Nachdem mich Gally abgeholt hatte, bewegten wir uns durch den Gebäude-Komplex. Meine Augen musterten alles genau und ich war achtsam. Ich wusste, dass ich mich mit der Information, vom Rechten Arm zu sein, angreifbar gemacht hatte, doch einstweilen befürchtete ich nichts. Gally hingegen bemerkte meinen Blick und sagte: "Lawrence mag zwar nicht so wirken, aber euch passiert hier nichts."
Ich traf Gallys Blick, war nicht überzeugt. Die vielen Bewaffneten machten es nicht besser, doch immer noch hatte ich meine Pistole. Uns waren unsere Waffen nicht abgenommen worden. Etwas, das mich beruhigen sollte, tat es aber nicht.
"Er ist ein Geschäftsmann", erwiderte ich, "Wenn wir ihm nichts geben können, was er will, wird er nicht mehr nett sein."
Mein Nebenmann schwieg auf diese Worte kurz, dann sagte er: "Aber du hast Lawrence etwas angeboten? Thomas ihm auch."
Es war mehr eine Frage, die verdeutlichte, dass Lawrence Gally nur erzählt hatte, dass wir vom Rechten Arm kamen.
"Mein Vater hat-", weiter konnte ich nicht sprechen, denn Gally unterbrach: "Warum kannst du dich eigentlich erinnern?"
Zusammen schritten wir durch die Halle, kamen zu einer Metalltüre, hinter der ein Treppenhaus war. Die Fenster im Raum gaben einen schwarzen Himmel preis, doch Gallys Blick war dermaßen auffordernd, dass ich mich ihm wieder zuwandte.
Er hielt mir die Tür auf und ich sprach: "Auf der Lichtung habe ich begonnen, mich zu erinnern. Ja, nicht nur Thomas."
"Und warum?", Gally ignorierte meine Anspielung auf Thomas.
"Weil ich vom Rechten Arm komme, mein Vater der Anführer ist, und mir jemand in Wickeds Reihen geholfen hat. Der Rechte Arm hat ihre Tochter gerettet."
"Also warst du bei einer Mission dabei?"
"Ich war schon bei vielen Missionen dabei", korrigierte ich.
Gally rollte mit seinen Augen und wir betraten das Treppenhaus. Es roch nach Stein und die Luft war trocken. Die Fenster waren zersplittert, weswegen trockene Luft der Brandwüste hereinkam, doch ich beachtete sie nicht. Stattdessen blickte ich auf Gallys Rücken, als er vor mir ging.
"Du hast also schon im Labyrinth gewusst, was hier in dieser Welt abgeht?"
"Nein, meine Erinnerungen sind bruchstückhaft zurückgekommen", erklärte ich, setzte einen Fuß vor den anderen, "Nach dem Labyrinth waren wir kurz bei Wicked in einem Auffanglager, daraus sind wir geflohen. In der Brandwüste ist dann Winston gestorben, wenn du dich vielleicht gewundert hast, dass er nicht mehr bei uns ist. Ich hab' mich langsam an den Rechten Arm erinnert und zusammen haben wir uns auf den Weg gemacht. Wir haben Jorge und Brenda getroffen, den Mann und das Mädchen. Die zwei, die du nicht kennst. Schlussendlich haben wir den Rechten Arm erreicht, dort hat uns Teresa verraten. Deswegen kann sie niemand leiden und deswegen ist sie wieder bei Wicked. Sie hat den Rechten Arm verraten, nachdem Wicked heimlich ihre Erinnerungen im Auffanglager wiederhergestellt hat, und Wicked hat Bomben auf uns geworfen. Minho und Emilia sind entführt worden. Emilia haben wir bei der letzten Mission zurückbekommen, aber Minho fehlt noch."
Wir gingen zwei Stockwerke nach oben, abermals hielt Gally mir die Tür auf. Unsere Blicke trafen sich und er fragte: "Warum erzählst du mir das alles?"Ja, warum erzähle ich dir das?
Ich zuckte mit meinen Schultern, meinte: "Ich glaube, weil ich dich jetzt anders sehe."
"Inwiefern?", Gally klang, für meinen Geschmack, zu heiter, als er mir zunickte und ich in einen weiteren Raum trat, der so groß wie der zwei Stöcke weiter unten war. Auch hier waren viele Menschen und die meisten lagen in ihren Schlaflagern.
"Keine Ahnung", seufzte ich, "durch meine zurückgekehrten Erinnerungen verstehe ich dich irgendwie, warum du auf der Lichtung so warst."
"Aha, pass auf, du zeigst mir gerade, dass du ein Herz hast."
Ich rollte mit meinen Augen.
"Du denkst auch, dass dich jeder hasst, oder?", fragte ich, weil Gally wie ein trotziges Kind wirkte, das zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hatte, deswegen glaubte, dass jeder ihn hasst.
"Hm", machte er, während wir durch einen Pfad zwischen den Feldbetten und sonstiges gingen, "Sagen wir so, ich bin mir bewusst, dass ich keine einfache Person bin, aber deswegen hassen mich nicht alle. Weißt du, selbst Liv hasst mich nicht einmal wirklich, aber das wird sie sich nie eingestehen. Wir waren lange auf der Lichtung, trotzdem habe ich ihr nie etwas getan. Unsere Meinungen sind oft auseinandergegangen."
Kurz schwieg ich auf seine Worte, doch entdeckte in ihnen keine Lüge. Ich erinnerte mich, dass Liv auf der Lichtung Gally zwar oft als Strunk bezeichnet hatte, aber weiter nichts.
"Gut, dann nehme ich meine Worte zurück", murmelte ich, "Du bist einfach so griesgrämig, liegt wahrscheinlich in deiner Natur."
"Diese Aussage akzeptiere ich."
Nachdem seine Worte verhallt waren, setzten wir unseren Weg schweigend fort. Ich schüttelte meinen Kopf, als ich daran dachte, dass ich mit Gally normal gesprochen hatte. Weiter dachte ich darüber aber nicht nach.
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Bis zum letzen Atemzug | Newt Ff / Teil 3 ✔
FanficVor uns die Entscheidung auf ein sicheres Leben, trotzdem können wir nicht abschließen. Wicked hat uns unsere Freunde genommen, Wicked nimmt sich immer alles. Das Böse breitet sich eben aus. Können wir das zulassen? Können wir einfach gehen und ih...