Kapitel 11

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New York


Völlig begeistert saß Eldrid in dem großen weichen Sessel und starrte auf die riesige Leinwand. Zusammen mit Thor sah sie sich einen Stück an, indem es um ausgestorbene Riesenechsen ging, die aus Käfigen ausgebrochen sind und nun eine ganze Insel terrorisierten. Eldrid war völlig hin und weg und auch wenn Thor ihr sagte, dass es alles nicht echt ist, wirkte es dennoch so real. Das war wirklich faszinierend.

Als der Mann, den sie Anwalt nannten, dann noch in dem kleinen Hüttchen gefressen wurde, konnte die Asin ein lautes Lachen nicht unterdrücken. Thor stimmte mit ein und schüttelte dann grinsend den Kopf.

Zusammen sahen sie sich noch den Rest an und als der Film vorbei war, verabschiedete Thor sich von ihr, denn er wollte sich noch bei seiner Freundin melden. Lächelnd schlenderte Eldrid durch den Tower und suchte die anderen Avengers, konnte jedoch niemanden sehen. Also ging sie ins Wohnzimmer und machte es sich auf der Couch bequem.

Eher ungewollt fiel ihr Blick auf den Hologrammbildschirm, der immer noch Lokis Zelle zeigte. Gedankenverloren biss sie sich auf die Unterlippe und stand auf. Loki lief in seiner Zelle auf und ab und wirkte dabei ziemlich konzentriert. Den Brief, den sie bei ihm gelassen hatte, hielt er immer noch in den Händen. Ob er darüber nachdachte? Sie hoffte es, auch wenn sie gestehen muss, dass sie seine Gedankengänge nicht immer nachvollziehen konnte. Ja, sie hatte ihn verletzt, als sie die Verbindung zu ihm kappte und sie war sich beinahe gewiss, dass alles, was seit dem geschehen war, irgendetwas damit zu tun haben musste.

Noch bevor sie ihre Entscheidung überdenken konnte, war sie auch schon auf dem Weg zum Aufzug. Auch wenn sie vorgehabt hatte, erst morgen mit ihm zu reden, so konnte sie es einfach nicht abwarten. Sie musste ihn einfach persönlich wiedersehen.

Viel zu viel Zeit hatte sie ohne ihn verbringen müssen. Tief in ihr drin bereute sie ihre Taten, genau wie sie es Thor gesagt hatte und noch ein bisschen mehr. Und genau das musste sie auch dem Mann sagen, den sie einst geliebt hatte. Mit dem sie sich eine Zukunft hatte aufbauen wollen. Der Mann, der ihr auch jetzt nicht egal war. Vermutlich war sie auch nie wirklich über ihn hinweggekommen, immerhin war gerade erst einmal ein halbes Jahr vergangen.

Eldrid trat in den Aufzug und atmete tief durch. Für einen Augenblick kam die Hoffnung in ihr auf, dass es vielleicht eines Tages wieder so sein könnte, wie es einmal war. Trotz allem, was geschehen ist. Jetzt musste sie nur herausfinden, ob Loki das ebenso sah und vielleicht gab es dann auch einen Weg für sie beide genau dorthin zurück. Auch wenn es nicht leicht werden würde.

Das Gespräch, was nun vor ihr lag, machte ihr ein wenig Sorgen, denn es war ungewiss, mit welchem Wissen sie den Raum wieder verlassen würde.

Die Türen des Aufzugs glitten auf und sie betrat die Etage, in der sich die Zelle vom Gott des Schabernacks befand. Mit zittrigen Händen strich sie sich über ihr Oberteil und fragte sich einen Augenblick lang, ob dieser Aufzug, eine weite Jeans und eine rot geblümte Tunika im Boho Stil, Lokis Zustimmung finden würde. Auch wenn er dazu eigentlich kein Recht mehr hatte, sich zu äußern.

"Eldrid", hauchte Loki und sicherte sich somit ihre ganze Aufmerksamkeit. Er klang erleichtert, sie zu sehen, wie sie zu ihrer Freude feststellen musste. Nicht wie bei ihren vorherigen Besuchen. Innerlich verbuchte sie dies bereits als kleinen Erfolg. Er kam mit großen Schritten in ihre Richtung gelaufen und blieb, so nah wie es die Glaswand zuließ, vor ihr stehen.

"Loki", entgegnete sie und sah ihn von oben bis unten an. "Du wolltest mich sehen?", sagte sie und tat so, als wäre dies nicht genau ihre Absicht gewesen.

Loki hielt den Brief nun vor sich in den Händen und fummelte nervös am Papier herum. "Ich hätte nicht gedacht, dass du ihn aufgehoben hast", meinte er schließlich und senkte den Kopf.

"Ich habe nie einen Grund gesehen, ihn wegzuwerfen", sprach sie leise und trat noch einen Schritt näher an ihn heran.

"Auch nicht nach allem, was ich dir angetan habe?" Seine Stimme klang brüchig, als würde ihn das alles mehr und mehr zu schaffen machen.

Eldrid seufzte und schüttelte den Kopf. "Was geschehen ist..." Ihre eigene Stimme schien zu versagen und die Erinnerung versetzte ihrem Herzen einen Stich. "Es war nicht deine Schuld."

"War es nicht?", fragte er und sah sie wieder an, sein Blick war so schmerzerfüllt wie ihr Innerstes. "Hätte ich die Jotunen nicht nach Asgard geholt, nur um Thors Krönung hinaus zu schieben, dann wärst du..."

"Stop, Loki", unterbrach sie ihn und verzog das Gesicht. Das war nun wirklich nicht das Thema, über das sie hier reden wollte. Besonders, da sie wusste, dass man sie jederzeit beobachten könnte.

"Nein. Es muss gesagt werden." Loki warf den Kopf in den Nacken und atmete tief durch, ehe er sie wieder ansah. In seinen Augen schimmerten die Tränen und Eldrids Herz wurde bei dem Anblick noch schwerer. "Wir wissen es beide. Wenn ich sie nicht reingelassen hätte, dann hättest du jetzt unseren Sohn im Arm."

Bei der Erinnerung daran konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Leise schluchzte sie und wischte sich die verräterische Nässe aus dem Gesicht. "Wir wissen beide nicht, was gewesen wäre, wenn es anders gelaufen wäre", erwiderte sie und versuchte die Festigkeit in ihre Worte zu bringen. "Und das ist auch kein Thema, welches ich hier und jetzt mit dir besprechen möchte."

Loki nickte und sah sie wieder an. Er wirkte so unendlich traurig und sie konnte sich denken, dass er alles dafür geben würde, die Zeit zurückzudrehen. "Es gibt jedoch etwas anderes, was ich dir sagen möchte. Einen Grund, warum ich dich unbedingt sehen wollte." War das jetzt der Moment, in dem er ihr den wahren Grund für seinen Angriff auf Midgard verraten würde? Eldrid hoffte es und nickte, damit er fortfuhr.

"Ich weiß, es steht mir nicht zu, dass zu sagen, doch ich muss es tun. Ich liebe dich, Eldrid. Ich habe dich von dem Moment an geliebt, an dem ich dich das erste Mal gesehen habe. Ich habe dich bei jedem Tanz geliebt, den wir hatten. Bei jeden Spaziergang in der Stadt oder durch einen der Gärten. Jedes Mal, wenn wir zusammen waren und jedes Mal, wenn wir nicht beieinander waren. Ich muss akzeptieren, dass es dir nicht gefällt, wenn ich das sage oder du es nicht erlaubst. Ich kenne dich. Du wirst es nicht erlauben. Aber du musst es wissen. Du musst es in deinem Herzen fühlen, weil ich es tue."

Sprachlos sah Eldrid ihn an. Auch wenn sie mit allem gerechnet hatte, nur damit nicht, so war es doch genau das, was ihr Herz hören wollte. Wieder kehrten die Tränen in ihre Augen zurück. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll", flüsterte sie und sah ihn einfach nur an.

"Du musst dazu nichts sagen", erwiderte Loki und sah traurig zu Boden. Vermutlich hatte er mit einer anderen Antwort gerechnet.

"Ich denke nicht, dass es irgendwas zu sagen gibt, außer dass ich dich auch noch immer liebe", hauchte sie und sah, wie er überrascht den Kopf hob. Auch sie war überrascht über ihre Worte, doch ihr war klar, dass es genau das war, was sie wirklich fühlte.

Ein leichtes Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Gottes und er stützte sich mit einer Hand am Glas ab. "Tust du?", wollte er sich noch einmal versichern.

Eldrid nickt und eine Träne rann über ihr Gesicht. Sie hatte es geschafft, das Loki sich ihr gegenüber öffnet. Mehr sogar. Sie war ihm immer noch nicht egal.

Plötzlich grinste Loki übers ganze Gesicht und fing an laut zu lachen. Eldrid schreckte zurück, denn das war ganz sicher kein erfreutes Lachen. Irritiert sah sie dabei zu, wie er seine andere Hand neben sich ein wenig hob. Die Hand, in der er immer noch den Brief festhielt.

"", lachte er. "Wohin soll das führen? Die Liebe hat keinen Platz mehr in meinem Leben." Mit diesen Worten ließ er den Brief in grünen Flammen aufgehen, bis nichts mehr außer Asche übrig war.

Geschockt von den Geschehnissen sah Eldrid abwechselnd zwischen Loki und seiner Hand hin und her. Ihr Herz schien in diesem Moment genauso zu zerfallen, wie es die Worte getan haben, die er auf diesem Stück Papier einst an sie richtete. Die Gedanken drehten sich in ihrem Kopf und schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen, die mit jedem Atemzug größer zu werden schienen.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie sich umdrehte und mit wackligen Schritten zum Aufzug ging. Begleitet von seinem boshaftem Lachen. Kaum hatten sich die Türen geschlossen, sackte sie in sich zusammen.

Liebe ist ein Dolch *Loki FF*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt