Kapitel 87

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Pov. Samira

Nach weiteren qualvollen Sekunden der Stille ist es dann endlich Kora, welche diese bricht „Ist es eine Frau? Oder eine diverse Person?" Unsicher murmle ich "Eine Frau" vor mich hin und höre anschließend ängstlich in die Stille, die sich wieder breitgemacht hat. Diesmal hält sie glücklicherweise nicht so lange an und ich höre Kora quietschen „Unsere Samira ist lesbisch!" Auch die anderen Mädchen stimmen in ihr Quietschen mit ein, woraufhin ich mir die Ohren zuhalte. Da wir im Eiscafé sitzen, drehen sich natürlich alle anderen zu uns um und starren uns an. Die Mädchen verstehen meine Geste glücklicherweise schnell und hören auf. Anna sieht sich um und beginnt zu kichern „Ich glaube, wir werden gerade vom gesamten Eiscafé angestarrt." Ich nicke zustimmend und mache dabei mit meinem Gesichtsausdruck deutlich, dass ich es nicht so amüsant finde, wie sie. Lucy stupst mich kichernd an „Du solltest weniger darauf achten, was andere von dir denken, dann ist das Leben gleich viel lustiger." „Fällt mir aber schwer." „Ich weiß."

Mein Gegenüber drückt meine Hand und sieht mich lächelnd an „Ich finde es übrigens echt schön, dass du offen zu uns warst. Ich hätte nicht gedacht, dass du lesbisch bist." Kora stupst sie an „Du solltest sie nicht vorschnell in eine Schublade stecken, vielleicht stimmt deine Vermutung nicht." Die beiden sehen mich erwartungsvoll an, während ich mit den Schultern zucke „Keine Ahnung, sie ist die erste Person, für die ich etwas empfinde." Anna greift nach meiner freien Hand und sieht mich aufmunternd an „Es ist okay, wenn du noch Zeit brauchst. Es braucht seine Zeit, Label für sich zu finden." „Und falls du keine benutzen möchtest, ist das auch vollkommen okay." Lucy zwinkert mir zu, was mich zum Grinsen bringt „Ich hatte immer Angst, dass ihr mich nicht mehr leiden könnt, wenn ich euch sage, dass ich Kyle nicht mag. Und noch mehr Angst hatte ich davor, euch zu sagen, dass ich etwas für eine Frau empfinde." Anna schüttelt sofort den Kopf „Wieso sollten wir das tun? Du bist doch unsere Freundin." Lucy beginnt zu kichern „Dir ist aber schon klar, dass du dich jetzt nicht mehr vor unseren Fragen retten kannst, richtig?" Schmunzelnd nicke ich. Mir ist klar, dass die drei mich am liebsten sofort über die Einzelheiten ausquetschen würden, aber noch verhalten sie sich ruhig, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. Doch mir ist natürlich klar, dass diese Ruhe nicht lange anhalten wird.

„Kennen wir die Frau?" Es ist Anna, welche die erste Frage stellt. Natürlich werde ich sofort von sechs Augen neugierig gemustert. Schüchtern nicke ich „Ja, sie geht auf unsere Schule, aber mehr möchte ich nicht sagen. Es ist alles etwas kompliziert." Die drei sehen mich enttäuscht, aber verständnisvoll an und Anna scheint dabei ein Einfall gekommen zu sein „Stimmt, du bist in einer sehr gläubigen Familie aufgewachsen, richtig? Was sagt denn deine Mutter dazu?" Auch die anderen beiden werden bei ihren Worten wieder ernst und sehen mich mitfühlend an. „Die weiß nur, dass ich verknallt bin. Sie denkt, dass es ein Kerl ist. Ich konnte ihr die Wahrheit bisher nicht sagen." Ich mache eine Pause, lasse dabei den Kopf sinken und murmle leise „Sie hat genug um die Ohren, da soll sie sich nicht noch mit einer Tochter auseinandersetzen müssen, die in den Augen ihrer Eltern eine Ketzerin ist." Sofort spüre ich drei Hände, die sich auf meine Arme legen. Meine Freundinnen sehen mich traurig an und sagen dabei nichts. Sie haben sicherlich Angst, etwas Falsches zu sagen. „Meine Großeltern sind sehr gläubig und würden mich sicherlich nicht mehr mögen, wenn sie die Wahrheit erfahren würden. Dabei kämpft meine Mutter schon jetzt verzweifelt um ihre Liebe. Wenn ich mich outen würde, wäre alles vorbei.

Ich spüre, dass die drei meinen Arm drücken, was meine Laune sofort etwas verbessert. Kora räuspert sich kaum hörbar „Was meinst du damit?" Stimmt ja, ich habe den drei Mädchen bisher kaum etwas von meiner Familie erzählt. Sie wissen nicht, wie es bei uns zugeht. Normalerweise würde ich auch nicht darüber reden, aber gerade fühle ich mich bei ihnen so geborgen, dass meine Antwort beinahe automatisch über meine Lippen kommt „Meine Großeltern wollen, dass meine Mutter und ich möglichst christlich leben. Als sie erfahren haben, dass meine Mutter ihren Bibelkreis verlassen hat, sind sie ausgerastet." Ich mache eine Pause und seufze dabei „Sie halten meinen Vater für den besten Mann der Welt und hoffen, dass er meine Mutter wieder auf den richtigen Weg führen wird." Schnaubend balle ich meine Hand zu einer Faust „Dabei ist er ein Arsch, der meine Mutter immer verpfeift, wenn er es kann. Geht sie einmal sonntags nicht zur Kirche, sie natürlich verpetzt. Verlässt sie ihren Bibelkreis, passiert das selbstverständlich auch. Er ist einfach nur ein fauler Mensch, der sich nach der Arbeit von vorne bis hinten bedienen lässt. Wenn er einmal etwas sagt, dann motzt er uns an. Wir können es ihm einfach nicht recht machen."

Die drei schweigen weiterhin, aber ich spüre wieder den Druck, während sie meinen Arm drücken. „An Silvester wollte ich mir mit meiner Mutter einen schönen Abend machen, aber er hatte andere Pläne. Er wollte, dass wir mit zu seiner Pokerrunde kommen. Dabei sitzen die Männer an einem Pokertisch und die Frauen haben am Rand zu sitzen und schön auszusehen, wenn sie das nächste Bier bringen. Das habe ich nicht ausgehalten und als mich das Mädchen dann um Hilfe gebeten hat, bin ich zu ihr. Mein Vater war natürlich stinksauer, als ich am nächsten Tag zurückkam. Ich habe Hausarrest für die nächsten Wochen. Mal wieder."

Ich sehe langsam auf und bemerke, dass meine Freundinnen alle Tränen in den Augen haben. Als sie meinen Blick bemerkt, beginnt Lucy behutsam zu sprechen „Wieso hast du uns nichts gesagt? Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir dir geholfen." Traurig schüttle ich den Kopf „Wie möchtet ihr mir denn helfen? Ihr könnt ihn leider nicht ändern." „Das nicht, aber ich biete dir hiermit an, dass du bei mir übernachten kannst, wenn du möchtest. Wenn ich meiner Mutter die Umstände erkläre, nimmt sie dich sicherlich für ein paar Tage auf." Die anderen beiden bestätigen mir sofort, dass sie dasselbe für mich tun würden. Gerührt sehe ich sie an, schüttle dann aber wieder den Kopf „Ich weiß, ihr meint es gut, aber wenn ich das tun würde, würde alles nur noch viel schlimmer werden. Ich kann meine Mutter nicht mit ihm allein lassen."

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