Kapitel 30

249 12 2
                                    

New York


Eldrid kehrte in den Tower zurück, als die ersten Sonnenstrahlen bereits die Straßen der Metropole erwärmten. Bereits einige Stunden vor Sonnenaufgang hatte sie sich in ihrem Bett hin und her gewälzt. Die ganze Nacht hatte sie kaum schlafen können. Immer wieder quälten sie die Gedanken an den einen Gott, der ihr Herz bereits einmal gestohlen und dann gebrochen hatte. Also hatte sie beschlossen sich abzulenken und wo ging das besser, als in der Stadt, die niemals schlief?

Entschlossen, noch mehr von der Welt und der Lebensweise der Menschen zu sehen, hatte sie Banner eine kurze Notiz mit ihrem Vorhaben hinterlassen und sich auf den Weg gemacht.

Nun was sollte sie sagen. Auch wenn sie bereits viel von New York gesehen hatte, war es anscheinend nur die Spitze des Eisbergs gewesen. Mittlerweile fragte sie sich, ob ihr kleiner Ausflug so eine gute Idee gewesen war. Denn was sie am heutigen Morgen alles gesehen hatte, würde sie nun am liebsten wieder ungeschehen machen. So schön diese Stadt auch sein konnte, sie war auch laut und dreckig. Auch die Menschen hier hätten nicht unterschiedlicher sein können. Wenn ihr vor ein paar Monaten noch jemand gesagt hätte, dass sie eines Tages von einer alten Dame angepöbelt werden würde, nur weil sie ein paar Sekunden zu lange auf dem Bürgersteig stand, sie hätte es nicht geglaubt. Auch jetzt noch konnte sie es nicht fassen, als sie an diese merkwürdige Begegnung zurückdachte. Zu allem Überfluss hatte sich auch noch ein Vogel auf ihr erleichtert und sie war auf so ein kleines Wesen getreten, was Natasha einmal eine Ratte genannt hatte.

Wenn sie geglaubt hatte, dass es Nachts in der Stadt ein wenig ruhiger ablief, so machte die Stadt ihren Spitznamen alle Ehre. Ihr dröhnte der Kopf von der ununterbrochenen Geräuschkulisse. Überall waren Autos unterwegs, Menschen drängten sich auch jetzt noch überall auf den Straßen und Bürgersteigen und an jeder Ecke schallte Musik durch die Gegend. Nun wünschte sie sich nichts weiter als ein wenig Ruhe. Erleichtert atmete sie aus, als die großen Türen sich hinter ihr schlossen und den Krach wenigstens ein bisschen eindämmten. Es waren Momente wie diese, in denen ihr alles ein wenig zu viel wurde und sie sich die Ruhe wünschte, die es in Asgard gab.

Völlig in den Gedanken an ihre Heimat versunken, wankte sie ein wenig zum Aufzug und erreichte schließlich irgendwann ihr Zimmer. Als sie die Tür öffnete, fiel ihr Blick automatisch auf die riesige Holztruhe, die mitten im Raum stand und die vorher definitiv nicht da gewesen war. Es war eine Truhe aus ihrem alten Zimmer Zuhause, da war sie sich sicher. Sie würde sie überall wiedererkennen. Doch wie kam sie hier her?

Vorsichtig schritt sie darauf zu und erst, als sie sich hinhockte und vorsichtig mit den Fingern über die raue Oberfläche strich, war ihr klar, dass es keine Einbildung war. Ein Schluchzen drang über ihre Lippen und sie legte sich die Hand an den Mund. Es war ihre Truhe.

Mit zitternden Beine stand sie auf und trat einen Schritt zurück. Ihr erster Gedanke galt Loki. War er hier? War er irgendwie zurück gekommen und hatte ihre Habseligkeiten mitgebracht? Suchend huschte ihr Blick durch den Raum, doch wie zu erwarten konnte sie ihn hier nicht sehen. Er erschien auch nicht einfach so aus dem Nichts. Mehr stolpernd als gehend lief sie zum angrenzenden Badezimmer und riss die Tür auf, als würde er sich dort verstecken. Doch auch hier war nichts. Zitternd dräng ihr Atem über ihre Lippen und sie schloss die Augen.

„Jarvis?", fragte sie und traute sich fast nicht, weiter zu reden. Doch sie musste einfach sicher gehen. „Wer hat die Truhe hier her gebracht?"

„Das war Thor, Miss Eldrid. Er kam vor einer Stunde vorbei, als Sie noch unterwegs waren."

Mit einer Hand fuhr sie sich über die Augen, wischte die verräterische Nässe weg, die sich dort zu sammeln anfing. Er war also nicht zu ihr zurück gekommen, dachte sie und fuhr sich durch die langen Haare. Langsam fragte sie sich, wie dumm sie eigentlich war. Klar, es waren erst ein paar Tage vergangen, doch sie musste langsam einsehen, dass ihre Hoffnungen sinnlos waren und zu nichts führten. Er würde nicht kommen. Auch wenn er es versprochen hatte. Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass er sein Wort brach.

Liebe ist ein Dolch *Loki FF*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt