Kapitel 14

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Die E-Mail erreichte mich am nächsten Tag in der Pause zwischen Geschichts- und Matheunterricht. Als ich Elaine als Absenderin erkannte, wich ich hastig einen Schritt von Tabitha und Laura zurück. Was könnte Elaine während der Schulzeit von mir wollen?!

Unauffällig klickte ich das Lesen-Symbol an.

Liebe April,

bitte finde dich heute Nachmittag um 16:00 Uhr in der Liga ein. Wir haben Informationen über einen spukenden Geist erhalten. Er muss sofort eingefangen und archiviert werden.

Alles weitere heute Nachmittag.

Viele Grüße

Elaine

Das nannte ich mal kurz und knapp... Nachdenklich löschte ich die E-Mail, bevor ich mich zu Tabitha und Laura zurückgesellte. Wenn ein unbeschworener Geist spukte, bedeutete es, dass er sich an seiner alten Wirkungsstätte auf eine den Geheimhaltungskodex gefährdende Weise bemerkbar machte. Sämtliche im Archiv der Liga eingelagerten Geister waren in dieser Form auffällig gewordenen. Ich hatte mich bislang noch nicht näher damit befasst, was es genau bedeutete, wenn ein Geist spukte.

Nun, heute würde ich es wohl herausfinden.

Aufregung erfasste mich. Endlich bekam ich etwas Abwechslung zu meinen fruchtlosen Therapiestunden mit Jochen! Vielleicht war meine Gabe doch noch zu mehr gut, als mich durch schweigsame Geister in den Wahnsinn zu treiben.

„April?", riss Tabitha mich aus meinen Gedanken. „Was ist los mit dir? Willst du deinen im Geschichtsunterricht erreichten Grad der Schläfrigkeit heute gar nicht mit unseren vergleichen?"

„Eindeutig eine Zehn", antwortete ich prompt. „Eindeutig. Sie hat mich so stark eingeschläfert, dass ich jetzt noch neben mir stehe."

Laura lachte. „Ehrlich gesagt finde ich die Umstände, die zum ersten Weltkrieg geführt haben, ganz interessant."

„Das sind sie wahrscheinlich auch", gestand Tabitha ihr zu. „Nur dann nicht mehr, wenn Scholli zum zehnten Mal an derselben Stelle hängen bleibt. Ich weiß nicht, wie oft sie uns jetzt schon von diesem Blankoscheck erzählt hat."

„Na ja, der Blankoscheck hat maßgebend zum Ausbruch des ersten Weltkrieges geführt, deswegen hat er eine gewisse Wichtigkeit." Lauras Stimme verzagte. Sie war lieb und ziemlich klug, aber in Konfliktgesprächen überhaupt nicht gut.

„Hm", machte Tabitha. „Phillips Klasse ist schon beim Ende des ersten Weltkriegs angekommen. Bei uns ist er noch nicht einmal ausgebrochen!"

Ich horchte auf. „So so." Ich warf ihr einen bohrenden Blick zu. „Woher weißt du denn, wie weit Phillips Klasse in Geschichte ist?"

Tabitha trat von einem Fuß auf den anderen. „Ich habe mit ihm gesprochen."

Ich presste meine Hände aufs Herz. „Bitte sag mir, dass du dich endlich dazu durchgerungen hast, ihn nach einem Date zu fragen!"

„Nun ja..." Verlegen tastete sie nach ihren Haarspitzen. „Ich bin dran. Die Frage nach seinem Geschichtsunterricht sollte der Einstieg zu diesem Thema werden, aber dann kam Björn dazu und... Ich konnte ihn schlecht vor Björn fragen."

Ich drehte mich um und stieß meinen Kopf gegen die Wand.

„Tu dir nicht weh", riet Laura mir, verbiss sich dabei aber ein Lachen.

„Frag ihn endlich", flehte ich. „Bitte frag ihn endlich! Mach meinem Leiden ein Ende. Ich kann dir nicht noch länger dabei zusehen, wie du um diesen Jungen herumschleichst. Ich möchte endlich die Belohnung für meine mitreißenden Mutmachreden und dich glücklich an seiner Seite sehen."

Spuk am BaumhausWo Geschichten leben. Entdecke jetzt