Kapitel 21

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Asgard


Am nächsten Morgen erwachte Eldrid in ihrem Bett und sofort kreisten ihre Gedanken um den vergangenen Abend. Nach der kleinen Zusammenkunft mit Thor und seinen Freunden, hatte sie kaum einen Bissen runterbringen können. Der Plan, den sich diese tapferen Krieger ausgedacht hatten, war einfach zu verrückt, um wirklich gelingen zu können. Nachdem Fandral sie nach Hause gebracht hatte, lag sie die halbe Nacht wach und grübelte darüber, ob sie einfach zurück in die Heilkammer gehen sollte oder ob sie aktiv werden musste. Sie war nie eine große Kämpferin gewesen, das schickte sich in ihrem Stand nicht und hätte ihre Mutter auch nie zu gelassen. Das bisschen Selbstverteidigung, dass sie erlernt hatte, dass Loki ihr beigebracht hatte, hatte sie stets verborgen von ihr geübt.

Doch konnte sie jetzt einfach wieder zu Frigga gehen und nichts tun, während die anderen ihr Leben riskieren? Immerhin war Jane auch ihre Freundin, auch wenn sie sie bei weitem nicht so lange kannte wie Thor. Doch ihnen zu helfen würde bedeuten, Loki wiederzusehen und war sie dazu schon bereit? Abgesehen davon würde es auch gegen die Anweisungen Odins gehen und wenn sie etwas nicht wollte, dann seinen Zorn auf sich spüren. Und dann war da noch Frigga. Was, wenn es ihr schlechter ging, wenn Eldrid nicht da war? Und was, wenn die Mission fehlschlug und Frigga erfahren würde, dass Eldrid nur tatenlos herum gesessen hatte? Natürlich würde Frigga Verständnis haben, so wie sie es immer hatte. Doch könnte Eldrid ihr dann überhaupt noch in die Augen schauen?

Seufzend erhob sie sich und fuhr sich durch ihre langen Haare, die vom Schlaf noch ganz wirr waren. Sie entschied sich dafür, das zu tun, was ihr richtig erschien, als sie aufstand und zu ihrem Kleiderschrank ging. Noch bevor sie die hölzernen Türen öffnete, klopfte es.

"Herein!", rief sie und kurze Zeit später steckte auch schon eine ihrer Zofen den Kopf durch die Tür.

"Mylady, ich habe Euch ein neues Kleid für den heutigen Tag mitgebr-", fing die junge Frau zaghaft an, wurde jedoch prompt unterbrochen.

"Ich werde es nicht brauchen", fiel Eldrid ihr ins Wort. "Ich werde heute auch keine Hilfe beim Ankleiden benötigen. Sag meiner Mutter, dass ich mich gleich auf den Weg in den Palast mache."

"Aber-", wollte die Zofe widersprechen, doch die Dunkelhaarige schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab.

"Du kannst jetzt gehen."

Die junge Frau zog erschrocken den Kopf ein und verschwand wieder. Ein wenig tat sie ihr leid, doch darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Als die Tür wieder zu ging, öffnete sie ihren Schrank. Es dauerte eine Weile, bis sie fand, was sie suchte. Es war so ziemlich das Einzige, was sie hatte, was halbwegs tauglich war. Auch wenn sie sonst zum Training immer nur einen kürzeren Rock getragen hatte, anstatt Hosen, war es so dennoch besser.

Hoffentlich würde ihre Mutter sie so jetzt nicht sehen. Sonst konnte sie sich auf was gefasst machen. Eine Standpauke und anschließendes Umziehen war da nur die Spitze des Eisbergs. Eilig zog sie sich an, bevor sie das Haus verließ, immer darauf bedacht, dass sie niemand entdeckte.



Ungefähr zeitgleich im Kerker

Thor lief auf die Zelle seines Bruders zu, welcher ihn bereits genaustens beobachtete. Natürlich hatte er ihn sofort mitbekommen. Viel mehr außer Bücher lesen und in der Gegend herum zu starren, hatte er ja auch nicht wirklich was zu tun. Doch es war die gerechte Strafe für ihn.

"Thor. Nach so langer Zeit besuchst du mich nun." Loki kam ihn in seiner Zelle bereits entgegen und als der Donnergott vor der magischen Scheibe zum Stehen kam, standen sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder gegenüber. Ja, er hatte es vermieden, ihn zu besuchen. Vielleicht sollte er sich deswegen schlecht fühlen, doch es gab dank Loki ja so viel zu tun. Aufstände mussten niedergeschlagen und der Frieden in den neun Welten zurückgebracht werden. Wohlmöglich war es aber auch nur eine Ausrede, denn wenn Thor ehrlich war, gab es bis zu diesem Tag nicht wirklich etwas, was er seinem Bruder zu sagen hatte. "Wieso?", wollte Loki wissen und lehnte sich ein Stück vor. "Um dich zu ergötzen? Um zu spotten?"

Liebe ist ein Dolch *Loki FF*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt