55. Zeugen

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„Es tut mir leid", sagte Remus leise, als ein Flüstern ausbrach. Er war sich nicht sicher, mit wem er sprach.

Er hätte es an Malfoy richten können, der wütend zu ihm blickte, weil er all die Monate ihre gemeinsame Zeit verschwendet hatte. Er hätte es auch an den teilnahmslosen Snape richten können, der von Anfang an vermutet hatte, dass Remus Sirius half. Das stimmte zwar nicht, aber Snape war öfter gescholten worden, als Remus zählen konnte, weil er ihm nicht vertraute, obwohl er schon seit einer Weile Recht hatte.

Er hätte es an McGonagall, Hagrid oder Mad-Eye richten können, die sich alle über die Jahre um ihn gekümmert hatten und ihn schon lange kannten. Jetzt wussten sie, dass er sie angelogen hatte und er wusste, dass es ihnen wehtun musste, denn jetzt dachten sie, dass sie auch bei ihm versagt hatten.

Er hätte es auch an Matt richten können, der verärgert und mehr als nur ein wenig besorgt aussah. Remus hatte ihm versprochen, dass er sich während der Verhandlung zurückhalten und keine Dummheiten machen würde. Ups.

Er hätte es auch an Dora richten können, deren Haar weiss vor Schreck war. Sie sah völlig erschüttert aus. Etwas in ihm zuckte zusammen und er hätte ihr fast tröstend die Hand auf die Schulter gelegt, aber er glaubte nicht, dass sie das gutheissen würde.

Er könnte es auch an Harry gerichtet haben, denn wenn die Sache schief ging, sässen er und Sirius in Askaban und Harry wäre wieder allein.

„Witzig, Lupin", sagte Sirius und alle verstummten. „So viele Jahre sind vergangen und du hast immer noch deinen Sinn für Humor." Remus verdrehte die Augen; Sirius wollte ihm die Chance geben, alles als geschmackloser Scherz abzuwinken. Remus wusste die Geste zu schätzen, aber er hatte seine Entscheidung getroffen. „Ich schätze, das habe ich verdient-"

Remus' Hand streifte Harrys Haar auf dem Weg über die Tribüne. Eine Kamera blitzte hinter ihm auf. Scrimgeour und die anderen Auroren verfolgten seinen Weg mit erhobenen Zauberstäben.

Remus blieb ein paar Meter von Sirius entfernt stehen - er wollte nicht, dass jemand in Panik geriet und ihn betäubte. „Ich habe dich schon das letzte Mal allein gelassen, ich werde diesen Fehler nicht noch einmal machen."

Er sah zu Dumbledore, als er das sagte und glaubte, dass seine vorherige Entschuldigung vielleicht auch irgendwie an seinen alten Schulleiter gerichtet waren.

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„Nehmt ihn fest!" Auf der Tribüne brach Gemurmel aus, das von Fudge übertönt wurde. Remus' Augen weiteten sich und eine Träne rann über Dumbledores Wange. Jemand protestierte hinter ihm. „Wegen Beihilfe zu Sirius Blacks zahlreichen Verbrechen..."

„Nein!", sagte Sirius, als der Adler-Patronus, der die Dementoren bewacht hatte, sie auf Remus losgehen liess. Er untermauerte seine Stimme mit einem Schwall glücklicher Erinnerungen, um seinen Patronus zu beflügeln und war erleichtert, als die Dementoren aufhörten, Remus zu bedrängen.

„Ich bin der Zaubereiminister!", brüllte Fudge. „Ihr müsst euch vor mir verantworten, nicht vor Black! Nehmt den Verräter fest..."

„Ich sagte nein!", schnauzte Sirius. „Remus' Schicksal ist jetzt mit meinem verknüpft. Er ist kein Verräter, solange meine Schuld nicht bewiesen ist." Es entstand eine lange Pause, in der Fudges Gesicht langsam röter wurde, Umbridge vor sich hin kritzelte, Remus und Dumbledore sich gegenseitig anstarrten - es war unmöglich zu sagen, wer trauriger aussah - und Sirius' Herz laut in seiner Brust pochte.

„Holt Mr. Lupin einen Stuhl", rief Amelia schliesslich, die Remus einen eisigen Blick zuwarf. Ihr Befehl brachte ihr von den meisten Auroren leere Blicke ein, aber Shacklebolt stand auf und murmelte einen komplizierten Zauber, bevor ein Stuhl erschien, der dem von Sirius glich. Remus setzte sich mit würdevoller Miene und warf den Ketten einen eher unbeeindruckten Blick zu. Amelias Patronus wehrte die Dementoren wieder ab und Sirius warf einen Blick in Harrys Richtung, um sich zu vergewissern, dass er nicht von ihnen betroffen war.

Innocent [Harry Potter Fanfiktion]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt