Wir waren kaum ein paar Tage wieder zuhause, da stand schon das nächste Großereignis an. Meine Großmutter wurde 80 Jahre alt. Die Feier hatte sie schon vor unserem Urlaub lange geplant und allerlei Leute eingeladen, mit denen sie in unserem Garten feiern wollte. Sola und ich buken am Abend vorher noch einen Käsekuchen und süße Blätterteigtaschen, die meine Großmutter schon anlockten. An Kuchen hatten wir absolut nicht zu wenig, ein Catering Service war für das Essen zuständig. Auf Wunsch meiner Oma gab es eine Mischung aus mitteleuropäischen Gerichten und asiatischem Essen. Meine Mutter baute später mit meinem Vater noch die gewünschte Musikanlage im Garten auf und verband ihren Laptop schon einmal damit. Es schien alles zu klappen und auch das Wetter war auch nicht schlecht angesagt, nur abends eventuell ein paar Gewitter.
Der nächste Morgen begann mit einer nassen Überraschung, der Regen, der nur für die Nacht angesagt war, trommelte immer noch gegen meine Fensterscheibe. Als ich die Rollläden hochzog, standen auf unserer Hauseinfahrt schon Pfützen, aber es schien auch schon von Süden her aufzuklaren. Ein Streifen blauen Himmels war schon zu sehen und es war gerade einmal Viertel vor acht, die Feier begann erst um zwölf, bis dahin würde das Wetter sicher besser sein. Als ich zum Frühstück kam, hatte es dann tatsächlich aufgehört zu regnen und die Sonne schickte uns, die ersten zarten Strahlen. Es wurde schnell wärmer und die Nässe verschwand mit jeder Minute die verstrich. Nach dem Frühstück kochte meine Mutter eine weitere Runde Kaffee und nahm die Geschenke für unsere Oma samt des Kaffees mit nach unten, während wir den letzten Kuchen noch fertig machten.
Um Viertel vor zwölf trafen die ersten Gäste und der Catering Service ein, die Wiese war schon komplett getrocknet. Meine Mutter hatte die Musikanlage wieder nach draußen verfrachtet und an eine Verlängerungsleine angeschlossen. Der Wetterbericht sagte mittlerweile keine Gewitter mehr an, die Front war schon früher angekommen als angesagt. In Form des Regens heute Nacht war die Wetterfront schon vorübergezogen und was jetzt noch nachkam, brachte hauptsächlich milde Temperaturen und Sonne. Wenige Minuten später roch es schon nach gebratenem Essen und nach Kuchen, während immer mehr Gäste eintrafen. Eingeladen waren insgesamt 33 Leute, uns vier eingerechnet, die sich ziemlich schnell um die Bänke sammelte.
Sola und ich übernahmen die erste Runde der Getränkeausgabe und gaben Softdrinks, Bier, Sekt, Wein und Wasser in die Runde aus. Dann konnten wir uns auch endlich am Essen bedienen und setzten uns zu unseren Eltern an eine der Bänke. Meine Mutter bastelte allerdings noch an ihrem Laptop herum, um die Musikwünsche der Gäste einzubauen. Dann endlich lief die Musik, größtenteils Lieder mit denen Sola und ich nichts anfangen konnten. Wir überredeten allerdings meine Mutter auch ein paar Lieder von uns in die Playlist einzubauen. Trotzdem saßen wir die meiste Zeit auf den Bänken und unterhielten uns mit den Einzigen beiden Jugendlichen, die noch auf dieser Feier waren. Der Rest waren hauptsächlich Leute, in dem Alter meiner Großeltern oder in dem meiner Eltern.
Nachdem wir uns noch ein paar Stücke Kuchen genommen hatten verzogen wir uns dann allerdings trotzdem nach oben ins Haus. Wir kamen erst wieder raus, als sich auch die letzten Partygäste verabschiedeten und wir sowieso beim Abbau der Feier helfen mussten. Meine Oma konnte nicht mehr wirklich was tragen und mein Opa hatte sich sowieso schon nach drinnen verkrochen. Das Zusammenleben mit ihm wurde von Tag zu Tag schwerer, er verstand immer weniger vom Alltag. Während wir die letzte Bank in den Schuppen trugen, kam er so plötzlich aus der Terrasse gerannt, dass Sola sie fast fallen ließ. Er redete irgendein verwirrtes Zeug über etwas was ich nicht verstand, bis mein Vater uns rettete und meinen Opa vorsichtig ins Haus zurück eskortierte. So konnten wir in Ruhe die Bank in den Schuppen bringen und uns dann wieder nach drinnen zurückziehen. Mit einer Serie ausnahmsweise mal auf DVD und nicht von unserem Abo, verbrachten wir den Rest des Abends.
Der nächste Morgen kam sowieso zu bald, wir mussten in die Stadt, die Schulbuchlisten waren seit unserem letzten Urlaubstag auch online da. Meine Mutter hatte die Bücher schon vorbestellt, wir mussten sie nur noch abholen und Blöcke und anderes Schulmaterial kaufen. Die siebte Klasse stand mir bevor und Sola würde ihr vorletztes Schuljahr antreten, die meisten Lehrer waren sich bereits sicher, dass sie ein hervorragendes Abitur machen würde. In gerade einmal elf Jahren, nachdem sie die dritte Klasse übersprungen hatte. Sie war hochintelligent mit acht, hatte man ihren IQ gemessen, der Test war eindeutig gewesen, sie hatte einen IQ von um die 140. Sie war auf eine Schule eingeladen worden, die sich auf Hochbegabung spezialisiert hatte. Sie hatte trotzdem abgelehnt, um zuhause bleiben zu können.
Es war ein verregneter Montagmorgen, wir nahmen den Bus in die Stadt und mal wieder den Zug, um mehr Auswahl in der nächstgrößeren Stadt zu haben. Dazu wollte Jason angeblich auch dorthin kommen, zumindest wenn ihn seine Mutter ließ, die Strecke war dann doch recht weit. Der Zug war ziemlich voll für einen Zug mitten am Tag. Unser erster Trip ging zur Buchhandlung, wo wir unsere Bücher abholten, dann ging es in einen Schreibwarengeschäft. Sola brauchte einen neuen Rucksack und ich ein neues Etui inklusive Stifte. Bei meinem alten war der Reißverschluss kaputt und der Boden hatte so einige Löcher, durch die zumindest schon Radiergummis passten. Meine Stifte vergrößerten regelmäßig das Loch, wenn sie sich dadurch bohrten, was es nicht besser machte.
Sola suchte sich einen etwas kleineren Rucksack aus, da sie sowieso nicht mehr wirklich viele Bücher hatte, die Bücher die probehalber hineinsteckte passten mit noch einigen Zentimetern Luft hinein. Der Block passte auch hinein, sie hatte einen neuen Rucksack, es fehlte noch mein Etui und Stifte für uns beide. Das würde aber nicht allzu lange dauern, denn kompliziert waren die Stifte nicht, außerdem bekamen wir spontan Hilfe von einer jungen Verkäuferin. „Was brauchen sie denn für ein Etui junge Frau", es dauerte einen Moment, bis ich realisierte, dass sie mich damit meinte und mich spontan nicht gemisgendert hatte. Meine Haare bedeckten dabei gerade einmal meine Ohren vollständig. Sola schien auch einen Moment zu brauchen, bis es bei ihr angekommen war, dann lächelte sie aber und sah mich erwartungsvoll an.
Ich ließ meinen Blick über die verschiedenen Etuis schweifen, die meisten waren eher für kleinere Kinder gedacht. Bob der Baumeister, Spiderman und verschiedene Tiermotive waren das Hauptbild von dem was ich so sah. In dem Regal darunter waren dann allerdings auch andere Etuis, meistens Motivlose zweifarbige. Bis ich zumindest eines mit bunten Streifen in allen Regenbogenfarben sah, ich nahm es heraus und warf Sola einen skeptischen Blick zu. Sie schien kurz nachzudenken aber dann nickte sie, ich sah die Verkäuferin: „Das möchte ich nehmen." „Das ist auch schön", die Verkäuferin nahm es mir vorsichtig aus der Hand und scannte unsere Einkäufe ein: „Viel Spaß euch damit." Sola bezahlte und bedankte sich bei ihr, dann liefen wir weiter zu einem Eiscafé.
Während wir noch im Café saßen, klingelte mein Handy, es war Jason, der mich anrief: „Ich bin in einer halben Stunde am Hauptbahnhof!" Er schrie mir fast das Ohr weg und ich musste meine Lautstärke runterstellen: „Wir kommen dich abholen." Ich massierte mir mein Ohr und beendete wenig später auch schon wieder das Gespräch. „Na dann kommt dein Kumpel bald", Sola löffelte ihr Eis weiter: „Mal schauen, was ihr dann so macht."
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Schatten der Vergangenheit
Fiksi Remaja,,Warum machst du einen Unterschied zwischen einem Mädchen und einem Jungen?" Klischees sind ein Problem, dass der 12jährige Carlos von einer ganz anderen Seite kennt. Gibt es einen Ausweg? Vorgeschichte zu: Ein Licht in der Dunkelheit Diese Story...