Kapitel 22

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Pov. Indigo

Kopfschüttelnd sehe ich zu der Rothaarigen, der noch immer der Arm von Louis auf den Schultern liegt. Sie scheint seine Berührung zu genießen und macht keine Anstalten, den Arm zu entfernen. Sie hat recht, ich würde natürlich immer auf meinen Bruder zeigen. Das heißt aber nicht, dass Louis nichts kann. Er hilft mir bei den Mathe-Hausaufgaben mindestens genauso gut, wie mein Bruder. Ich kann mich auf beide verlassen und wenn ich ehrlich bin, freue ich mich sehr darüber, dass er aktuell bei uns wohnt. Ich gehe zu ihm und kuschle mich an seine Brust. Überrascht legt er einen Arm um mich „Was ist denn los?" „Nichts, ich bin nur froh, dass du Jamie und mich unterstützt." Er lässt die Rothaarige los und legt nun auch den zweiten Arm um mich „Jederzeit, Indi." Ich drücke ihn noch fester „Wie wäre es, wenn wir dir demnächst das leere Zimmer herrichten? Also natürlich nur, wenn Jamie einverstanden ist." Mein Bruder, der sich zu uns gestellt hat, nickt sofort „Bin ich." Louis hebt mich hoch und sieht lachend dabei zu, wie ich mich kreischend an seiner Schulter festhalte. Der Schock ist schnell überwunden und ich sehe ihn grinsend an „Wie lange kannst du mich halten?" Sein Gesicht zeigt schon leichte Spuren der Anstrengung „Etwas geht noch." Ich genieße die sanfte Brise in meinen Haaren und traue mich sogar, einen Arm auszustrecken, ehe er mich wieder absetzt. Kichernd sehe ich ihn an „Du musst mehr trainieren." Beinahe beleidigt mustert er mich „Oder du bist einfach zu schwer." Spaßeshalber puste ich meine Wangen auf und boxe ihm in die Seite „Frechdachs!"

Ich sehe zur Seite und bemerke meine Klassenkameradin, die den Kopf hängen lässt und sich ein paar Schritte weggestellt hat. Unsicher gehe ich auf sie zu „Was ist denn los?" Sie hebt den Kopf und hat sofort den üblichen arroganten Blick drauf „Denkst du etwa, mich interessiert euer Familiengehabe? Macht das gefälligst privat." Sie dreht sich mit verschränkten Armen um und geht zum Ausgang. Die beiden Männer sehen ihr kopfschüttelnd nach und Jamie sagt leise „Ich wüsste wirklich gern, weshalb sie manchmal so gemein ist." Ich nicke und gehe dann stumm mit den beiden zur Kasse, an der wir unseren Eintritt bezahlen.

Ich war schon einige Male hier und weiß, wie ich mir den Gurt anlegen muss. Schnell sitzt er fest an meinem Körper, wird noch einmal von einem Mitarbeitenden kontrolliert und schon gehe ich zum ersten Hindernis. Mein Ziel ist der hohe Turm, von dem eine Rutschbahn nach unten führt. Es ist der höchste Punkt und bei der Fahrt rutscht man an einem Seil hinab, an dem die Karabiner des Gurtes befestigt sind. Wie gewohnt herrscht reges Treiben auf dem Weg dorthin und vor mir ist eine kleine Schlange, an der ich mich anstellen muss. Das gibt mir Zeit, über meine Klassenkameradin nachzudenken. Ich entdecke die Rothaarige unten am Tisch, an dem auch die anderen beiden sitzen. Ich denke an die Situation vorhin, bevor wir zur Kasse gingen. Ich bin mir sicher, dass sie sich eine Träne von der Wange gewischt hat, bevor sie sich zu mir umgedreht hat. Ich habe Samira noch nie traurig erlebt. Erst dachte ich, dass ich es mir eingebildet hätte, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es so war. Unsicher sehe ich wieder zu dem Tisch, an dem die anderen noch immer sitzen. Kann es sein, dass wir sie verletzt haben? Sie sagt zwar, dass wir sie genervt haben, aber die Träne sagt etwas anderes. Würde sie ehrlich zu mir sein, wenn ich sie darauf anspreche? Vermutlich nicht, sie ist schließlich noch immer Samira. Ich bemerke, dass gerade die letzte Person vor mir die Rutschbahn genommen hat. Seufzend hake ich meine Karabiner ein, warte auf meine Erlaubnis und stürze mich dann in die Tiefe.

Anders als sonst ist es mir diesmal nicht gelungen, die Fahrt zu genießen. Meine Gedanken sind noch immer bei der Rothaarigen. Langsam gehe ich zu unserem Tisch und setze mich neben sie „Was macht ihr denn noch hier?" Louis deutet auf meinen Bruder „Du weißt doch, dass er ein Angsthase ist. Ich versuche ihn gerade auf das Hindernis dort zu bekommen." Er deutet auf einen kleinen Parcours, der nur knapp über dem Boden stattfindet. „Ich weiß nicht, das sieht hoch aus." Louis und ich schütteln synchron die Köpfe. Er greift nach der Hand meines Bruders, zieht ihn von der Bank und nimmt ihn unter Zögern mit zum Hindernis. Der Braunhaarige folgt ihm dabei langsam und widerwillig.

Da wir nun allein sind, werfe ich einen vorsichtigen Blick zu meiner Klassenkameradin „Was ist mit dir, möchtest du nicht klettern?" Sie hält den Blick starr auf den Tisch gerichtet, während sie den Kopf schüttelt „Ich bin umgeknickt und möchte erst einmal etwas sitzen." Mitleidig sehe ich sie an und bleibe neben ihr, was sie verwundert „Was ist mit dir?" „Ich wollte bei dir bleiben, damit du nicht so allein bist." Die andere sieht mit einem grimmigen Blick zu mir „Ich brauche keinen Aufpasser, du kannst gehen!" Zum ersten Mal, seitdem ich sie kenne, lasse ich mich nicht von ihrem Blick abschrecken und sehe genauer hin. Ihr Blick ist nicht nur ablehnend, sondern auch ängstlich. Behutsam lege ich ihr eine Hand auf die Schulter „Samira, was ist los?" Die andere reißt erschrocken die Augen auf, schlägt meine Hand weg, springt auf und rennt weg. Seufzend bemerke ich, dass sie einwandfrei laufen kann, was bedeutet, dass sie mich angelogen hat. Ich beschließe, ihr Zeit für sich zu lassen, und gehe stattdessen zu den beiden Männern.

Louis hat es tatsächlich geschafft, meinen Bruder auf das dicke Seil zu bekommen. Er taumelt etwas und hält sich krampfhaft an der Leine über ihm fest, an der auch seine Karabiner hängen. Stolz zeige ich ihm den ausgestreckten Daumen und sehe dann zu Louis, der mindestens genauso stolz zu seinem besten Freund sieht, wie ich. Ich sehe den beiden noch ein paar Minuten zu, doch meine Gedanken schweifen immer wieder zu meiner Klassenkameradin. Immer wieder geht mein Blick in die Richtung, in der sie verschwunden ist, und ich beschließe, sie zu suchen.

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