Lukas
Es sind bereits alle abgehauen, bevor Lina aufwachte. Sie mussten sich fertig machen und wollten uns etwas noch etwas Zeit geben. Denn heute ist der Tag. Der Tag, der Linas wahrscheinlich schwierigster Tag sein wird.
Die Anhörung raubt ihr die letzten Nerven, selbst ich war mit ihren Ängsten überfordert. Anmerken lassen konnte ich mir das leider nicht. Es können nicht zwei daran zerbrechen und einer muss dafür stark bleiben, für uns. Und das war ich. Ich blieb stark solange Linas Gedanken sie einnahmen und überforderten.
Sie lief schon den ganzen Tag nervös in der Wohnung herum und stellte ständig alle Sachen um.
Ich ließ sie machen... Wenn es sie ablenkte, dann bin ich der letzte der was dagegen machen wird.Ich saß im Wohnzimmer am Handy und schrieb mit den Jungs. Auch die schienen nervös zu sein. Ich glaube aber eher, dass es wegen Nina ist und weniger um sie selbst. Wir vereinbarten, dass wir uns vor dem Raum treffen werden und gemeinsam reingehen werden. Für ein stärkeres auftreten. Und um Lina zu versichern, dass sie nicht alleine ist.
Bald müssten wir uns auch schon fertig machen und davor hatte ich etwas Angst. Ich hatte Angst, dass Lina sich in ihrer Welt vertiefen wird und zu viel nachdenken wird.Als wir im Auto saßen zupfte Lina ständig an ihrem Pullover rum. Beim fertig machen schien sie sich auf sich zu konzentrieren aber je näher wir uns den anderen nährten desto nervöser schien sie zu werden. Verständlich... Ich legte meine Hand auf ihre um sie etwas zu beruhigen, doch sie hielt sich komplett an meiner Hand fest und drückte Imme mal wieder fest zu. Als Zeichen der Dankbarkeit oder auch wenn sie wahrscheinlich ein Gedanke plagte.
Als ich geparkt habe schaute Lina einfach nur stumm gerade aus. Den Tag über hatten wir nicht wirklich gesprochen. Ich wusste nicht was ich sagen sollte und konnte. Ich wollte sie nicht noch mehr reizen.
Ich war einfach für sie da und war da, wenn sie eine Umarmung brauchte.
„Lina, hol einmal tief Luft. Lass es uns hinter uns bringen.", versuchte ich die Stille zu brechen und sie ins hier und jetzt wieder zu befördern. Ihr Kopf dreht sich zu mir. Sie sah erschöpft aus, fertig mit der Welt. Die ganzen Nerven laugten sie aus.
„Was ist, wenn alles schief laufen wird. Ich müsste wieder mit Katja trainieren, bei meinen Eltern wieder einziehen. Lukas, wir müssten uns trennen!", schrie sie den letzten Teil.
Ich zog sie zu mir und gab ihr einen Kuss.
Als wir uns lösten, legte ich meine Stirn an ihre und schloss, so wie sie, die Augen. „Das wird nicht passieren. Du hast so viele Freunde gewonnen, die alle hinter dir stehen. Sie sind für dich da und egal was passiert, sie werden alles dafür tun, damit es dir gut geht. Genau so wie ich! Ich bin für dich da und werde auch dabei sein. Ich will und werde mich nicht von dir trennen Nina. Wir können über alles reden, wenn wir das Resultat wissen. Lass uns jetzt nicht den Teufel an die wand malen.", versuchte ich auch mich zu beruhigen.
Tief holte Lina Luft und löste sich dann etwas von mir. Sie nickte und lächelte mich schwach an: „Lass uns gehen."
Damit stiegen wir aus dem Auto und gingen hinein. Alle anderen waren schon da. Die Jungs schirmten sie von der Familie ab, damit ihr nichts passieren kann oder damit sie keine kalten Füße bekommt. Ich hatte das nie angesprochen, aber ich bin dankbar dafür, dass die Jungs so handelten.Jeder wurde hereingerufen in einer willkürlichen Reihenfolge und unterschiedlich lang.
Lina war die erste die hereingerufen wurde. Sie erzählte, dass Milo der Hauptsitzer des Vorstandes in diesem Fall war.
Mittlerweile waren so gut wie alle, abgesehen von mir dran. Man sah Lina an, dass es ihr bisschen besser ging. Doch stieg in mir jetzt die Nervosität. Beruhigen konnte mich gerade nur Lina, die vor mir stand und mit den Jungs scherzte und lachte. Ihr ging es gut und das war die Hauptsache. Ich legte meine Arme um sie und zog sie etwas mehr zu mir. Ich hab ihr einen langen Kuss auf den Hinterkopf und atmete ihren Geruch ein.
Sie merkte anscheinend, dass ich etwas nervös war, denn sie legte ihre Hände auf meine, die an ihrem Bauch weilten, als ob sie gleich verschwinden würde.
Sie drückte leicht meine Hände, als Zeichen von Mut. Aber den hatte ich. Ich war nur nervös, da es nicht ein tägliches geschehen ist, vom Vorstand angehört zu werden.Jemand räusperte sich und öffnete leicht meine Augen. Ich hatte meine Stirn an Linas Hinterkopf angelegt gehabt. Mika stand gegenüber von uns und schaute mich etwas unsicher an. Etwas, was ich noch nie bei ihm gesehen hatte. Also war es ernst. Er schaute mich an: „Können wir kurz reden?" Ich nickte stumm und gab Lina noch einen Kuss auf den Kopf, bevor ich mit Mika ein paar Schritte an die Seite ging.
„Was ist los?", fragte ich ihn. „Sind das da Linas Eltern?", fragte er mich und nickte kurz zu dem älteren Paar. „Glaube schon. Alle anderen kennen wir aus dem Sportzentrum. Povlova kenne ich von Nina. Katja kennen wir ja bereits alle. Die Ärzte, Coach, Just und wir. Als nach dem Ausschlussverfahren, ja. Es sind ihre Eltern, warum?", fragte ich ihn und schaute ihn fragend an. „Die gucken mich immer mal wieder an. Jedes Mal wenn ich meinen Blick schweifen lasse, dann bleiben die an der Mutter hängen, deren Augen bereits schon auf mir ruhen. Das ist komisch, aber die kommen mir bekannt vor...", schweifte er etwas ab. Ich schaute zu dem Paar und tatsächlich schauen die uns gerade an: „Hm, komisch. Vielleicht hast du die in der Halle schonmal gesehen?" „Ja, das kann sein.", er sah trotzdem nicht überzeugt aus. „Mika, es wird schon nichts sein.", Stumm nickte er.„Lukas Michel!", wurde ich aufgerufen. Ich war also der letzte... Ich ging auf die Tür zu, wo eine Frau mich mit einem Lächeln empfing und mir den Stuhl zeigte, auf den ich mich setzten sollte. Sie schloss die Tür hinter mir und setzte sich ganz außen an den Tisch des Vorstandes, dem ich gegenüber saß. Milo saß in der Mitte. Alle anderen kannte ich nicht, sie waren ingesamt zu fünft.
„Lukas Michel, 22, Kapitän der Eishockeymannschaft.", wurde von der Dame, die mich hereinrief vorgelesen. Stumm nickte ich und schaute mir die Vorstandsmitglieder an. Milo räusperte sich: „Hallo Herr Michel. Wir kennen uns bereits von Gespräch," sagte er, woraufhin ich wieder nickte, „Ich bin der Sprecher in diesem Fall und werde ihnen noch ein paar Fragen stellen, die sie bitte ehrlich beantworten... Nun, in welcher Beziehung stehen Sie zu Lina Koschenko?" Ich setzte mich aufrecht hin und schaute selbstbewusst in die Runde: „Wir sind in einer festen Beziehung." Milo nickte: „Es gab eine Anschuldigung, dass sie Lina verbieten würden ihren Sport weiter auszuführen. Es wurde gesagt, dass sich Lina ihretwegen alles ausdenkt und es deswegen zu diesem Vorfall kam." Ich konnte mir ein blödes Lachen nicht verkneifen und wand meinen Blick von denen ab. War es wirklich das, was die denen erzählt hatten? Ich schaute sie wieder an: „Das stimmt alles nicht. Ich habe Lina kennengelernt, bevor es zu der Verletzung kam. Obwohl, sie war schon immer verletzt, nur nicht in dem Ausmaß. Immer wenn ich sie sah, hatte sie schmerzen oder blutende Fußgelenke. Ihre Verletzungen gingen durch die Reibung in den Schuhen immer wieder auf. Ich hatte sie nie davon abgehalten ihren Sport weiterzuführen. Ich verarztete sie lediglich und half ihr. Für sie ist Eiskunstlauf, wie für mich Eishockey. Es ist unsere Leidenschaft und die Liebe zum Eis. Ich werde mir hier nicht anhören wie ich für etwas beschuldigt werde, was nicht stimmt." „Nun, was stimmt denn?", fragte Milo.
Ich erzählte alles von vorne. Es ist schon wie eine Geschichte, die ich auswendig gelernt hatte und immer und immer wieder wiederholte. Es schmerzte. Es schmerzte jedes Mal daran zu denken, mit welchen Schmerzen Lina umzugehen hatte. Wie niemand auf sie achtetet und mit ihr arbeitete, als ob sie ein Roboter wäre.
Als ich fertig war, nickte Milo kurz und schaute sich seine Kollegen an. „Gut, wir bedanken uns. Du darfst wieder gehen.", sagte Milo und alle standen mit ihm auf. Ich nickte und ging zur Tür, wohin mir der Vorstand folgte.
Durch die Tür gehend, suchten meine Augen Lina. Als ich sie fand, hatte sie Tränen in den Augen und umarmte Mika. Ich schaute ihn an und auch er hatte Tränen in den Augen. Meine Uhr zeigte mir, dass ich eine Stunde mit den Vorstand sprach und ihre weiteren lächerlichen Fragen beantwortete. Aber was ist in genau dieser einen Stunde passiert?
Um die beiden herum standen die Jungs. Mitleidig schauten die die beiden an, immer mal wieder lag Wut in deren Augen und schauten zu Linas Eltern. Was ist passiert?
„Danke, dass sie alle hier erschienen sind. Wir werden alles weitere entscheiden und morgen alles verkünden. Haben sie noch einen schönen Tag.", sagte Milo hinter mir und verschwand auch schon wieder mit den ganzen Mitgliedern.Ich ging auf die beiden umarmenden zu schaute fragend die Jungs an. Anscheinend wusste hier jeder was los ist, denn Nina, Coach und Just schauten genau so wie die Jungs. „Was ist los?", fragte ich etwas gereizt in die Runde.
Lina löste sich von Mika und schaute mich mit verheulten Augen an. Sie schniefte und schaute nochmal zu Mika, bevor sie sich wieder mit zuwendete und tief Luft holte:„Mika ist mein Bruder!"

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Hell on ice
RomanceLina Koschenko ist 19 und Eiskunstläuferin seit dem sie denken kann. Nie gab es etwas anderes in ihrem Leben, sie kennt nichts anderes. Was einmal ihre Leidenschaft war, ist jetzt ihre persönliche Hölle. Trainer, Sponsoren und Eltern sehen nur ihren...