9. Kapitel - Nach Wut kommt was?

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Rosalys Sicht:

Der Jeep rollte über den Untergrund hinweg und wir ließen den Crank-verseuchten Tunnel hinter uns.
Logischerweise kochte ich innerlich, drohte zu explodieren und meine Wut musste eine gewisse Aura abgeben. Zwar hatte ich mich den vier Strünken noch kein Wort gesprochen, da sie hinten auf der Ladefläche hockten, doch sie trauten sich nicht, mich anzusehen.
Jorge als Fahrer schien meine Wut ebenfalls zu bemerken, als er zu mir nach hinten durch den Fahrerspiegel schielte. Eine Wut, die vollkommen gerechtfertigt war, denn ohne uns wären die vier gestorben. Dazu wäre es noch ein qualvoller Tod gewesen.
Wären wir nur ein paar Sekunden später gekommen...

Ich will gar nicht daran denken.

"So, wir machen 'mal eine kleine Rast!", beschloss Jorge und schrie auch nach hinten zu den Vollidioten.
Gegenwärtig befanden wir uns in einer offenen Gegend. Die Berge waren jedoch nicht fern, warum die Vegetation ein paar Farbkleckse von Grün trug. Die Straße war alt und an wenigen Stellen erkannte man noch Beton. Der Rest war von Sand, Erde und Steinen bedeckt. Rechts von uns war ein Berghang, durch welchen der Tunnel geführt hatte, und auf ihm wuchsen trockene Kräuter.
Im folgenden Augenblick hielt der Wagen und ich fing den Blick von Emilia neben mir auf. In ihren Augen ließ sich eine ähnliche Emotion wie in meinen finden, wenn bei ihr auch die Erleichterung überwog, dass wir die vier gefunden hatten.
Ich hingegen war sauer, stinksauer.
Das lebte ich auch aus, als ich die Tür des Autos öffnete. Sie war mit Metallplatten verstärkt worden, doch ich schenkte ihnen keine Beachtung, auch nicht, als ich sie zu fest zuwarf. Die anderen stiegen ebenfalls aus, die vier Strünke sprangen von der Ladefläche.
"Ich bin beeindruckt", spottete Jorge, "ihr habt fast einen ganzen Tag durchgehalten."
Natürlich bekam er darauf dunkle Blicke, doch Newt, Liv, Thomas und Pfanne mussten sich eingestehen, dass sie ohne unser Eingreifen gestorben wären. Brenda und Emilia warfen den Vollidioten enttäuschte Blicke zu, die es in sich hatten.
Thomas war der Erste, der sich zu erklären versuchte: "Ich, wir wollten euch da nicht mit 'reinziehen."
Seine Worte entsprachen dem größten Klonk, denn ich jemals gehört hatte. Mein Blick wurde tödlicher. Thomas schwieg darauf und schluckte, als er meinen Blick auffing.
"Oh, wir hätten euer Verschwinden sowieso zu spät bemerkt", meinte Jorge schulterzuckend und lehnte sich gegen den Jeep. Entspannt verschränkte er seine Arme vor seiner Brust, anschließend ging sein Blick zu mir und setzte fort: "Ganz allein Rosaly hat euer Verschwinden zuerst bemerkt. Ich hab' gemütlich mein Frühstück gegessen. Bedankt euch, wenn ihr es denn überhaupt noch tun werdet, bei ihr."
Nach diesen Worten sahen mich die vier an und nacheinander musterte ich sie. Liv blickte auf ihre Füße, sah mich darauf entschuldigend an, wenn ich ihr den Versuch einer Rettung von Minho am wenigstens übelnehmen konnte. Pfanne bedankte sich bei mir, dann sprach er mit Emilia, von der er überrascht war, sie zu sehen. Die beiden gingen etwas vom Wagen weg und unterhielten sich. Wahrscheinlich entschuldigte er sich auch bei ihr.
Mein Blick fiel auf Thomas, denn Newt hatte in diesem Moment nur Ignoranz verdient.

Kalte Ignoranz, denn wenn ich ihn ansehe, will ich ihm den Hals umdrehen, zudrücken und viele weitere schlimme Dinge tun...

"Ich muss dazu sagen, dass nur Liv und ich zuerst aufbrechen wollten", erhob Thomas seine Stimme, "aber Newt und Pfanne haben uns gefunden, wie wir abhauen wollten. Es ist gefährlich, Minho zu retten."
"Ach wirklich?", kam es trocken von mir und mein Blick brachte ihn zum Schweigen, dann wollte Newt seine Stimme erheben, doch ich unterbrach ihn schneidend, meine Stimme wie ein Peitschenhieb: "Du sagst nichts, Newt!"
Liv sah zwischen uns hin und her. Es war gar so, als würde sie dem Blondhaarigen einen 'ich-hab's-dir-gesagt-Blick' zuwerfen.
"Es ist reines Glück, dass ihr lebt", ich sah sie alle noch einmal vernichtend an, "Wäre ich eine halbe Stunde später wachgeworden, wärt ihr jetzt tot. Lebt mit diesem Fazit ganz allein. Ihr seid einfach losgefahren, in euren Tod, verdammt! Dazu kommt, dass Newt und Pfanne euch, Liv und Thomas, nicht einfach gefunden haben; ich war in eurem Schlafraum und habe gesehen, dass ihr gepackt habt! Ihr habt es geplant, alle vier, wenn auch nicht zusammen!"
Ich wurde lauter, was bei mir nie gut ausging. Aus diesem Grund atmete ich versucht ruhig ein und aus, dann sagte ich: "Ich brauch' Abstand. Wir machen sowieso eine kleine Pause."
Darauf drehte ich mich um und ging von ihnen weg. Links von uns war eine weite Steppe mit trockenem Gras, auf die ich schritt. Ich stapfte wütend geradeaus, die Sonne kam von links.
Ich musste herunterkommen, denn am liebsten würde ich Newt seinen Kopf abreißen. Deswegen brauchte ich Ruhe, die mir aber nicht gegönnt wurde; natürlich musste Newt mir nachkommen.

Bis zum letzen Atemzug | Newt Ff / Teil 3 ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt