48. Eine lange Nacht in der Hölle

103 9 1
                                    

„Es ist kalt hier unten", sagte Ben, der versuchte, sich zu unterhalten, um sich abzulenken. Er vermisste Melvin wie verrückt, aber er war noch nie jemand gewesen, der lange traurig sein konnte. Er kam einfach mit den Dingen klar. Tonks war genauso und Shacklebolt auch, soweit er beurteilen konnte. Florence weinte immer noch viel und war beunruhigend still, wenn sie nicht weinte. Keiner von ihnen hatte in den letzten Tagen viel von McKinnon gesehen, so dass er nicht einmal wusste, wie es ihr ging.

Seit du weg bist, Kumpel, dachte Ben mürrisch, fällt alles auseinander.

Er sah zu Finch hinüber, deren Augen geschwollen waren und ihre Mundwinkel verzogen sich traurig nach unten. Er hatte die sonst so fröhliche Finch die ganze Woche nicht einmal lächeln sehen.

„Ist dir kalt?", fragte Ben und Finch sah zu ihm hinüber. Er fragte sich, ob sie ihn überhaupt gehört hatte und überlegte, ob er seine Frage wiederholen sollte.

„Ein bisschen", sagte sie etwas dick aufgetragen. „Warum? Ist dir kalt?" Ben zog seinen Umhang fester und fröstelte.

„Ich-" Er hielt seinen Atem an und starrte in die klare Luft, die neblig weiss war, dann blickte er stirnrunzelnd zu Finch. Die Fahrstuhltüren öffneten sich und ein schwarzer Schwarm Dementoren schwebte hinaus. Ben zählte fünf Dementoren, die einfach auf die andere Seite zur Arrestzelle schwebten. „Was machen die denn hier?", fragte er Finch, deren Augen leer waren. „Finch? Lyra?"

„Es tut mir leid, Melvin", flüsterte sie.

„Ich bin nicht Melvin", sagte Ben, der sie an der Schulter schüttelte. „Ich bin Ben."

„Es tut mir so leid", flüsterte Finch und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Sie setzte sich hin und begann zu schluchzen. Einer der Dementoren drehte seinen Kopf in Bens Richtung. Ben mochte die Dementoren nicht, aber er war in seinem Leben auch ziemlich behütet gewesen. Von seinen Freunden war er immer am besten davongekommen, wenn ihre Pflichten als Lehrlinge sie in Kontakt mit Dementoren brachten. Bis auf Melvin hatte er nie jemanden verloren, nie etwas Schreckliches gesehen, und sein grösstes Bedauern war sein Vorurteil gegen die Slytherins, das er mehr oder weniger überwunden hatte.

„Lyra?", sagte Ben und rüttelte erneut an ihrer Schulter.

„Tut mir leid", flüsterte sie. Er hätte seinen Job darauf verwettet, dass sie sich an den Morgen erinnerte, an dem sie Melvin gefunden hatte. Als Aurorin hatte sie schon einige schreckliche Dinge gesehen, aber er glaubte, dass es dieses Mal wahrscheinlich noch schlimmer gewesen war, weil sie Melvin persönlich gekannt hatte. Er war nicht einfach ein namenloser Fremder gewesen. „Ich hätte antworten sollen, ich hätte ihn nicht einfach brennen lassen sollen..." Der Fahrstuhl öffnete sich erneut und fünf weitere Dementoren schwebten hinaus.

„Hey!", rief Ben über seine Schulter. Er zückte seinen Zauberstab, obwohl er wusste, dass er nicht viel bewirken würde; er hatte nie gelernt, einen Patronus zu zaubern. „Hey! McDuff! Louisson! Yaxley! Hey! Hilfe!"

„Wellingt-" McDuffs Kopf erschien durch die Gitterstäbe von Blacks Zellentür. „Oje. Yaxley, weck Louisson. Schnell, Mädchen!"

„Bleibt zurück!", warnte Ben, aber die Dementoren schwebten weiter. „Depulso. Ventus." Keiner der beiden Zauber war sonderlich effektiv.

„Dementoren", hörte er McDuff sagen.

„Ich sagte doch, ich kann sie spüren", sagte eine unbekannte männliche Stimme, die besorgt klang. „Ich dachte, Scrimgeour hätte ihnen gesagt, sie sollen wegbleiben."

„Das hat er auch", antwortete Louisson. „Bleib in Deckung, Black, wir sind gleich wieder da." Die Tür öffnete sich und McDuff, Louisson und Yaxley traten mit erhobenen Zauberstäben hinaus. Louisson ging direkt zu Finch, während McDuff zu den Dementoren stapfte. Yaxley kam nervös neben Ben zu stehen.

Innocent [Harry Potter Fanfiktion]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt