Kapitel 24

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Pov. Indigo

Suchend sehe ich zu den Bäumen, in deren Kronen und an deren Stämmen die Besucher klettern. Mein Blick bleibt schließlich an einer Jugendlichen mit roten Haaren hängen, die auf dem Boden sitzt. Sie hat sich an einen Baumstamm gelehnt und ihr Gesicht liegt auf ihren angewinkelten Knien. Unschlüssig sehe ich in die Richtung, in der unser Tisch ist, doch meine Sorge überwiegt und ich gehe langsam auf die Jugendliche zu.

Jeder neue Schritt, den ich tätige, ist langsamer als der vorherige. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis ich schließlich vor ihr stehe. Ich lehne mich an den Stamm und lasse mich nach unten gleiten, was sie bemerkt „Verschwinde!" Ich schüttle den Kopf, ehe ich bemerke, dass sie das nicht sehen kann. Seufzend sehe ich zu ihr „Nein, ich bleibe." Meine Klassenkameradin hebt langsam den Kopf und sieht mich wütend an „Wie ich schon sagte, ich brauche keinen Aufpasser!" Ich wende meinen Blick zum Himmel und deute auf eine Wolke „Findest du auch, dass diese Wolke wie ein Schäfchen aussieht?" Irritiert folgt die andere meinem Finger und zuckt dann mit den Schultern „Keine Ahnung, interessiert mich aber auch nicht." Ich sehe sie nur aus dem Augenwinkel, doch ich bemerke ihren nachdenklichen Blick, während sie weiter in den Himmel sieht. Ich deute auf eine andere Wolke „Und die sieht aus wie ein Wal!" Die Frau neben mir lacht spöttisch „Hat ein Wal bei dir einen runden Körper und keine Schwanzflosse?" „Was soll die Wolke denn sonst sein?" Die Rothaarige überlegt kurz „Sieht wie ein Gesicht aus. Das rechts und links könnten sogar Haare sein." Ich folge ihrem Finger, den sie zum Veranschaulichen gen Himmel gestreckt hat und nicke dann „Stimmt, der Wal war wirklich übertrieben, aber das Schäfchen existiert." Die andere denkt lange nach und seufzt dann „Kann schon sein."

Ich sehe nun direkt zu ihr und schenke ihr ein sanftes Lächeln. Sie bemerkt es und wendet schnell den Kopf ab. Sie versucht, den Kopf so weit wie möglich in die andere Richtung zu drehen, doch es gelingt ihr nicht, ihr Schmunzeln vor mir zu verbergen. Unsicher, wie es nun weitergehen soll, stelle ich zaghaft eine Frage „Wie wäre es, wenn wir unser Referat fertigmachen?" Sie sieht zu mir und nickt dann langsam „Ich möchte deinetwegen keine schlechte Note bekommen." Anstatt etwas zu erwidern, verkneife ich es mir diesmal und nicke nur.

Zurück an unserem Tisch suche ich verwundert nach meinem Bruder und seinem besten Freund. Auch Samira sieht sich fragend um „Wo sind die beiden?" Ich zucke mit den Schultern und fische einen kleinen Schlüssel aus meiner Hosentasche. Glücklicherweise hat Louis mir den Schlüssel gegeben, bevor er mit Jamie zu dem kleinen Parcours gegangen ist. Ich gehe mit Samira zu den Spinden und hole unsere Taschen heraus. Meine Mitschülerin greift sofort nach ihrer und reißt sie mir förmlich aus der Hand. „Kannst du nicht einfach fragen?" Die Rothaarige zuckt mit den Schultern und ist schon zurück am Tisch, als ich die Metalltür kopfschüttelnd abschließe.

Ich setze mich zu ihr und sehe auf die Utensilien, die sie bereits auf dem Tisch verteilt hat. Wie verabredet hat sie Kleber und Infomaterial dabei, in das wir uns noch einlesen wollten. Ich steuere die Stifte bei und reiche ihr einen Textmarker, für den ich im Austausch ein Infoblatt bekomme.

Jede von uns arbeitet sich durch ein paar Blätter und markiert dabei das Wichtigste. Nachdem wir fertig sind, besprechen wir das gelesene Material mit der anderen. Wir arbeiten die gefundenen Informationen in unseren Vortrag ein und sehen uns dann noch zwei Bilder an. „Die klebst du am besten an das Ende des Zeitstrahls." Ich sehe auf die Bilder und nicke dann „Also einfach ganz rechts?" Samira nickt und deutet dann auf ein drittes Bild „Die Note kann neben die Überschrift." Ich sehe mir auch das Bild an und nicke dann wieder „Okay, wird gemacht. Dafür schreibst du den Vortrag ein zweites Mal ab und bringst ihn mir mit." Die andere nickt und legt die Papiere in eine Folie „Damit bekommen wir hoffentlich eine gute Note." Ich sehe auf die Sachen vor uns und nicke dann „Wer hätte gedacht, dass es noch Lehrkräfte gibt, die Plakate möchten." Die Rothaarige verdreht die Augen „Das hat mich bei Frau Fuchs ehrlich gesagt nicht gewundert, sie geht schließlich bald in Rente." Ich reiße ungläubig die Augen auf und kichere dann zaghaft. Eigentlich ist es gemein, aber sie hat recht. Unsere Musiklehrerin ist vom alten Schlag. Sie liebt Plakate, Folien für den Overheadprojektor und bringt sogar Videokassetten mit in den Unterricht. „Du musst allerdings zugeben, dass sie unheimlich nett ist." Sofort stimmt sie mir zu „Sie ist der beste Musiklehrer, den wir erwischen konnten. Ich finde es auch schade, dass sie bald in Rente gehen soll, aber die Plakate nerven. Jede andere Lehrkraft lässt uns die Vorträge digital machen."

„Ich finde, dass Plakate ihren Charme haben." Die andere sieht mich verwirrt an und schüttelt dann den Kopf „Du hast absolut keinen Geschmack." „Pass auf, was du sagst, wir haben in der Schule viel mit Referaten gearbeitet, bevor sich das die letzten zwei Jahre geändert hat." Wir drehen uns um und sehen einem grinsenden Louis entgegen. Er setzt sich zu uns und sieht auf die noch auf dem Tisch liegenden Blätter „Also ich beneide euch nicht darum, Musik war nicht gerade mein Lieblingsfach." Ich muss bei seinen Worten grinsen und sehe mich dann um „Wo ist Jamie?" Louis Blick entgleist kurz und ich meine Schmerz und Unsicherheit darin erkennen zu können. Besorgt sehe ich ihn an, bis er sich endlich räuspert „Ich habe deinen Bruder auf die Rutschbahn bekommen und es sogar irgendwie geschafft, sie mit ihm zu rutschen." „Und wo ist er jetzt? Ist ihm etwas passiert?" Sofort hebt der andere die Hände „Nein, das nicht. Er ist kurz auf der Toilette. Ich glaube, dass er etwas Zeit braucht, um das zu verarbeiten." Ich sehe den besten Freund meines Bruders genauer an und merke, dass er mir etwas verschweigt. Schnell springe ich auf, laufe zu den Toiletten und stürme ohne nachzudenken in die für Herren.

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Was wahre Stärke ausmachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt