„Der Name wäre dann?" Sola musterte mich neugierig, ich schob mir ein Stück Pfannkuchen in den Mund und sah sie an: „Luna." „Luna ist ein schöner Name", meine Schwester sah mich mit einem sanften Lächeln an: „Dann ist es wohl an der Zeit den Namen auszuprobieren." Sie nahm sich einen weiteren Pfannkuchen von dem Teller in der Mitte des Tisches und kippte sich Zimt und Zucker drüber: „Nur unseren Eltern gegenüber würde ich das lieber lassen. Die müssen wir irgendwie anders an das Thema herangehen, aber einen Plan dafür habe ich leider auch nicht, aber das wird schon sicher."
Das restliche Wochenende verging wie im Flug, zumindest kam es mir so vor und am Sonntagnachmittag gab ich Sola ihre Sachen zurück und zog mir meine eigenen Sachen wieder an. Kaum fertig hörte ich allerdings schon das klicken der Haustür durch meine offene Zimmertür hören. Meine Mutter kam wenige Sekunden später auch schon die Treppe hoch, sie sah unglaublich erschöpft aus, ich konnte nicht beurteilen, ob es an der langen Fahrt oder an meinen sehr beanspruchendenden Großeltern lag. „Hallo mein Schatz", meine Mutter schloss mich in die Arme: „Hattest du ein schönes Wochenende? Habt ihr gewonnen Samstag?" Ich bejahte beide Fragen und stand von meinem Bett auf: „Ich habe auch schon gelernt für die Arbeiten nächste Woche." Ich deutete auf das Physikbuch das auf meinem Kopfkissen lag, tatsächlich hatte ich eigentlich gerade erst angefangen, als Sola gemeint hatte, dass unsere Eltern gleich zurückkommen würden. „Das ist ja schön", erwiderte meine Mutter: „Aber dein Vater und ich wollen mit dir über etwas sprechen, wenn du Zeit hast."
Wenig später saß ich am Esstisch mit meinen Eltern und mein Vater goss sich recht gemütlich eine Tasse heißen Tee ein. Meine Mutter setzte sich neben ihn und legte die Hände auf den Tisch: „Wir waren ja bei deinen Großeltern Carlos." Hob sie an: „Die Details dazu würde ich gerne nachher mit deiner Schwester beim Abendessen besprechen. Aber deine liebenswerte Großmutter war der Meinung, dir das hier nachträglich zum Geburtstag schenken zu müssen." Sie griff in ihre Handtasche und zog einen quaderförmigen Kasten daraus hervor, ich brauchte einen Moment, um es als Handy identifizieren zu können. Samsung Galaxy S8 stand vorne drauf, das Preisschild war offensichtlich abgekratzt worden, die Überreste, klebten noch auf dem Karton. „Die Simkarte dazu haben wir dir mal gekauft", mein Vater legte ein grünes Heft mit der Aufschrift Vodafone auf den Karton.
Ich hatte seit Weihnachten keinen Kontakt mit meiner Oma gehabt, abgesehen von einem kurzen Telefonat an meinem Geburtstag, der allerdings auch schon über zwei Monate her war. Was in sie gefahren war, dass sie mir ein nicht gerade günstiges Handy schenkte, wusste ich auch nicht so richtig. „Wir schenken dir das Handy unter einer Bedingung", fuhr meine Mutter nun fort: „Wir richten dir eine Bildschirmsperre ein, erstmal auf drei Stunden, bei deiner Schwester war sie bei vier Stunden, da war sie allerdings schon 13, mit 14 haben wir sie abgeschafft, das erwarten wir von dir auch. Dass du vernünftig genug wirst, dass du nicht die Nacht durchzockst." Mein Vater reichte mir eine Schere, dass ich das Plastik um den Karton abschneiden konnte und behutsam mein neues Handy herausholen konnte. In der Verpackung befand sich auch noch ein Simkartenschlüssel und ein Paar Kabelkopfhörer.
Über eine Stunde später war mein Handy eingerichtet und mit dem Wlan verbunden, was jedoch dazu führte, dass ich meinen Eltern gleich beim Abendessen machen helfen musste, da es schon 19 Uhr war. „Hol doch bitte Sola", meine Mutter sah vom Käse schneiden auf: „Wir können gleich essen." Ich nickte und lief die Treppe nach oben und klopfte an Solas Zimmertür: „Hey es gibt essen." Sola sah von ihrem eigenen Handy auf und nickte: „Ich bin gleich da, ich will nur noch was zu Ende googeln über du weißt schon was." Ich lief wieder nach unten: „Sola kommt gleich, sie wollte sich nur was zu Ende anschauen." „Soll sie doch", meine Mutter rührte den Salat um: „Ganz fertig sind wir sowieso noch nicht, deck doch schonmal das Brot." Ich hob seufzend das Brettchen mit dem abgeschnittenen Brot auf und lief damit in das Esszimmer. Das Einzige was nicht den Klischees entsprach hier, war, dass der Tisch von der Person gedeckt wurde, die gerade da war. Da hörte es aber auch wieder auf, Sola konnte Wäsche waschen, zumindest so ein bisschen kochen und putzen. Ich dagegen konnte maximal einen Fernseher wieder verkabeln und eine Glühbirne einschrauben, was im Vergleich echt wenig war.
Es war fast komisch, dass meine Mutter als Psychologin täglich acht Stunden arbeitete und nicht permanent auch als wir kleiner waren, dagewesen war. Meine Eltern waren beide im medizinischen Bereich tätig und überraschenderweise mein Vater als Altenpfleger, auch wenn uns von klein auf eingetrichtert wurde, dass man als Mann das Geld mitbringen musste. Ich setzte mich an meinen Platz und wartete bis auch der Rest meiner Familie nach und nach eintrudelte. Sola war nicht einmal die Letzte, da mein Vater noch rasch auf die Toilette lief. Woraufhin ihm meine Mutter mit dem Salatlöffel drohte, dass einem das auch früher einfallen könnte und nicht erst beim Abendessen.
Während wir anfingen zu essen blieb es ruhig, bis Sola das Schweigen brach: „Mama du meintest vorhin, dass wir was wegen Oma und Opa bereden müssen." Meine Mutter legte ihr Messer, mit dem sie bis eben sich Frischkäse auf das Brot geschmiert hatte beiseite: „Ja das müssen wir allerdings. Es ist wahrscheinlich schwer vorzustellen, wie sehr sich in gerade einmal drei Monaten verändert hat. Sola vielleicht erinnerst du dich daran, dass du am ersten Weihnachtsfeiertag die Brille von eurem Großvater im Kühlschrank gefunden hast." Sola nickte: „Ja aber was ist damit?" „Eure Großeltern streiten es natürlich ab", meine Mutter bestrich ihr Brot zu Ende und biss ab: „Aber euer Großvater hat Demenz. Ich habe in der Küche unter anderem..." Sie stockte und mein Vater fuhr fort: „Sie hat eine ärztliche Diagnose gefunden die genau das bescheinigt, mir kam das ja schon an Weihnachten komisch vor, als er euch nicht so recht unterscheiden könnt, auch wenn ihr euch nicht so extrem ähnlich seht." Er deutete auf Solas lange Haare: „Auch wenn Carlos ja neuerdings irgendwie Langhaarschnitt trägt, hat er das an Weihnachten ja noch nicht." „Was heißt das denn konkret", wollte Sola wissen und legte ihre Gabel, mit der sie Salat aß beiseite.
Meine Eltern wechselten bedeutungsschwere Blicke: „Das heißt konkret, dass wir umziehen müssen, damit wir sie aufnehmen können." Mein Vater seufzte: „Das Haus meiner Eltern steht leer, wir können dorthin ziehen, wenn wir es hinbekommen sie zu überreden, hierher nach Niedersachsen zu ziehen. Ihr wisst wie gebrechlich eure Oma schon ist, deswegen haben sie ja schon eine Haushaltshilfe, aber die kann nicht auch noch dauernd irgendwelche Sachen von eurem Opa suchen oder zufällig finden. Demente Menschen glauben manchmal Dinge auch wenn sie nicht stimmen, dann könnte er die Hilfe rausschmeißen und sie wären komplett verloren, um ehrlich zu sein. Schaut her." Er legte eine Karte von einem Haus auf den Tisch: „Meine Eltern waren relativ reich, um ehrlich zu sein, dazu passt auch das Haus denke ich. Der Eingang ist wie ihr seht ebenerdig, da würden sie relativ gut rein und rauskommen und könnten im Erdgeschoss wohnen." Auf der Karte hatte das Haus meiner Großeltern zwei Stockwerke und einen Keller und wirkte unglaublich groß, im Gegensatz zu unserem zumindest war das mein Eindruck.
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Schatten der Vergangenheit
Novela Juvenil,,Warum machst du einen Unterschied zwischen einem Mädchen und einem Jungen?" Klischees sind ein Problem, dass der 12jährige Carlos von einer ganz anderen Seite kennt. Gibt es einen Ausweg? Vorgeschichte zu: Ein Licht in der Dunkelheit Diese Story...