Kapitel 3

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New York


Ohne groß auf Loki zu achten, lief Eldrid an der gläsernen Wand zu dessen Zelle entlang. Es war recht... ungewohnt... ihn so zu sehen. Doch wirklich schockieren tat es sie nicht. Immerhin musste irgendwann der Tag kommen, an dem er für seine Taten die Konsequenzen tragen musste. Dass dies nun ausgerechnet hier auf Midgard geschah, war jedoch ein wenig wunderlich. Von Menschen gefangen genommen. Es klang für sie fast schon wie ein Witz, auch wenn Thor ebenfalls daran beteiligt gewesen sein musste.

Scheinbar beiläufig strich sie sich über den weit auslaufenden Rock ihres Kleides. Der feine, blassgrüne Stoff fiel weich über ihren Körper. Die kleine, goldene Korsage, welche ihre Taille betonte, bestand aus zarten Ranken, die ihr hin und wieder unangenehm in die Seite stachen. Doch es war ein auszuhaltender Schmerz. Ein guter Schmerz. Er erinnerte sie daran, dass das hier echt war.

Immer wieder wiederholte der Schwarzhaarige die Frage, was sie denn hier wollte. Und, auch wenn sie vorerst nicht darauf antwortete, so musste sie sich insgeheim selbst die Frage stellen. Was wollte sie hier eigentlich? Thor und den Avengers, wie sie sich nannten, helfen? Wohl eher nicht, zumindest war das für ihre Entscheidung nicht ausschlaggebend gewesen. Wenn sie ehrlich war, war sie im ersten Moment nicht einmal geschockt gewesen, dass Loki wirklich noch am Leben war. Was also hatte sie dazu gebracht, sich von Heimdall hierherbringen zu lassen?

"Warum hast du das getan?", fragte sie schließlich und blieb direkt vor ihm stehen. Seine Augen schienen so voller Wut, als er sie ansah. Etwas, was sie von ihm gar nicht kannte. Zumindest nicht ihr gegenüber. Doch was hatte sie schon erwartet? Dass er ihr freudestrahlend in die Arme fallen würde? Gewiss nicht. Nicht, dass es in dieser Situation überhaupt möglich gewesen wäre.

Ihr ehemaliger Verlobter lachte hämisch auf und trat einen Schritt von der Scheibe zurück. "Das ist es also, was du hier willst? Hast du dich von diesem Dummkopf so einlullen lassen, dass du jetzt auch bei seinem kleinen Spielchen mitmachst?"

Eldrid seufzte und schüttelte den Kopf. "Du bist doch der, mit der Silberzunge. Dein Bruder war noch nie wirklich eloquent", meinte sie und legte den Kopf ein wenig schief, während sie ihn betrachtete. Sein Haar war ein wenig länger geworden, musste sie feststellen. Nicht dass es sie stören würde.... nicht, dass sie auch nur irgendein Recht hatte, sich dazu zu äußern. Zumindest jetzt nicht mehr.

"Er ist nicht mein Bruder." Loki spie die Worte förmlich aus.

"Er war es", erwiderte die Brünette daraufhin und sah dabei zu, wie er anfing, wieder in seiner Zelle auf und ab zu gehen. "Und er wird es auch immer sein, egal wie du es sehen möchtest."

Loki schnaufte abfällig. "Er ist es aber nicht. Ich bin ein Monster. Ein Eisriese. Nichts wird daran etwas ändern."

"Ist es das?", fragte sie wirklich interessiert. "Siehst du dich selbst so?"

"Ich weiß es. Odin hat mich mein ganzes Leben lang belogen", beantwortete er ihre Frage, nun etwas leiser geworden. Man merkte deutlich, wie ihn dieser Umstand immer noch zusetzte. Wahrscheinlich würde sich das so schnell auch nicht ändern.

Die junge Asin schüttelte den Kopf. "Er hatte seine Gründe, das weißt du."

Wieder lachte er hämisch und blieb vor ihr stehen. Die Wut brannte immer noch in seinen Augen, jetzt noch stärker als zuvor. "Ich war nie mehr als ein Mittel zum Zweck."

"Das stimmt doch gar nicht", versuchte Eldrid den Allvater in Schutz zu nehmen. Nie würde sie sich abfällig über ihn äußern können. Trotz allem was geschehen ist. Immerhin konnte sie ihn verstehen, zumindest ein wenig. "Vielleicht war es anfangs so, doch tief in dir drin weißt du, dass sich das geändert hatte. Er wollte dich nie verletzen. Für ihn warst du sein Sohn, bist es immer noch. Odin liebt dich."

Liebe ist ein Dolch *Loki FF*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt