Kapitel 14 Schloss

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Die Schule begann an einem wirklich schönen Montagmorgen, die Sonne war gerade so warm genug, dass ich meine Jacke aufmachen konnte. Die Schule erinnerte mich von außen irgendwie an ein altes Schloss, mit dem uralten Fachwerkbau und den moosigen Dachplatten. Es entsprach nicht meinem Bild von einer Schule, sondern mehr irgendwas wo man einen Schulausflug hinmachte. Das Bild änderte sich allerdings, als Sola und ich nach drinnen kamen, von drinnen war sie weiß gestrichen und stellte mein Bild von einer Schule wieder her. Das Sekretariat war ausgeschildert und ebenerdig in einem Seitengang, des schlossartigen Gebäudes.

Sola klopfte an die Tür und wartete geduldig bis eine ältere Frau die Tür öffnete: „Guten Tag, was brauchen Sie?" „Wir sind die neuen Schüler", Sola verschränkte die Arme vor der Brust: „Sola und Carlos Schmitz, wir sollten für die sechste und zehnte hier angemeldet worden sein." „Ach ja da war was", die Sekretärin winkte uns hinein: „Bitte einmal eure Personalausweise und die Bescheinigung eurer alten Schule." Sola zog ihre Postmappe hervor und legte die beiden Bescheinigungen und die Personalausweise auf den Tisch der Sekretärin. Sie las sich aufmerksam den Text unserer alten Schule durch und nickte immer wieder: „Ich gebe euch dann mal eure Stundenpläne und euren Zugang für den Schulserver."

Klasse 6b lautete meine neue Klassenbezeichnung, die Klassenlehrerin eine Frau Trimmel war wohl meine Deutsch- und Klassenlehrerin. Mein Stundenplan begann gleich mit Religion und laut der Uhr an der Wand hatte ich noch vier Minuten, um den Raum zu finden. A113 lautete die Raumbezeichnung, dann musste ich wohl den A-Trakt finden und wahrscheinlich in den ersten Stock. Ich sprintete los in irgendeine Richtung in der Hoffnung, dass sie richtig war. Unterwegs blieb ich dann doch verwirrt stehen, das Projekt brachte mich nicht weiter, ich sah mich nach Schülern um, in der Hoffnung sie nach dem Weg fragen zu können. Schließlich eilte ich auf zwei Mädchen zu, die untergehakt durch das Gebäude liefen.

„Hi", begrüßte ich sie: „Könnt ihr mir sagen wo der A-Trakt ist? Ich bin neu hier." Das etwas kleinere Mädchen drehte sich zu mir um: „Klar komm einfach mit, wo musst du denn hin?" „A113 glaube ich", ich passte meine Schrittgeschwindigkeit den beiden an, die auf den größten Bereich der Schule zusteuerten. „Da müssen wir auch hin, also sind wir wahrscheinlich zumindest in einem Jahrgang", fuhr das Mädchen jetzt fort: „Wie heißt du eigentlich?" „Carlos", ich folgte ihnen die Treppe hinauf: „Wie heißt ihr?" „Ich bin Mia", wir bogen in den Flur ab: „Das ist Mira, sie ist blind und hochgradig schwerhörig, deswegen kann sie nicht so gut sprechen, weißt du?" Ich nickte, mir fielen jetzt auch die Hörgeräte hinter Miras Ohren auf. „Ich kann auch reden", protestierte diese jetzt, es klang ein wenig undeutlich und sie lispelte auffällig als sie fortfuhr: „Zumindest, wenn man mich sprechen ließe."

Die Religionslehrerin war zu meiner Überraschung eine junge sportlich aussehende Frau, die wenig später den Raum betrat. Sie war mir auf den ersten Blick direkt sympathisch, auch als ihr Blick auf meinem Platz in einer der mittleren Reihen am Fenster neben Mia und Mira fiel. „Du musst der neue sein", stellte sie ziemlich trocken fest: „Ich bin Frau Itor, ich unterrichte Religion und Mathe an dieser Schule. Magst du dich auch einmal für alle vorstellen." Mia gab mir einen leichten Stoß und ich stand etwas verunsichert von meinem Platz auf: „Hi ich bin Carlos Schmitz, 12 Jahre alt und bin mit meiner Familie umgezogen, weswegen ich die Schule wechseln musste. Meine Hobbies sind Fußball und lesen, habt ihr noch Fragen?" Ein dunkelhaariges Mädchen hob die Hand: „Wo und auf welcher Position spielst du denn Fußball?" Ich nannte ihr den Verein, was für ziemliche Unruhe in der Klasse sorgte und fügte noch schnell an: „Ich bin Torhüter." Dann setzte ich mich wieder und der Unterricht begann, er war inhaltlich nicht wirklich anders als an meiner alten Schule.

In der Pause dackelte ich einfach Mia und Mira hinterher, die allerdings nichts dagegen zu haben schienen. Sie setzten sich auf eine Holzbank auf dem wirklich schönen grünen Innenhof der Schule ich setzte mich diesmal neben Mira, die ihr Handy herausgezogen hatte und sich Kopfhörer über die Ohren setzte. Mia schien dagegen etwas gesprächiger zu sein und erklärte mich den Aufbau des Gebäudes, sie war recht sympathisch und ging auch in meine Klasse. Sie erklärte mir auch, dass es bei uns ein spezielles Inklusionsprogramm gab, damit Kinder wie Mira dieselben Chancen hatten wie wir. In meiner Klasse gab es wohl noch einen Jungen, der im Rollstuhl saß, die Schule hatte deswegen vor Jahren noch einige Fahrstühle in den wichtigsten Gebäudeteilen ausgerüstet, in denen wir auch Unterricht hatten. Das Sekretariat war ja immerhin sowieso im Erdgeschoss, was über eine Rampe erreichbar war.

Der Schultag kam mir durch meinen neuen Chemielehrer unglaublich lang vor, Chemie hatte mir sowieso noch nie Spaß gemacht, der Lehrer mit seinem Frontalunterricht machte es nicht wirklich besser. Mit dem Fahrrad dauerte der Heimweg keine Viertelstunde, Sola hatte heute direkt Nachmittagsunterricht und war noch längst nicht da. Ich nahm mir einen Apfel aus der Küche und goss mir ein Glas Apfelsaft ein, mein Vater hatte Spätdienst und meine Mutter war sowieso bis 16 Uhr arbeiten. Da blieb mir wohl nichts anderes übrig, als mich an meine ersten Hausaufgaben in Chemie und Bio zu setzen.

Später am Abend saßen wir um unseren Esstisch mit meinen Großeltern und Lauchcremesuppe, die in großen Mengen verspeist wurde. „Ich habe Morgen einen freien Tag", mein Vater nahm sich Suppe nach: „Ich habe vor morgen Nachmittag zu Ikea zu fahren, mag wer mitkommen, wir brauchen ja noch die Küche." Ich hob fast gleichzeitig mit Sola die Hand: „Ich habe morgen bis 13 Uhr Schule", ich löffelte weiter meine Suppe: „Dann bin ich gegen 13:15 Uhr da." Mein Vater nickte, Sola hatte auch um 13 Uhr Schluss, weswegen wir dann beschlossen, um halb zwei loszufahren zu dem schwedischen Möbelhaus und gleich nebenbei nach einem neuen Kleiderschrank für Sola zu schauen.

Den Schulschluss am darauffolgenden konnte ich kaum erwarten und verabschiedete mich rasch von Mia und Mira mit denen ich mich bereits nach einem Tag etwas angefreundet hatte. Mira war zwar nicht so besonders gesprächig, was allerdings Mia, die pausenlos plappern konnte, wenn man sie ließ. Irgendwie mochte ich sie jetzt schon, auch wenn man deutlich merkte, dass sie und Mira sich schon deutlich länger kannten und sich mehr vertrauten. Aber sie gaben mir das Gefühl, dass sie auch mit mir befreundet sein wollten und sich Mühe gaben mich in ihre Gruppe zu integrieren. Bisher war es ihnen auch recht gut gelungen, wenn man das nach zwei Tagen so nennen konnte und sie hatten auch diesmal auf mich gewartet, damit ich nicht die Räume suchen musste.


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