Zusammen mit Newt ging ich in den Raum, den mein Vater für Besprechungen nutzte. In der letzten Zeit war ich oft hier gewesen, als wir die heutige Rettungsmission geplant hatten.
Jetzt schien Thomas wieder etwas vorzuhaben, denn als ich den Raum betrat, breitete er eine Karte auf dem Tisch in der Mitte aus. Wir anderen versammelten uns um den Tisch herum. Der dunkle Raum wurde von einigen Lampen beleuchtet, dessen warmes und kaltes Licht an die Betonwände strahlte. An den Wänden entdeckte ich ebenfalls allerlei Karten, die der Rechte Arm in all den Jahren gesammelt, sogar selbst angefertigt hatte.
Mein Blick fiel jedoch auf Thomas, der meinem Vater gegenüberstand. Thomas tippte mit seinem Finger auf die vergilbte Karte, die bereits einige Löcher aufzuweisen hatte.
Der Anführer des Rechten Arms war in diesem Moment wie ein offenes Buch zu lesen, zumindest für ich. Er schien zu ahnen, was Thomas vorhatte, ließ ihn dennoch sprechen.
"Da, das ist es", Thomas stützte die Ellenbogen auf der hölzernen Tischplatte ab und seine Brust war in ein blaues Oberteil gehüllt, "es sind ein paar hundert Meilen, der Verlauf der Eisenbahnlinie. Alles, was Aris erzählt hat, deutet auf diesen Ort hin. Dahin bringen sie Minho."
Meine Augen wanderten zwischen Thomas und meinem Dad hin und her. Von meinem Blickwinkel war Thomas links und mein Vater rechts. Liv stand neben Thomas und ihre Augen musterten die Karte.Sie will Minho retten, schlussfolgerte ich allein an ihrem Blick, egal, was sie dafür tun muss.
"Wir nehmen jeden mit, der kämpfen kann. Wenn möglich, benutzen wir die Straßen. Wir könnten in einer Woche zurück sein."
"Eine Woche?", fragte mein Vater und deutete auf die Karte, wo wir uns gerade befanden, "Wir haben sechs Monate gebraucht, um hierherzukommen, mit all den Verletzten nach dem Angriff und den Immunen. Wir haben inzwischen über ein Hundert von den Kids hier. Wir können hier nicht ewig 'rumhängen, nach der Nummer, die wir gerade abgezogen haben. Du willst zu irgendeinem Punkt auf der Landkarte marschieren? Du weißt ja nicht 'mal, was da ist!", verlief das Gespräch wie erwartete und ich saß neben Newt, der einen Schluck Tee aus einer blauen Tasse nahm.
"Ich schon", mischte sich eine andere Stimme ein und es war Jorge, der mit Brenda ebenfalls anwesend war.
Der Mann kam zu uns herangetreten, sein Blick auf die Karte gerichtet. Wie immer war er elegant gekleidet und die Kette seiner Taschenuhr funkelte im Schein der Lampen an seiner Hosentasche.
"Es ist zwar schon ein paar Jahre her, aber ich war dort", setzte Jorge fort und deutete beim Näherkommen auf die Karte. Seine Pistole war in einem Brustholder fixiert, infolgedessen sprach er weiter: "Die Letzte Stadt, so hat Wicked sie genannt. Das war ihr Hauptquartier", er kam noch näher, "Wenn diese Stadt noch steht, ist das der letzte Ort, zu dem du willst, hermano. Das ist die Höhle der Löwen."
Er stand nun neben meinem Dad und blickte Thomas entgegen. Jorge schien die Meinung meines Vaters zu teilen, dass dieses Unterfangen zu gefährlich wäre.
Generell vertrug sich mein Dad erstaunlich gut mit Jorge, wenn man bedachte, dass er Brenda erschießen wollte, als sie infiziert gewesen war. Es hatte seine Zeit gebraucht, bis Jorge meinem Dad verziehen hatte, wahrscheinlich hatte er es noch nicht ganz, aber die zwei verband etwas.Sie haben beide jemandem, für den sie alles tun würden, dachte ich.
Brenda war für Jorge wie eine Tochter und das war etwas, das der Anführer des Rechten Arms nur allzu gut nachempfinden konnte. Der einzige und größte Unterschied zwischen ihnen war, dass Jorge feuriger war. Er war der Typ Mann, der sich eher noch in eine unüberlegte Situation stürzen würde und erst im Geschehen einen Plan schmieden würde.
Mein Vater hingegen tat nichts, ohne alle möglichen Ausgänge zuvor zu überdenken."Das wär' nicht das erste Mal, dass wir so 'was machen.", Thomas sah Jorge an, dann meinen Dad.
"Aber ohne monatelanger Planung! Ohne verlässlichen Informationen und einem Überraschungsmoment!", erklärte mein Vater, "Thomas, selbst das heutige Unterfangen hat uns so viel Zeit gekostet, auf die Beine zu stellen. Jetzt haben wir nichts davon!", erinnerte er Thomas an den Ernst der Lage.
"Ich hab' d'rüber nachgedacht und-"
"Hör zu!", unterbrach der Anführer des Rechten Arms, "Das letzte Mal, als wir so schlecht vorbereitet waren, hab' ich alles verloren! Hast du das vergessen?! Ich werde nichts riskieren, wenn du nur einmal darüber nachgedacht hast."
Thomas schwieg, glotzte verdrossen auf die Tischplatte.
Mein Dad atmete ruhig ein und aus, dann meinte er: "Ich weiß, es geht um Minho, euren Freund, aber du kannst nicht verlangen, dass ich das Leben aller Kids hier riskiere, und zwar für nur einen Mann. Das werde ich nicht machen."
Seine Worte hatten etwas Endgültigesm, und dieses sickerte in alle Anwesenden ein. Sie realisierten, dass es in dieser Sache um mehr ging. Es war eine Frage der Moral; würde man ein Leben oder das vieler retten?
Stille breitete sich über uns aus. Im Radio hinter uns erklang darauf ein Rauschen, dann wurde es zu Stimmen, die nichts Gutes bedeuteten.
"Sektor-A sauber", kam es undeutlich und wir alle sahen uns alarmiert an. Es handelte sich um die Funkkanäle Wickeds, die wir belauschten.
"Licht ausmachen, Licht aus!", befehligte mein Vater und schnell machten wir es stockdunkel. Jorge rannte zum Hauptgenerator und schaltete diesen aus, sodass alle Lichter im Lager ausgingen. Mein Vater und Thomas liefen nach draußen, wo natürlich Wickeds Flugschiffe in einiger Entfernung über uns kreisten.
"Sie kommen näher", wisperte Liv, die mit mir nach draußen blickte und sie hatte recht. Draußen sah ich, wie mein Vater Thomas seine Hand auf die Schulter legte, denn dieser schien zu verstehen, dass wir wirklich von hier wegmüssten. Diese Tatsache gefiel niemandem von uns, doch sie war pure Realität.
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Bis zum letzen Atemzug | Newt Ff / Teil 3 ✔
FanfictionVor uns die Entscheidung auf ein sicheres Leben, trotzdem können wir nicht abschließen. Wicked hat uns unsere Freunde genommen, Wicked nimmt sich immer alles. Das Böse breitet sich eben aus. Können wir das zulassen? Können wir einfach gehen und ih...