16. Kapitel - Die Zeiger hören sich nicht zu drehen auf...

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Nachdem ich zum letzten Mal meinen Blick durch die Anwesenden schweifen hatte lassen, folgte ich Newt. Als ich den Raum verließ, stand ich in einem dunklen Gang. Wie das ganze Gebäude war er aus purem Beton und an den Wänden hingen Glühbirnen, die durch ein Kabel miteinander verbunden waren. Im Gang befand sich niemand.
Ein paar Atemzüge blieb ich stehen, bis ich mich in Bewegung setzte und links abbog. Rechts befand sich eine Sackgasse, die mit einem Fenster endete. Dieses war abgeklebt, doch es bekam keine weitere Aufmerksamkeit von mir.
Meine Füße bewegten sich über den Boden und nach dem Gang gelangte ich in den offenen Komplex, der sich Etage für Etage durchs Gebäude zog. Die Halle wirkte düster, denn es gab nur Glühbirnen. Alles erinnerte mich ein wenig an Jorges Lagerhalle, auch dort war es dunkel gewesen.
Ich erkannte, dass viele Menschen bereits schliefen, denn ohne Tageslicht gab es wenig zu tun. Etwas, das ich noch nie verstanden hatte, denn ich hatte immer zu viel zu tun. Besser gesagt, ich gab mir beim Rechten Arm immer zu viele Aufgaben. Jetzt war ich nicht beim Rechten Arm, sondern hier.
Mein Blick schweifte weiter umher. An den Eingängen sah ich Männer mit Waffen, die alles streng im Blick hatten. Wie Statuen standen sie da, wirkten jedoch entspannt. Wahrscheinlich gab es selten Auffuhr unter den Leuten, die hier lebten, was einiges über Lawrence verriet.

Mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich mich von ihm fernhalten soll, gleichzeitig wirkt er wie ein guter Anführer. Ja, ein Anführer, mit einem großen Hass gegenüber Wicked, aber diesen Hass teilen viele.

Den vielen Personen gerecht, herrschte eine gemischte Geräuschkulisse. Aus ein paar Ecken ertönte Schnarchen, dann vernahmen meine Ohren die leisen Gespräche von Lawrences Mitglieder. Auch ein Kind, das aus einer Dose mit seinem Löffel die letzten Essensreste herauskratzte, hörte ich. Wieder andere spielten Karten oder wärmten sich in den Ecken des Raumes ihre Hände an einem Feuer, das von einem Soldaten bewacht wurde.
Ich nahm diese Eindrücke auf und setzte meinen Weg fort; ich wollte schließlich mit Newt sprechen. Er schien aufgekratzt zu sein und ich nahm an, dass ihn diese Reise mitnahm. Wir hatten viele Monate geplant, Minho zu retten, doch hatten versagt. Jetzt waren wir hier, in der Nähe einer Stadt, in welcher Minho war. So nahe an ihm, trotzdem trennten uns gefühlte Meilen.
"Wenn du einen großen Blondhaarigen suchst, dann hier entlang", holte mich eine Stimme aus der Welt meiner Gedanken und ich sah nach rechts. Ein Mann mit einer Waffe war an mich herangetreten. Ich musterte ihn forschend. Er hatte dunkles Haar und Bart. Seine Kleidung war braun und grün und er trug einen Brustpanzer. Auf seinem Gürtel war eine Gasmaske befestigt, an seinem Hals erkannte ich eine Kette, welche ein Holzkreuz zeigte.

Mein Vater hat mir vom Glauben vieler Menschen erzählt, dachte ich, Götter, oder nur ein Gott, denn da sind die Menschen sich nicht einig, sollen die Welt und Menschen erschaffen haben. Als der Brand jedoch gekommen ist, die Welt zerstört hat, haben viele ihren Glauben verloren, während andere darin die Bestrafung der Menschheit aufgrund vieler Sünden gesehen haben.
Religion, ein komisches Konzept für mich, denn mein Vater war nicht gläubig. Ebenso konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Gott so etwas für seine Geschöpfe gewollt hätte. Oder es war die Macht eines anderen, bösen Gottes; des Teufels.
Eine Welt, vom Brand regiert, in der die Menschen zu Monster werden. Nicht nur die Cranks, denn auch alle anderen Menschen können zu Monster werden.

In der Gegenwart nickte ich dem Mann zu, bedankte und schritt auf die metallene Tür zu, die er mir gezeigt hatte. Darauf ging er zurück auf seinen Posten. Kurz sah ich ihm nach, bis ich meinen Kopf schüttelte und die Tür öffnete. Das Schloss fehlte und die Tür war schwer.
Hinter dieser kam ich ins Treppenhaus und während ich zur Treppe ging, fiel die Tür hinter mir zu. Ich wurde in völlige Dunkelheit gehüllt, doch als sich meine Augen an sie gewöhnt hatten, ging ich die Treppe nach oben. Wir befanden uns zwei Ebenen unterm Dach, aber ob Newt auf diesem war? Ich wusste, dass er die Höhe nicht leiden konnte, doch wenn er allein sein wollte, würde er nicht nach unten gehen.
Ebendeswegen entschloss ich mich, die Treppen weiter nach oben zu gehen. Diese bestand überraschenderweise aus Metall und ich hatte sie bereits skeptisch beäugt, als ich sie das erste Mal gesehen hatte. Jeder meiner Schritte erzeugte ein metallenes Geräusch, sodass ich mich in die Gitterbox auf der Lichtung zurückversetzt fühlte. Ich konnte es kaum glauben, doch die Lichtung war bereits zur Vergangenheit für mich geworden. Jedoch, die Personen, die ich dort kennengelernt hatte, waren es nicht, warum ich folglich an die frische Luft trat.
Oben am Dach war wieder kein Schloss in der Tür und es war ein Dach wie jedes andere. Die Ränder hoben sich ein Stück ab, in der Ferne entdeckte ich viele weitere Gebäude und rechts entfernt saß Newt. Seltsamerweise ließ er seine Füße über dem Abgrund baumeln.
"Die Höhe ist gar nicht so schlimm, wenn man länger darüber nachdenkt. In der Welt gibt es weitaus Schlimmeres...", sprach er und schien meine Schritte wahrgenommen zu haben.

Bis zum letzen Atemzug | Newt Ff / Teil 3 ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt