Kapitel 24

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„Hey, April!" Tante Nina lächelte mich an. Statt ihres üblichen Pferdeschwanzes trug sie ihre braunen Haare heute in einem ordentlichen Haarknoten à la Maira. „Willst du an der Versammlung teilnehmen?"

„Ich habe mich gerade umentschieden. Tut mir leid, ich hätte dir wirklich gerne zugehört, aber ich muss mich mit einem Geist unterhalten."

„Schade. Ich hätte mich gefreut, meine Nichte im Publikum zu haben."

Ich geriet ins Schwanken. „Na ja, ich könnte vielleicht... für den ersten Teil..."

„Ach, was! Ich wollte dir kein schlechtes Gewissen bereiten. Du bist eine Geisterbeschwörerin, also kümmerst du dich um deine Geister. Wir anderen kümmern uns darum, unsere Telekinesemagie durch Training zu stärken." Sie strich mir übers Haar. „Alles in Ordnung bei dir? Du siehst ein bisschen mitgenommen aus."

„Mir geht's gut. Ich habe nur gerade eine überraschende Erkenntnis gewonnen."

Nina hob ihre Augenbrauen. „Klingt mysteriös."

„Thomas kann länger bei mir bleiben als die für beschworene Geister üblichen drei Monate", führte ich für sie aus. „Hängt irgendwie mit seiner Eigenschaft als mein erster Geist zusammen. Ich wusste davon bislang nichts. Ich dachte, ich müsste ihn gehen lassen, aber das stimmt nicht."

„Das freut mich für dich", erwiderte sie überrascht. „Ich hatte das Gefühl, ihr versteht euch gut."

„Das tun wir wirklich. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten haben wir uns zusammengerauft." Ich wandte mich zum Gehen. „Viel Glück für deinen Vortrag, Nina. Bis bald."

„Eine Sekunde noch, Schätzchen!"

„Ja?" Ich drehte mich wieder zu ihr um.

„Wir sollten in naher Zukunft mal einen Termin für dein Telekinesetraining ausmachen." Als ich meinen Mund öffnete, hob sie abwehrend ihren Zeigefinger. „Keine Widerrede! Herr Kopenau hat deinen Unterricht mit Margarete nur unter der Vorgabe vorzeitig beendet, dass ich regelmäßig mit dir übe."

„Momentan habe ich echt wenig Zeit übrig", wehrte ich hastig ab. „Die Schulaufgaben und meine Geister beschäftigen mich in jeder freien Minute. Mama macht mir schon Vorwürfe, weil ich ständig auf Achse bin."

Nina grinste. „Tut mir leid, Schätzchen, aber dann wirst du dir die Zeit schaffen müssen. Lass uns einen Termin in der nächsten Woche ausmachen. Wir können uns gerne hier in der Liga treffen."

Ich seufzte geschlagen. „Ich sehe mal nach, wann ich es in meinem vollen Terminkalender unterbringen kann."

„Wenn du dich bis Montag nicht mit einem Terminvorschlag bei mir gemeldet hast, komme ich dich zuhause besuchen. Verlass dich darauf."

„Mama würde sich bestimmt freuen."

Nina zog eine schiefe Grimasse. „Ich weiß nicht. Seitdem ich dich zu meinem ‚Lesezirkel' mitgeschleppt habe und du ständig verletzt von dort zurückkommst, ist unser Verhältnis noch schlechter als zuvor." Ihr Blick glitt über meine Schulter. „Da macht mich jemand auf sich aufmerksam. Ich erwarte deinen Terminvorschlag bis Montag, ja?" Nach einem Küsschen auf meine Stirn lief sie an mir vorbei.

Erst jetzt bemerkte ich, dass sich der Sitzungssaal gefüllt hatte. Zwanzig bis fünfundzwanzig Magier scharten sich um die Stuhlreihen. Unauffällig schlich ich mich an ihnen vorbei in die Eingangshalle und von dort in den Keller.

Umgeben von den urtümlichen Backsteinwänden des Empfangsraums blieb ich stehen. Die stille, dunkle Atmosphäre beruhigte meine angespannten Nerven. „Thomas?", rief ich ins Nichts „Hast du es gehört? Frohe Botschaft!"

Spuk am BaumhausWo Geschichten leben. Entdecke jetzt