Kapitel 56

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"Jungkook... Das machst du aber nicht wegen dem Versprechen von damals, oder?"

...

8 Jahren zuvor....

Der Regen war stark in den letzten Tagen. Ließ Flüsse gefährlich ansteigen und Straßen zu kleinen Bächen werden.

Es war eigentlich wie in jedem Sommer. Mit der Wärme kam die Monsunzeit und doch schien es die Leute jedes Jahr zu überraschen.

Panisch rannten sie durch die Gegend. Von einer Überdachung zur nächsten und waren eigentlich schon völlig durchnässt.

Tae beobachtete das ganze aus dem Auto. Noch nie war er jemand von denen da draußen gewesen. Hatte immer den trockenen Platz und die warmen weichen Polster sicher.

Konnte stattdessen zu hören, wie der Regen rythmisch aufs Blechdach prasselte und von Sekunde auf Sekunde lauter und stärker wurde.

"Herr Kim, wir müssen anhalten... Der Regen ist zu stark geworden..."

Nickend nahm er die Worte seines Chauffeurs war. Starrte aus dem verdunkelten Fenster. Raus auf die Straße.

Er konnte die Umrisse nur schemenhaft erkennen. Schaute mehr den Rinnsalen an der Scheibe dabei zu, wie sie ihren Weg nach unten fanden. Bemerkte im ersten Moment nicht, dass auf der anderen Straßenseite jemand saß. Zusammen gekauert und reglos.

Stattdessen schwirrten seine Gedanken um seine Zukunft. Um das, was er noch alles geplant hatte.

Studium beenden... In die Politik gehen... Präsident werden...

"Schon traurig... Das es Menschen in Seoul gibt, die kein Dach über dem Kopf haben... Selbst bei dem Regen draußen Kauern. Kurz davor sich den sicheren Tod zu holen..." Sein Chauffeur. Gesprächig wie immer...

"Was meinen...", wollte er ansetzen. Starrte suchend aus dem Fenster - und erkannte es dann selbst. Diesen dunklen Schatten. Sah mehr aus, wie ein Müllsack, als ein Mensch.

"Was glauben Sie, was mit ihm ist? Oder ihr?"

Mit den Schultern zuckend starrte der Chauffeur einfach weiter hinaus. Schien keine Anstalten zu machen zu helfen...

"Schlechte Schulbildung... Kein Elternhaus... Kriminell... Es gibt viele Gründe, warum Menschen auf der Straße landen, aber... Tun kann man nichts dagegen... Sie suchen es sich ja oft selbst aus... Weil sie mit der Welt, wie sie besteht nicht klar kommen..."

"Aber das ist doch dann nicht ihre Schuld... Sondern die der Gesellschaft...", er konnte die Worte seines Mitarbeiters nicht verstehen. Es hörte sich so unveränderbar an. So starr. "Sollte man da nicht eher die Welt verändern in der wir leben, damit sich alle darin wohlfühlen?"

Laut lachte der Typ auf. Schien Taes Aussage wohl einfach nur amüsant zu finden. Nicht Mal für Diskussionen würdig.

"Herr Kim... Ich glaube da brauchen Sie wohl etwas mehr Lebenserfahrung, damit sie dieses Hirngespinst als solches wahrnehmen. Sie träumen..."

"Was fällt Ihnen ein! Das ist respektlos, was sie gerade getan haben! Die Träume eines anderen nicht ernst zunehmen ist das tatsächliche Problem..."

Und schon hatte er die Tür des Autos geöffnet. Regen schlug ihm entgegen. Machte nicht nur seine Kleidung nass, sondern auch das Innere des Wagens.

Aber das war egal. Wenn man Vorstellungen und Wünsche hatte, sollten sie auch zu jederzeit umzusetzen sein - sowie jetzt gerade.

Daher sprang er auch ohne darüber nachzudenken aus dem Auto. Ignorierte die Rufe seines Chauffeurs, die er eh nicht verstand und überquerte eillig die Straße. Hin zu der Person, die nicht mehr richtig anwesend zu sein schien.

Ein Häufchen Elend. So dünn, dass die Kleidung wahrscheinlich an jeder Stelle dessen Körpers umher schlabberten.

Aber das war wohl nicht das einzige Problem wie er feststellte als er näher kam.

Es schlug ihm hart ins Gesicht. Süßlich und erregend. Aber auch mit unglaublich viel Verzweiflung und Trauer gemischt.

Eine eigenartige Kombi, wenn man bedachte, dass eine Heat doch eigentlich einladend sein sollte - aber diese hier schien alle abschrecken zu wollen. Das Ziel, kein Ziel zu werden. Von Aufmerksamkeit.

"Hey...", versuchte Tae leise auf sich aufmerksam zu machen. Die Person so vorsichtig, wie möglich darauf hinzuweisen, dass hier jemand war.

Allerdings verlief es eher gegenteilig.

Vor Schreck zuckte der Körper auf dem Boden zusammen. Versuchte sich nur noch mehr in sich zurück zu ziehen.

"Verschwinde!", fauchte eine zitternde Stimme. Aggressiv und doch mitleiderregend...

Die Kombi musste man erstmal hinbekommen...

"Werde ich nicht!", antwortete Tae in dem gleichen scharfen Ton. Beugte sich dabei leicht zu der Person runter, um irgendwie etwas erkennen zu können.

"Wer bist du?"

"Geht dich gar nichts an!"

Na wunderbar. Kratzbürstig und wenig kooperativ... Da hatte er sich ja den richtigen ausgesucht, um zu helfen... Dann sollte er wohl gleich auf den Punkt kommen.

"Hör zu. Du brauchst scheinbar Hilfe und ich kann helfen.

Das mach ich nicht, weil du ganz offensichtlich deine Heat hast und ich dich so in mein Bett locken könnte, sondern weil ich meinem Mitarbeiter da drin etwas beweisen will", mit dem Finger zeigte er auf seine schwarze Limousine. "Also fände ich es toll, wenn du dir helfen lässt, damit ich zeigen kann, dass man nur etwas verändern kann, wenn man auch etwas tut. Nicht nur reden..."

Tief atmete Tae ein. Nach seinem kleinen Redeschwall. Hoffte, dass er schnell erlöst wurde und sogleich Zustimmung kam... Nicht weil er trocken zurück ins Auto wollte - das wäre schon zu spät  - sondern weil die Möglichkeit sich eine Erkältung zu zuziehen nach und nach höher wurde, umso länger sie diesem grässlichen Wetter ausgesetzt waren.

"Aber die Welt ist scheiße...", kam nach kurzem zögern zitternd von dem Klamottenknäuel auf dem Boden.  "Niemand will etwas, ohne Gegenleistung geben... Alle sind nur auf ihr eigenes Wohl erpicht... Es wäre dämlich, wenn man etwas anderes erwartete..."

Na sowas... Noch so ein Pessimist... Dann verstand er sich ja prima mit seinem Mitarbeiter im Auto...

"Ich Beweis es dir - Freundlichkeit ohne Gegenleistung. OK?"

Schmale, abschätzige Augen starrten zu ihm hinauf. Schienen zu versuchen allein durch einen Blick zu erörtern, ob "nein" oder "ja" die bessere Antwort war.

Suchend wanderten dessen Augen über Taes Körper. Wurden dabei aber kein bisschen freundlicher.

Griesgram...

Das passte ja... Er selbst war auch nicht in der besten Stimmung...

Hatte er doch heute einen sehr guten Freund verabschiedet. Einen Freund den er nie wieder zu Gesicht bekommen würde. Nicht weil er tot war, sondern weil er verschwinden musste.

Ein guter Mensch hatte eine längst nötige Tat begannen - aber in den Augen der Regierung war es gesetzeswidrig... Also hatte Tae getan was in seiner Macht stand...

"OK...", drang die Stimme des Jungen zu ihm durch. Schien ihm endlich die nötige Zustimmung zu geben, um aus diesem Unwetter ins Trockene zu flüchten.

"Aber ich kann nicht laufen..."

Bad Chick - TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt