50. Kapitel - Neues Leben

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Rosalys Sicht:

Passierte das gerade wirklich? Umarmte ich Newt, der aufgewacht war, als ich bei ihm gewesen war? Nicht nur aufgewacht, nein, er hatte sogar mit mir gesprochen...

Für die nächsten Sekunden suchte ich nach allen Hinweisen, die darauf hindeuteten, dass es sich um einen Traum handelte. In meinen Träumen wusste ich nie, wie ich an einen bestimmten Ort gekommen war, doch jetzt wusste ich es.
Es waren zwei Tage seit Thomas' Erwachen vergangen. Gerade war es Vormittag und ich war zu Newt gegangen, nachdem Gally mich von seinem Arbeitsplatz verscheucht hatte. Natürlich wirkte er jetzt weniger einschüchternd als noch auf der Lichtung, doch ich hatte es geschafft, den Hammer auf seinen Fuß fallen zu lassen.
Mein Dad hatte mich heute bei den Bauarbeiten mit einbezogen, doch ich war froh, dass meine Unfähigkeit dazu beigetragen hatte, zu Newt zu gehen. Im Sicheren Hafen war ohnehin deutlich geworden, dass ich wirklich nichts konnte, also nur mit einer Hand, das dazu beitrug, diesen Ort zu unserem Zuhause zu machen.
Ich war also zu Newt gegangen und hatte ihm vom heutigen Tag erzählt, dann war mir eingefallen, dass ich ihm noch nicht vom Stein erzählt hatte. Genau da war Newt aufgewacht.

Newt!

Nein, es war kein Traum. Hier bei mir war Newt und ich ließ ihn nicht los. Vielleicht erdrückte ich ihn, doch es war mir egal. Ich war zu glücklich, dass ich keinen logischen Gedanken mehr formen konnte. Mein Herz drohte, aus meiner Brust zu springen und jetzt waren alle trüben Gedanken unwichtig. Hier war Newt, er war wach und umarmt mich auch.
Ich spürte Newts Arme um mich, mein Kopf war in seiner Brust vergraben. Ich hörte seinen Herzschlag, der plötzlich schneller als die letzten Tage war. Ein weiterer Beweis, dass Newt nicht mehr bewusstlos war, ich mir das alles nicht einbildete.
Im nächsten Moment löste ich mich von Newt, um ihn genauer anzusehen. Zwar hatte man in den letzten zwei Tagen stetig eine Verbesserung seines Zustandes feststellen können, denn kein Blutgefäß auf seinem Körper war mehr dunkel verfärbt. Trotzdem legte ich meine Hände auf seine Wangen, dann strich meine linke Hand Newts Haare nach hinten. Seine Stirn war kühl und seine Augen sahen normal aus.
Ich konnte keine Anzeichen finden, dass Newt nicht gesund war. Er wirkte etwas geschwächt, doch nach einer Woche im Bett ohne Essen und nur die Mengen an Flüssigkeiten, die wir in ihn hineinbekommen hatten, wäre jeder von uns geschwächt.
Dazu kam der Brand, der sich bereits in Newts ganzen Körper ausgebreitet hatte. Er war nicht so früh wie bei Brenda behandelt worden, sondern das Virus hatte sich bei Newt von seinem Arm, bis in seine Lunge und seinen Kopf ausgebreitet. Ich dürfte also mehr als erleichtert sein, obwohl mein Gegenüber mich gerade ein wenig überfordert ansah.
Ich belagerte Newt. Es schien ihn nicht zu stören, aber er schien sich zu fragen, was passiert war. Schließlich war er plötzlich an diesem Ort aufgewacht, der nicht der alte Hafen war, in einer Hütte, die ihm fremd war. Nur ich war bei ihm, und ich war froh, dass es so gekommen war. Jedes Mal, wenn ich aus der Hütte gegangen war, hatte ich mich schlecht gefühlt, denn ich hatte bei Newt sein wollen, wenn er wach würde.

Und jetzt ist er wach.

Ich unterdrückte das Verlangen, den im Bett unter mir liegenden Jungen noch einmal zu umarmen, denn Newt hob seine rechte Hand und legte sie auf meine Wange.
"Du weinst..."
"Weil ich erleichtert bin", erwiderte ich ruhig.
Man sah Newt an, dass in seinem Kopf alles auf Hochtouren lief. Schlussendlich fiel sein Blick auf seinen Unterarm, wo seine Infektion mit dem Brand begonnen hatte. Jetzt waren dort nur mehr verdickte Linien zu sehen, die das Muster des Brands trugen, doch geheilt waren. Sie wirkten ein wenig wie frische Haut, leicht rosa, und vielleicht würde diese seltsame Narbe in einigen Jahren verschwinden oder nie.
Newt schien in diesem Moment zu realisieren, dass er aus irgendeinem Grund geheilt war. Schließlich war er nicht immun und er hatte bestimmt geglaubt, dass er sterben würde.
"Ja, du hast überlebt", stellte ich für ihn klar, "Du hättest bessere Chancen gehabt, wenn man dich früher behandelt hätte. Nur nebenbei erwähnt."
Mit dem letzten Satz erfüllte ich mein Versprechen, ein wenig sauer auf Newt zu sein, weil er mir nichts erzählt hatte.
"Es tut mir leid", waren die nächsten Worte, die Newts Kehle verließen. Sein Daumen fuhr sanft über meine rechte Wange, doch ich schüttelte schnell meinen Kopf.
"Schon gut. Ich bin dir nicht mehr böse; ich selbst wäre auch fast gestorben."
Als Newt etwas sagen wollte, schüttelte ich wieder meinen Kopf und meinte: "Später; du bist sicher verwirrt", Newt nickte leicht, "Wir, also die anderen haben es geschafft, dich mit dem Serum zu behandeln. Du musst wissen, Brenda lebt nur, weil Thomas sie geheilt hat. Thomas' Blut ist das Heilmittel. Es bekämpft den Brand nicht nur, sondern haltet ihn auf."
Newt setzte sich plötzlich auf. Ich kniete links neben ihm am Bett, wollte Newt davon abhalten, doch sein Sturschädel gewann. Er saß folglich vor mir, seine rechte Hand immer noch auf meiner Wange, während er sich in der Hütte umsah.
"Wo...?"
"Wir sind im Sicheren Hafen. Das alles haben wir gebaut. Die anderen sind draußen und wir sind seit einer Woche hier", beantwortete ich alle Fragen, die Newt in den Sinn kommen könnten.
In seinem Kopf ratterte es jedoch weiter, dann fiel sein Blick auf meine rechte Hand. Diese befand sich in einem dicken Verband mit einer Schiene, da wir keinen Gips herstellen konnten. Besser gesagt, ich war überrascht gewesen, dass man in der Alten Welt vor dem Brand, Brüche eingegipst hatte.
"Was ist passiert?"
"Wie gesagt, ich wäre auch fast gestorben", begann ich, presste meine Lippen zusammen, dann erzählte ich Newt im Schnelldurchlauf, was alles passiert war, doch nicht zu viel, um ihn nicht zu überfordern.
Ich erzählte ihm, dass Liv und Thomas ihm das erste Serum verabreicht hatten, doch er ein zweites bekommen hatte. Ich erzählte, wie ich in der Zwischenzeit mit Paige gesprochen hatte, nachdem wir alle Teresas Ansage gehört hatten. Die anderen hatten Newt und die Immunen verladen, während Sara und Thomas mich suchen gegangen waren. Thomas' Teil der Geschichte erzählte ich nur oberflächlich und erklärte Newt, dass ich nach Paiges Tod nicht einmal mehr die Kraft gehabt hatte, selbst zu flüchten.
Ich erzählte ihm, dass ich nur wegen Sara und Thomas hier war, doch vor allem wegen Sara. Bei der Flucht aus dem Tower hatte ich mir mein Handgelenk gebrochen, und ich versuchte, Newt schonend zu erklären, dass zwei Hochhäuser eingestürzt waren, doch er nahm diese Neuigkeit nicht gelassen auf.
"Beim alten Hafen habe ich dich dann gesehen, auch Thomas. Es war schrecklich, ich war die ganze Zeit bei dir, dann sind wir gefahren, übers Meer hierher."
Es war mir schwergefallen, über alles zu reden. Tränen glitzerten in meinen Augen, und als Newt mich umarmte, begann ich zu weinen.

Bis zum letzen Atemzug | Newt Ff / Teil 3 ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt