Kapitel 56

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Pov. Samira

Schmunzelnd sehe ich Indigo und ihrem Bruder nach, die gerade das Schulgebäude verlassen. Gerade noch rechtzeitig unterdrücke ich ein Seufzen, das meinen Mund verlassen möchte. Verwirrt darüber sehe ich schnell weg und erblicke dabei meine Mutter, die sich gerade mit meiner Lehrerin unterhält. Ungeduldig warte ich darauf, dass die beiden sich von einander verabschieden. Meine Mutter kommt lächelnd auf mich zu und nimmt mich in den Arm „Ich habe deine Lehrerin darum gebeten, dass sie dir eine weitere Chance gibt. Ich bin mir sicher, dass sie einen falschen Eindruck von dir hat." Ich nicke langsam und sehe dann auf den Boden „Sie hat nicht wirklich unrecht, wenn sie sagt, dass ich in Chemie nicht immer aufpasse." Die andere drückt mich näher an sich „Das weiß ich doch. Deine Lehrkräfte trennen dich nicht ohne Grund von deinen Freundinnen. Sie sind wirklich nette Mädchen, aber es bringt euch nichts, wenn ihr einander ablenkt." Sie schenkt mir ein Lächeln und geht dann mit mir auf den Ausgang der Schule zu.

Draußen sieht sie sich kurz suchend um „Diese Indigo, ist sie eine Freundin von dir? Du hast noch nie von ihr gesprochen." „Natürlich nicht!" Erschrocken über meinen Ausbruch bleibe ich stehen und versuche, meine Gedanken zu ordnen. Etwas in mir schreit mich förmlich an, dass ich gerade etwas Dummes gesagt habe. Nur weshalb? Indigo und ich sind keine Freundinnen. Wir kennen uns kaum und wenn es nach mir geht, könnte es so bleiben. Zumindest teilweise. Ein wenig? Nein, eigentlich nicht. Es wäre viel schöner, wenn Indigo und ich befreundet wären. Kopfschüttelnd schiebe ich meine Gedanken zur Seite und sehe dann zu meinem Gegenüber, der ebenfalls stehen geblieben ist und mich nun prüfend mustert „Ist alles in Ordnung?" „Klar, alles bestens." Meine Mutter sieht mich zweifelnd an, tut es dann aber leise seufzend ab. Sie weiß, dass ich nicht der Typ Mensch bin, der über seine Gefühle redet. Stattdessen legt sie wieder einen Arm um mich „Ich hatte den Eindruck, dass du Indigo magst. Ich habe noch nie gesehen, dass du dich für jemanden so einsetzt, mit dem du nicht befreundet bist." Ich zucke mit den Schultern „Ich habe doch nichts gemacht." Ein Seitenblick der Erwachsenen zeigt mir deutlich, dass sie anderer Meinung ist, doch ich schüttle nur wieder den Kopf, wodurch das Thema verstummt.

Ich lasse mich auf den Beifahrersitz des Autos fallen und schnalle mich an. Meine Mutter lässt sich neben mich fallen und starrt auf das Lenkrad. Es ist jedes Mal dasselbe Ritual, wenn sie mich ansieht. Ich bin mir sicher, dass sie sich fragt, ob sie einen Grund findet, nicht schon nach Hause zu fahren. Traurig mustere ich sie. Als ich ein Kind war, hat sie immer versucht, für mich stark zu sein. Sie hat sich immer vor meinen Vater gestellt, der Höchstleistungen von mir erwartet hat. Sie hat mich dazu ermuntert, Freundschaften zu knüpfen und meine Zeit mit anderen zu verbringen. Ich wünsche mir oft, dass ich ihr das irgendwie zurückgeben kann, doch ich kann es nicht. Heute ist sie eine gebrochene Frau, die gerade traurig in den Rückspiegel sieht. Die Frau, die gerade vor meiner Lehrerin stark war, sitzt nun mit einem unsicheren Blick zusammengesunken in ihrem Sitz. Sie lässt den Kopf auf das Lenkrad sinken und wenn ich richtig liege, kann ich eine Träne auf dem runden Gegenstand erkennen. Wohl wissend, dass sie sich sofort zusammenreißen würde, wenn ich sie berühren würde, lasse ich meine Hand bei mir und leide still mit ihr mit.

Ich sehe ihr stumm dabei zu, wie sie nach wenigen Minuten den Kopf hebt und grimmig in die Rückspiegel sieht. Kurz ballt sie eine Hand zur Faust, dann öffnet sie sie wieder und wechselt wieder zu einem traurigen Blick. Sie lässt sich im Sitz zurückfallen und seufzt laut. Anschließend sieht sie sich um und erblickt mich dabei. Sie zuckt zusammen und sieht mich erschrocken an. Ich lege ihr eine Hand auf den Arm „Ich brauche für die Schule einen neuen Block. Das ist wirklich dringend. Könnten wir einen Abstecher beim Schreibwarenladen machen?" Dankbar darüber, dass ich die Situation nicht erwähne, nickt mein Gegenüber und ich erkenne ein sanftes Lächeln auf ihren Lippen. „Wenn es dringend ist, sollten wir es heute noch erledigen."

Der Schreibwarenladen ist ein Stück entfernt. Ich genieße es, mit meiner Mutter im Auto zu sitzen und mit ihr über die Schule zu reden. Ich erzähle ihr von der Eins in Englisch, die sie zum Lächeln bringt „Dafür gebe ich dir eine heiße Schokolade aus." Sie zwinkert mir zu und parkt dann auf einem Parkplatz. Wir steigen aus und sie legt einen Arm um mich, woraufhin ich mich fester an sie drücke. Ich liebe es, mit meiner Mutter durch die Innenstadt zu bummeln, aber das geht natürlich nur, wenn mein Vater nicht zu Hause ist.

Wir betreten den Laden, in dem ich sofort zu den Blöcken laufe. Ich lasse mir viel Zeit, ehe ich einen nehme. Anschließend gehe ich zu den Ordnern und sehe mir diese an. Ich brauche zwar keinen, aber jede Sekunde Zeit, die ich für uns beide rausschlagen kann, ist es wert. Auch den Block bräuchte ich noch nicht, aber ich konnte nicht zulassen, dass wir jetzt schon nach Hause fahren. Aus dem Augenwinkel entdecke ich eine Mappe. Ich ziehe sie aus dem Regal und schmunzle über die Lilatöne, die ein wundervolles Farbmuster ergeben. In der Mitte ist die schwarze Silhouette einer kletternden Person zu erkennen. Verträumt fahre ich über die Silhouette, in der ich Indigo erkenne. Schmunzelnd lege ich sie auf den Block und gehe dann zu meiner Mutter, die ich wie erwartet in der Bastelabteilung finde. Sie hat buntes Papier, Kreppband, Stifte und Karten in einem Einkaufskorb, der neben ihr liegt. Als sie mich erblickt, lächelt sie „Samira, ich habe die perfekten Sachen gefunden!" Sie greift in den Korb und hält ein glitzerndes Kreppband hoch, nach dem sie schon seit einiger Zeit sucht. In ihrer Freizeit bastelt sie gern, was meinem Vater natürlich nicht gefällt. Nur ich weiß, wo sie ihre Materialien aufbewahrt. Grinsend nehme ich es in die Hand „Das ist perfekt für die Blumen, die du machen wolltest." Sie nickt sofort „Und für die Monsterchen, die ich in meiner Zeitschrift entdeckt habe." Sie legt es zurück und hält dann ein Paket mit Wackelaugen in die Höhe, die sie dazu ebenfalls braucht.

An der Kasse bezahlt meine Mutter zuerst ihre Sachen und sieht dann dabei zu, wie ich den Block und die Mappe auf den Tresen lege „Ist deine Mappe schon wieder kaputt?" Zögernd schüttle ich den Kopf „Kann ich sie trotzdem haben." Mein Gegenüber sieht mich prüfend an und nickt dann grinsend. Sie scheint zu bemerken, dass es mir viel bedeutet, diese Mappe zu besitzen. Sie sieht sie sich dann genauer an und fährt mit dem Finger über die Silhouette „Sie ist wirklich schön."

Wir bezahlen auch meine Gegenstände und verlassen dann den Laden. „Du weißt, wenn dein Vater fragt, brauchst du sie für die Schule." Ich nicke „Mir wird schon eine Lehrkraft einfallen, die unbedingt möchte, dass wir wichtige Unterlagen gesondert aufbewahren." Meine Mutter streicht mich schmunzelnd durchs Haar, so gut es mit den Materialien in ihren Armen geht. „Wie wäre es, wenn wir jetzt noch ins Café gehen? Schließlich sind wir gerade in der Stadt." Glücklich nicke ich ihr zu und erfreue mich an ihrem Grinsen, das meine Antwort auslöst.

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