Kapitel 10

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New York


Es war der Morgen des nächsten Tages, als Eldrid noch friedlich in ihrem Bett lag und schlummerte. Bis zum Kinn eingekuschelt in die warme Decke, wäre sie nie auf den Gedanken gekommen, dass die Stille, die den Raum erfüllte, nur allzu schnell unterbrochen wurde.

Ohne auch nur anzuklopfen stürmte jemand in ihr Zimmer und die offene Tür knallte gegen die dahinterliegende Wand. Ruckartig setzte Eldrid sich auf und starrte Thor mit aufgerissenen Augen und rasendem Herz an. Dieser schien gar nicht zu realisieren, dass er sie geweckt hatte und kam grinsend in den Raum hinein.

"Guten Morgen, Lady Eldrid", rief der große, blonde Gott, so als würde sie nicht direkt vor ihm sitzen. Immer noch grinsend sah er sie an, zog jetzt aber belustigt eine Augenbraue hoch, als er sie von oben bis unten betrachtete.

Erschrocken sah die Asin an sich hinab und musste feststellen, dass sie nicht mehr als ein hauchdünnes Nachthemd trug. Hastig schnappte sie sich die Decke und versuchte sich ein wenig mehr zu bedecken.

Ohne weiter darauf zu reagieren, setzte der Donnergott sich auf die Bettkante.

"Du solltest doch irgendwann mal daraus lernen, mich nicht zu erschrecken", hauchte sie und hob eine Hand, während sie sprach. Vorsichtig legte sie ihm diese an die Wange und fuhr leicht mit dem Daumen über die kleine Schnittwunde unter seinem Auge. "Man sieht es kaum noch."

"Ach, das war doch nichts", versuchte er das Ganze runterzuspielen.

"Vielleicht schleichst du dich das nächste Mal einfach nicht an, wenn ich in Gedanken bin", meinte sie und nahm ihre Hand wieder weg.

"In Gedanken... so nennst du das also, wenn du gefühlt den halben Westflügel deines Elternhauses in Schutt und Asche legst?", fragte er und sah sie prüfend an. Noch hatten sie beide nicht über die Situation gesprochen, in der sie sich befand, als Thor sie darum gebeten hatte, ihm auf Midgard zu helfen. Eldrid seufzte und hoffte, dass er schlau genug war, sie nicht darauf anzusprechen. Denn alles was sie jetzt gar nicht gebrauchen konnte, war genau das.

"Was war da los?", stellte der Gott eben genau die Frage, die sie nicht hören wollte.

"Ich habe mich nicht sonderlich gut gefühlt", murmelte sie und wandte sich ein Stück von ihm ab. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie versuchte sich sofort wieder zu beruhigen.

"Das habe ich gesehen, aber das ist sicherlich nicht die Antwort auf meine Frage."

Eldrid schüttelte den Kopf und seufzte. Sie hoffte, dass Thor nicht sah, wie sehr sie nun mit den Tränen zu kämpfen hatte. "Ich hatte wieder diesen Traum. Er war da, weißt du? Und dann kam eure Mutter am Morgen noch zu mir und berichtete davon, dass Loki noch lebt." Hastig wischte sie sich eine verräterische Träne aus dem Auge und bekam mit, wie Thor nickte. Zum Glück wusste er gleich was sie meinte.

"Ich würde mich jetzt gern für den Tag ankleiden", meinte sie leise und sah erleichtert dabei zu, wie Thor aufstand und zur Tür ging.

Bevor er hindurch lief, drehte er sich noch einmal zu ihr um. "Ich kann nicht mal ahnen, wie groß euer Verlust sein muss. Doch ich hoffe, dass ihr eines Tages wieder glücklich sein könnt. Ob nun zusammen oder nicht. Ihr habt es beide nach allem mehr als verdient."

Als die Tür hinter dem Donnergott ins Schloss fiel, sprang Eldrid auf und eilte ins Bad. Dort zog sie sich aus und ging erst einmal duschen. Am besten eiskalt. Als sie fertig war, lief sie, lediglich bekleidet mit einem Handtuch, zurück in ihr Zimmer. Ihre nassen Füße und tropfenden Haare hinterließen ihre Spuren auf dem Weg zum Schrank.

Liebe ist ein Dolch *Loki FF*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt