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Pov. Samira
Schweigend starre ich Indigos großen Bruder an. Ich sehe nicht ein, ihm die Wahrheit zu sagen, und suche stattdessen nach einer Ausrede. Als ich eine gefunden habe, setze ich mein unschuldigstes Gesicht auf „Ich habe mich mit jemandem geprügelt und dabei etwas abbekommen. Meine Mutter wäre außer sich, wenn sie das sehen würde, deshalb bin ich zu ihnen gekommen." Der Ältere seufzt leise und schüttelt den Kopf „Zweiter Versuch." Ungläubig sehe ich ihn an. Es ist noch nie jemandem gelungen, meine Lügen zu durchschauen, wenn ich dabei dieses Gesicht gemacht habe. „Was meinst du damit?" Er wirft mir einen traurigen Blick zu „Ich bin oft genug angelogen worden, um eine Lüge zu erkennen. Wenn du hierbleiben möchtest, und danach sieht es aus, dann verlange ich die Wahrheit." Seufzend lasse ich mein Pokerface fallen und ziehe die Ärmel meines Shirts hoch. Meine Handgelenke sind wie üblich blau. Jamie zieht bei dem Anblick schockiert die Luft ein und Indi sieht mich an, als würde sie gleich weinen. Schnell lege ich ihr eine Hand auf den Kopf und lächle sie an „Das ist nur halb so schlimm, Indi." Die Teenagerin schüttelt den Kopf und sieht mich ungläubig an „Nicht so schlimm? Deine Handgelenke sind blau!" Traurig lasse ich den Kopf sinken und sehe dabei noch, dass Jamie den Raum verlässt. Er kommt kurz darauf mit zwei weiteren Kühlakkus wieder, die er mir reicht „Die sind formbar, leg sie bitte um deine Handgelenke." „Das ist nicht nötig, die tun nicht weh. Das ist nicht von heute." Der Erwachsene sieht mich mit einem scharfen Blick an und Indi greift sofort nach den Packs, legt sie mir um die Arme und hält anschließend den dritten Akku an meine Wange.
Schweigend sehen mich die beiden an und warten darauf, dass ich ihnen erkläre, was passiert ist. Innerlich versuche ich, mir meine Worte zurechtzulegen, aber das ist nicht so einfach. Meinen Freundinnen neulich die halbe Wahrheit zu erzählen, war schon schwer genug, aber jetzt mit der ganzen Wahrheit rauszurücken, wirkt beinahe unmöglich. Indi streicht mit ihrer freien Hand über meine nicht verletzte Wange „Bitte Samira, rede mit uns. Ich verspreche dir, dass Jamie dich danach nicht alleinlassen wird. Du kannst dich auf meinen Bruder verlassen." Ich sehe den Braunhaarigen an, der sofort nickt. Ich sehe auf die Kühlakkus, die auf meinen Handgelenken liegen und breche dabei in Tränen aus. Zwischen zwei Schluchzern presse ich 'Das war mein Vater' heraus und spüre dabei schon, wie sich eine Hand auf meinen Rücken gelegt hat und diesen sanft streichelt. Jamie ist zu mir gerutscht und wartet darauf, dass ich mich etwas beruhige, um seine nächste Frage zu stellen „Weiß deine Mutter davon?" „Sie war dabei, als er mir heute die Ohrfeige verpasst hat." „Und sie hat nichts getan?" Indigo sieht mich geschockt und zeitgleich wütend an, was mich total überfordert. „Sie kann nichts dafür." „Natürlich kann sie was dafür! Sie kann doch nicht daneben stehen, wenn er dich schlägt!" Die Teenagerin wird immer wütender, bis ihr Bruder ihre Hand nimmt und sie beschwichtigend ansieht „Wir sollten Samira erzählen lassen." Frustriert nickt die Braunhaarige und sieht wieder zu mir.
„Er behandelt meine Mutter genauso schlecht wie mich. Er schreibt ihr jeden einzelnen Tag vor. Freundschaften kann sie nur heimlich pflegen, wobei die meisten mittlerweile in die Brüche gegangen sind. Tage, an denen ich mit ihr lachen kann, sind mittlerweile eine Seltenheit. Sie hat zu kochen, einzukaufen und zu putzen, das ist alles. Wenn er nach Hause kommt und sie hat etwas vergessen, wird er stinksauer. Ich vermute, dass er sie schlägt, aber ich weiß es nicht genau." Ich mache eine Pause und kämpfe dabei wieder mit den Tränen. „Er hat mich heute zum ersten Mal geschlagen. Normalerweise zieht er mich lediglich an den Handgelenken mit sich, wenn ich nicht das tue, was er möchte. Er verpasst mir dauernd Strafen, wenn ich nur einmal widerspreche und ich muss den ganzen Tag lernen. Er gibt mir irgendwas vor, das wir nicht einmal im Unterricht drannehmen und nachts darf ich dann den tatsächlichen Schulstoff lernen und meine Hausaufgaben machen. Meine Freundinnen sehe ich nur in der Schule oder wenn ich eine Freistunde habe, da ich pünktlich zu Hause sein muss." Ich mache erneut eine Pause, in der ich einen der Akkus von meinem Handgelenk nehme und traurig auf die blaue Farbe sehe „Er verpetzt alles, was meine Mutter und ich tun, an ihre Eltern. Meine Großeltern sind gläubig und haben einen Aufstand gebaut, als meine Mutter aus mangelnder Zeit den Bibelkreis verlassen musste. Sie regen sich jedes Mal auf, wenn sie bei uns sind. Meine Mutter und ich sind auf uns allein gestellt."
Indigo schüttelt schockiert den Kopf „Nein, seid ihr nicht! Ich bin für dich da, wenn etwas ist. Und für deine Mutter bin ich auch da, wenn sie jemanden braucht!" Ich sehe die Gleichaltrige dankbar an und schüttle daraufhin den Kopf „Meine Mutter möchte keine Hilfe. Ich weiß nicht weshalb, aber sie hat sich ihrem Schicksal schon vor vielen Jahren gefügt. Sie spielt das Theater meines Erzeugers mit, weil sie ihren Eltern gefallen möchte. Die halten ihn für den perfekten Schwiegersohn." Wütend balle ich die Hände zu Fäusten „Ihr gefällt nicht, was er mit uns macht, aber sie kann es nicht ändern. Sie wollte mich heute verteidigen und hat sich vor mich gestellt, aber ich habe nicht aufgehört. Ich habe mich gegen ihn aufgelehnt, weil er ihr wieder einmal das Essen verboten hat. Mir wurde es natürlich auch sofort verboten, und als ich nicht aufgehört habe, hat er mir eine Ohrfeige verpasst. Dass meine Wange dabei sogar geblutet hat, habe ich nicht bemerkt." Ein leises Schluchzen dringt an mein Ohr und ich sehe zu meiner Klassenkameradin, deren Wangen nass sind und die gerade in den Armen ihres Bruders liegt. Sofort greife ich nach ihrer Hand und weiß nicht, was ich nun tun soll. Überfordert sehe ich die Frau an, die ich liebe, und der ich gerade nicht zu helfen weiß. Jamie bemerkt das wohl, denn er drückt seine Schwester sanft auf mich zu, welche die Aufforderung versteht und sich schluchzend in meine Arme fallen lässt."
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Was wahre Stärke ausmacht
RomansStärke - Was ist das überhaupt? Bedeutet es, dass ein Mensch nicht weinen darf? Dass er sich für andere zusammenreißen muss? Dass er seine Stärke regelmäßig unter Beweis stellen muss? Ich versuche all das Tag für Tag, doch ich schaffe es nicht mehr...