hirntod... man konnte nichts mehr machen. Es ging so schnell..."

Schwer schluckte Anny. Schien kurz zu brauchen, um sich wieder zu beruhigen.

"Ich hab in der Zeit nicht mitbekommen, wie es Taehyung ging. Zu sehr war mein eigenes Leid im Vordergrund... Aber wenn ich heute daran zurück denke, glaube ich, dass es nicht richtig war... Ich glaube, dass er nicht weniger gelitten hatte, als ich. Sie war ja auch irgendwie seine Familie... -

Als ich dann endlich wieder die Kraft fand mich bei ihm zu melden, hat er mich mit offenen Armen empfangen. Er sagte zwar, dass ein Kindermädchen nicht mehr notwendig wäre, aber dass er sich freut, wenn ich da bin.

Es hat nicht lange gebraucht, um die Veränderung des kleinen Jungen von damals zu bemerken. Natürlich kann man sagen, dass er vielleicht einfach erwachsen geworden ist, aber das verändert einen Menschen nicht so grundlegend...

Durch Yoongi hab ich dann ein wenig mehr Details erfahren.

Er war der einzige, der von dessen alten Freunden noch übrig geblieben war. Der Rest hatte sich ziemlich schnell von ihm abgewandt, als er nicht mehr der glückliche, unbeschwerte Typ war und Beziehungen...

Ich glaube nicht, dass er jemals etwas ähnliches gehabt hat... Er hat ab und an eine Arbeitskollegin hier, die ihm über seine Rut hinweg hilft, aber das ist nichts echtes. Es ist nur eine Zweckgemeinschaft..."

"Was ist das für eine Frau?" Jetzt konnte sich Jungkook wirklich nicht mehr zurückhalten mit Fragen... das mit der Frau brannte ihm unter den Fingernägeln.

"Das interessiert dich, was?", grinsend blickte Anny ihn an, aber schien wohl nicht in Stimmung zu sein ihn auf die Folter zu spannen.

"Eine Alphafrau. Ziemlich ehrgeizig. Hat anfänglich Mal Interesse gezeigt, aber hat schnell bemerkt, dass es nicht gegenseitig war - also absolut keine Konkurrenz."

Kichern schloss sich an ihre Worte an. Etwas, was auch Jungkook mit grinsen ließ.

"Ich hab es sofort gemerkt... Er war Recht kalt zu ihr, wenn sie hier aufgetaucht war. Wollte nicht viel reden, außer über die Arbeit - ganz anders, als bei dir...

Bei dir scheint er irgendwie aus seiner Haut zu fahren. So viele Gefühle scheinen in ihm zu brodeln, wenn er dich sieht. Er ist lebendiger.

Und...

Es ist gut, dass du ihn aus seiner Komfortzone beförderst. Viel zu lang hat er sich darin versteckt. Durch dich ist er gezwungen, anders zu agieren.

Genau so jemanden braucht er... Jemanden, der auf Vorschriften pfeift und sein Ding macht..."

Bad Chick - TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt