Kapitel 39 Geburtstag

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Neujahr kam schnell, ich blieb bis Mitternacht an meinem Fenster sitzen und sah zu wie mein Vater unten Böller schoss. Ich schrieb lieber Frohes neues in die Transgruppe und an Christina, die mir ein Video vom Feuerwerk schickte. Am liebsten wäre ich jetzt einfach nicht zu Hause, sondern bei einem meiner Freunde, aber das klappte nicht. Ich hatte am letzten Tag der Weihnachtsferien Geburtstag, da konnte man kaum mit Freunden feiern, die auch noch am selben Tag wieder drei Stunden heimfahren mussten. Ich hatte im Prinzip nicht mal Wünsche für das neue Jahr, ich musste nicht, was die mir bringen sollten. Kein Bleigießen mit Sola, keine Wunderkerzen, mir fehlte komplett die Motivation irgendwas zu machen.

Mein Vater ging gegen halb eins dann endgültig mit seinen Freunden feiern, während ich dann schlafen ging. Ich wollte mich morgen mit Mira alleine treffen, Mia war seit dem zweiten Weihnachtstag im Skiurlaub und würde erst am sechsten Januar wiederkommen. Am siebten Januar wollten wir dann gemeinsam meinen dreizehnten Geburtstag feiern, das war im Prinzip schon fest beschlossen. Es war etwas worauf ich mich schon seit vor Weihnachten freute. Ich ging gegen eins dann auch endlich in mein Bett, nachdem ich noch eine ausführliche Audio von Christina hatte anhören müssen. Sie hatte ausgiebig irgendwas über neue Vorsätze erzählt, an denen sie sich orientieren wollte, sie wurde im Mai vierzehn Jahre alt und durfte dann mit einer Hormontherapie anfangen. Es trieb mir Neid in die Brust, sie hatte alles, was ich erst mit 18 haben konnte, da mein Vater es einfach verweigerte.

Mein Vater kam um Viertel vor sechs wieder in einer Lautstärke wieder, dass ich davon wach wurde, als die Tür zum Bad zuflog und er sich den Geräuschen nach in die Toilette übergab. Ich schlief wenige Minuten später allerdings auch schon wieder ein und wurde um halb zehn von meinem Handywecker geweckt und lief in mein Bad, um rasch meine Haare zu kämmen und auf Toilette zu gehen. Dann stand ich vor meinem Kleiderschrank und überlegte was ich anziehen sollte, draußen waren ordentliche Minusgrade. Schließlich zog ich einen Sportpullover unter einen Fließhoodie und meine Skihose an, damit ich nicht komplett zum Eiszapfen erstarrte. Unten in der Küche schmierte ich mir schnell zwei Brote mit Marmelade und schaufelte sie mir schnell in den Mund. Viel Zeit zum Bummeln hatte ich mir nicht gelassen.

Ich nahm das Fahrrad zum Bahnhof, es ging einfach schneller, wenn der nächste Bus erst in zwanzig Minuten kam. Ich schloss mein Fahrrad an und sprintete zur Unterführung, der Zug kam schon in fünf Minuten und ich hatte nur mein Ticket, aber davon fand sich Mira allerdings nicht. Auf der Treppe flog ich fast hin und konnte mich gerade noch so fangen, bevor es dazu kam. Mira stand vor der Infotafel und wartete darauf, dass ich zu ihr aufschloss: „Hey, tut mir leid, dass ich so spät bin." Mira richtete ihren Blick in meine Richtung: „So lange bin ich auch noch nicht hier, also alles gut." Ich zuckte mit den Schultern: „Dann hatten wir wohl beide das Glück nicht ganz pünktlich, frohes neues Jahr übrigens." Ich umarmte sie und sie grummelte mir ein frohes neues in die Schulter, während der Zug mit quietschenden Bremsen in den Bahnhof einfuhr.

„Wie wäre es damit", Mira präsentierte sich mir vor mir in einem neuen Winterkleid, es war himmelblau und besaß ein feines goldfarbenes Muster, das undefinierbare Zeichen formte. „Dreh dich mal um", wies ich sie an und wartete, bis sie mir den Rücken zuwandte: „Das sitzt doch super, steht dir." Das war nicht mal im Ansatz gelogen, Miras braune Locken fielen über den Saum des Kleides und ihre hellblauen Augen passten perfekt farblich dazu. „Danke", Mira fuhr mit den Händen über das Muster, dass das Kleid aufwies: „Was ist das darauf?" Ich runzelte die Stirn: „Das ist eine Art goldfarbene Naht, die Muster bildet, aber nichts spezielles, nur Schreibschrift l's und so." „Klingt gut", Mia tappte in die Umkleide zurück: „Dann nehme ich das mit, oder was meinst du?" „Nimm es mit dann hast du was weibliches für den restlichen Winter zum Anziehen", ich putzte mir die Nase.

Wir fuhren erst am späten Nachmittag wieder nach Hause, wir waren noch im Kino und in einer Pizzeria gewesen. Ich verabschiedete mich von Mira und fuhr mit meinem Fahrrad nach Hause, mein Vater war inzwischen wach und ziemlich verkatert. „Schon einen Schönen Tag gehabt", er stellte mir geistesabwesend eine Tasse Tee vor die Nase, die ich schweigend aufnahm und einen Schluck. „Schon ja", ich wischte mir mit dem Pulloverärmel über den Mund: „Waren einkaufen und Pizza essen." „Schön", mein Vater verbrannte sich fast die Lippen an seinem Tee und hustete heftig: „Dann brauche ich ja heute nichts mehr zu kochen." „Jap", ich nieste: „Dann gehe ich mal hoch und lege mich hin, ich werde glaube ich krank."

An meinem Geburtstag, dem siebten Januar, war ich allerdings wieder fit, nach einer netten Erkältung samt Fieber. Aber pünktlich zu meinem Geburtstag war das schon wieder Geschichte, auch wenn ich um 7 Uhr von irgendwas geweckt wurde. Das Knallen der Haustür war es, wurde mir plötzlich bewusst, mein Vater musste irgendwo gewesen sein, aber so früh schon? Schwere Schritte kamen die beiden Holztreppen hinauf und ich glaubte einen Moment ein Maunzen zu hören. Dann ging die Tür zum Schlafzimmer meines Vaters auf, wo auch immer noch Britta schlief, sie war über das Wochenende schon wieder da. Ich seufzte und schloss die Augen, um weiterzuschlafen.

Um Viertel vor neun war dann trotzdem Schluss mit schlafen, etwas Schweres sprang auf meine Bettdecke. Ich fasste mit der Hand nach dem Schweren und fasste in etwas flauschiges und öffnete die Augen, auf meiner Decke lag eine flauschige rotorangene Katze, die mich aus großen gelbgrünen Augen ansah. Meine Zimmertür ging jetzt vollständig auf und mein Vater kam hereingeplatzt: „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag mein Schatz! Du bist jetzt ein Teenager, dein eigenes Haustier, hat dich anscheinend schon gefunden." Ich strich der roten Katze über das Fell: „Das ist meine? Wie heißt sie denn?" „Das ist deine", mein Vater setzte sich auf meine Bettkante: „Das war eine Idee von deiner Mutter, damit du dich an deine Schwester erinnerst, du darfst ihr einen Namen geben."

Der Name fiel mir nicht schwer und Sola 2.0 mein eigenes Haustür folgte mir bis ins Bad, auch wenn mein Vater eher weniger davon begeistert war. Ins Esszimmer ließen wir sie allerdings nicht, sonst hätte sie uns mindestens die Wurst vom Tisch geklaut, stattdessen bekam sie von mir ihr erstes eigenes Futter. Ich hatte mir schon immer eine Katze gewünscht, was auch meine Eltern wussten, das Geschenk war ein Treffer ins Schwarze und vielleicht das Schönste, was man mir je hätte machen können. Ich hatte jemanden gefunden, der für mich da war, das war mein Gefühl, es hätte nichts schöneres geben können.

Schatten der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt