„Was hältst du davon Sola", mein Vater deutete auf einen geräumigen Kleiderschrank. Eigentlich hatte ja Sola ihren begehbaren Kleiderschrank neben ihrem Zimmer, dennoch brauchte sie einen weiteren Schrank, um den ganzen Krempel zu verstauen, den sie in letzter Zeit von meinen Großeltern bekam. Ihr Kleiderschrank war mit ihren eigenen und meinen heimlich gekauften Sachen schon gut gefüllt, was auch meine Großeltern wussten, aber nein ein Mädchen musste mehr als einen begehbaren Kleiderschrank voll haben. Meine große Schwester begutachtete den hellen Ikeaschrank von vorne bis hinten und sah auch in den Schrank: „Der ist doch fast zu groß für den Kram." „Wenn deine Großeltern so weiter machen, bald nicht mehr", konterte mein Vater und untersuchte die Regalbretter. Ich prustete zusammen mit Sola lauthals los, uns war natürlich auch klar wie viel da zusammenkam, aber der genervte Gesichtsausdruck meines Vaters war göttlich.
Irgendwann hatten wir dann doch einen geeigneten Schrank für Sola gefunden und konnten ihn uns anschauen, jetzt mussten wir noch dringend in die Küchenabteilung und zumindest schon einmal nach einer Küche schauen, die uns gefiel, es war schon kurz vor, wie ein Blick auf die Armbanduhr meines Vaters verriet. Um halb sechs hatte ich Fußballtraining, bis dahin mussten wir wieder zuhause sein. Mein Vater beeilte sich durch die Küchenabteilung zu kommen, um mich noch pünktlich zum Training zu bringen. Da uns schon klar gewesen war, dass der Ikea Besuch lange dauerte, hatten wir meine Sporttasche ins Auto gelegt und ich trug unter meiner Jeans schon eine Sporthose. Es war dezent zu warm mit zwei Hosen, aber dagegen machen konnte ich sowieso nicht.
Ich kam trotz aller Bemühungen fünf Minuten zu spät zum Training und durfte dafür eine Strafrunde um den Platz laufen. Mein Vater war zwar schnell gefahren und war auch noch fast geblitzt worden, sehr zum Ärger seines Hinterfahrers, weil er so heftig gebremst hatte. Der Trip hieß allerdings auch, dass meine Eltern mich wieder abholen mussten, ohne Fahrrad kam ich nicht weg von hier. Während wir uns aufwärmten erfuhr ich, dass das Spiel am Sonntag extrem knapp geworden war, da der ehemalige Torhüter einfach nicht gekommen war und sie am Ende Isabella ins Tor stellen mussten. Die eigentliche Mittelfeldspielerin hatte ihren Job dafür echt gut gemacht und nur einen einzigen Ball vorbeigelassen. Sabrina war dennoch streng mit der Kritik, den Unterschied hatte ein Sonntagsschuss in der 75. Minute gemacht. Es hatte vorne und hinten zu viele Fehler gegeben, der Sieg war fast unverdient gewesen.
„So die Vergangenheit lassen wir jetzt trotzdem ruhen", beendete unsere Trainerin ihren Vortrag: „Wir spielen jetzt und machen das vom Wochenende besser." Da hatte sie zu meiner Freude auch Recht, es wurde ein hitziges Spiel, sechs gegen sechs, auch wenn es anfing wie aus Kübeln zu gießen. Sie fand auch noch Platz mich und auch andere zu verbessern und neue Spielzüge mit uns zu entwickeln die auch gut funktionierten. Im Spiel erfuhr ich auch einige Sachen über Sabrina, dass sie mit einer Frau seit einiger Zeit verlobt war und darauf wartete, dass sie endlich heiraten durften. Ihre Verlobte brachte eine Tochter namens Sina mit in den Haushalt, die hier in der G-Jugend Fußball spielte. Das erfuhren wir spontan als genau diese auf den Platz geflitzt kam in die Arme ihrer Adoptivmutter. Ihre Mutter kam hinterher und begrüßte die anderen und dann auch etwas überrascht auch mich. „Du bist also der neue Torhüter von der Truppe", sie lächelte zu mir herunter und gab mir die Hand: „Ich bin Josefine, du kannst mich Josi nennen, ich trainiere die Damenmannschaft des Vereins, in dem auch deine Trainerin spielt. Sie war nicht wirklich älter als Sabrina, aber als sie sich bewegte viel mir auf warum sie wohl nicht selbst Fußball spielte. Sie hinkte ziemlich deutlich auf dem rechten Fuß, als sie über den Platz ihrer Tochter hinterherlief.
Nach dem Training beim Abendessen gab es den nächsten Unfall, diesmal war es allerdings meine Großmutter die sich beim Brotschneiden in den Finger schnitt. Sie schrie nicht oder sonst irgendwas, sondern kam einfach mit dem blutenden Finger aus der Küche ins Esszimmer. Mein Vater schien das irgendwie gewohnt zu sein, denn er sprang auf und holte Verbandszeug aus der Schublade, um den Finger notdürftig zu verbinden. Die Blutung wollte allerdings durch die Verbandstechnik meines Vaters stoppen. „Wir müssen ins Krankenhaus", entschied mein Vater als er sich das Spiel zehn Minuten lang angesehen hatte: „Die Blutverdünner von dir sorgen dafür, dass das gefährlich wird oder die Wunde ist doch tiefer als ich dachte." Er gab meiner Mutter einen flüchtigen Kuss und zog dann meine Oma von ihrem Platz hoch: „Wenn was ist melde ich mich." Damit ließ er uns alleine und wir hörten bis Viertel nach neun nichts von ihm, dann endlich: „Finger musste genäht werden, sie behalten sie über nach zur Sicherheit über Nacht da, ihr Blutdruck war zu niedrig."
Am nächsten Morgen wachte ich nicht durch meinen alten Radiowecker auf, sondern schreckte durch etwas unerklärliches hoch. 6:07 Uhr zeigte das Radio an, das war dezent zu früh, aber wirklich müde war ich auch nicht mehr. Ein Grund mehr dann doch aufzustehen, ich huschte leise die Treppen ins Erdgeschoss hinunter, da dort Licht brannte. Mein Vater streifte sich gerade seine Schuhe über, als ich unten ankam: „Guten Morgen mein Großer." „Guten Morgen", ich konnte ein Gähnen gerade noch so unterdrücken: „Hast du nicht eigentlich heute Spätdienst?" „Eigentlich schon"; mein Vater gab mir einen Kuss auf die Stirn: „Aber die Frühschicht ist durch eine Krankmeldung unter das Minimum gesunken, deswegen springe ich mit Verspätung ein." „Dann viel Spaß", ich umarmte meinen Vater und begleitete ihn nach unten, um mir noch gleich eine Flasche Wasser mit hochzunehmen.
Den sehr frühen Morgen nutzte ich, um vor meiner Mutter die Dusche zu besetzen, nachdem ich es am Abend ausgesessen hatte. In mir stieg eine gewisse Abneigung vor meinem Körper hoch als ich mich nackt auszog, um unter die Dusche zu steigen. Ich sollte mir eventuell beim nächsten Mal einfach eine Badehose anziehen, dann war es vielleicht nicht so schwer. Das konnte allerdings mit meiner Familie noch schwierig werden, ich ahnte es bereits, da musste ich nicht einmal Sola fragen. Ich beeilte mich deswegen umso mehr, um wieder schnell in mein Zimmer zu können. In einem Hoodie und Jeans fühlte ich mich schon ein wenig wohler, meine Laune wurde allerdings gesteigert, als meine Mutter beschloss, um kurz nach sieben einkaufen zu gehen und wir alleine zuhause waren.
„Na das ist doch super", Sola lehnte sich am Frühstückstisch zurück: „Dann haben wir hier unsere Ruhe und können uns über Frauenzeug unterhalten. So kam ich wenigstens dazu ihr von meiner Trainerin und ihrer Verlobten zu erzählen, was auch Sola irgendwo begeisterte: „Dann kannst du dich ihr vielleicht mal anvertrauen." Ich zuckte mit den Schultern: „Ja mal schauen vielleicht mache ich das ja, aber manchmal sind LGBTQ+ Paare trotzdem Transphob, das wär ein weiterer Dolch in meine Brust."
DU LIEST GERADE
Schatten der Vergangenheit
Novela Juvenil,,Warum machst du einen Unterschied zwischen einem Mädchen und einem Jungen?" Klischees sind ein Problem, dass der 12jährige Carlos von einer ganz anderen Seite kennt. Gibt es einen Ausweg? Vorgeschichte zu: Ein Licht in der Dunkelheit Diese Story...