Blinzelnd kam ich zu mir. Mir war übel. Und was hatte es mit meinem rechten Fuß auf sich? Er fühlte sich irgendwie falsch an.
Was war passiert?
Irgendetwas war passiert.
Ich riss meine Augen auf. Mir gegenüber auf der Terrasse schwebte Jochen von einer Seite zur anderen. Er hatte seinen Kopf in den Händen vergraben und murmelte unzusammenhängende Sätze vor sich hin.
Thomas kniete etwa fünf Meter von mir entfernt. Seine komplette rechte Seite war von dichtem, schwerem Heilnebel umgeben.
Was war nur passiert?
Ich richtete meinen Oberkörper auf.
Jochen bemerkte es nicht. Er murmelte weiter etwas von „Miranda", „einfach warten" und „Schraube überprüfen" vor sich hin.
Ich wandte mich Thomas zu. Trotz seines nur halb vorhandenen Gesichts brachte er ein schiefes Lächeln zustande.
„Was ist passiert?", wisperte ich.
Thomas deutete mit seiner linken Hand an, nicht sprechen zu können.
Klar. Ich hatte seinen halben Körper zerstört.
Ich?
Blinzelnd hielt ich inne. Mein Gehirn meinte zwar, sich momentan auf hoher See mit starkem Wellengang zu befinden, aber ich versuchte trotzdem, mich zu erinnern. War ich schuld an Thomas' Zustand? War ich in ihn hineingetreten oder so?
Verwirrt hievte ich mich mithilfe des Baumstamms neben mir in die Höhe. Mein Schwindel verschlimmerte sich, je höher ich kam, aber ich krallte mich fest entschlossen an die zerklüftete Rinde des Baumes. Als ich meinen rechten Fuß belastete, schoss stechender Schmerz meine Wade hinauf. Autsch, verdammt. Warum tat mein Fuß dermaßen weh?
Ich atmete möglichst flach, während ich einen Blick an mir hinabwagte. Mein Fuß war noch dran. Er stand auch korrekt auf der Erde. Trotzdem spürte ich, dass etwas damit nicht in Ordnung war. Nicht nur wegen der Schmerzen, wobei die ein deutliches Indiz waren. Nein, irgendwie fühlte sich mein Knöchel verkehrt an.
Angespannt sah ich mich um. Wenn ich bloß wüsste, was passiert war! Ich erinnerte mich nur noch daran, mit Jochen diskutiert zu haben. Wie war ich von meinem Patz neben Thomas an diesen Baum gekommen?!
Auf einem Bein hüpfte ich zu Thomas hinüber, wobei mein Gehirn innerhalb des Schädelknochens fröhlich mitzuspringen schien. Kurz vorm Erbrechen stützte ich mich auf Thomas' linker Schulter ab. Sein rechtes Auge war in der Zwischenzeit zurückgekehrt. Bald würde er wieder vollständig sein.
„Krmph", nuschelte er aufgeregt. „Schene Aufmerkschmkeit..." Hektisch deutete er zur Seite.
Als ich mich umwandte, schoss Jochen in Lichtgeschwindigkeit auf mich zu. Instinktiv sprang ich zurück. Neuer Schmerz flammte in meinem Knöchel auf. Die Übelkeit in meinem Magen schwappte bis zu meiner Kehle hoch.
Jochens Hände legten sich wie Schraubzwingen um meine Schultern. „Ich werde nicht mit dir über meine Vergangenheit reden! Dazu wirst du mich niemals bringen können, selbst unter Folter nicht." Er rüttelte mich so heftig, dass mein brummender Schädel vor und zurück flog. „Deine Anwesenheit macht mein Leben noch schrecklicher! Eine weitere Strafe." Schluchzend ließ er mich los und zog sich stattdessen selbst an den Haaren.
Ich stützte mich erneut auf Thomas' gesunder Schulter ab, sonst hätten meine Beine unter mir nachgegeben. Die Welt vor meinen Augen verwandelte sich in ein wild schwankendes Kaleidoskop aus Farben und Formen.
„Du bist eine Strafe!", brüllte Jochen. Erneut legten sich seine eisigen Hände auf meine Schultern. Ich hatte nicht die Kraft, sie abzuwehren. „Warum hast du dir keinen anderen Geist ausgesucht? Keinen, der so kaputt ist wie ich?" Er schüttelte mich wieder. Wenn er damit nicht gleich aufhörte, würde ich mitten auf ihn kotzen.
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Spuk am Baumhaus
Teen FictionFortsetzung von Spuk im Keller. Über den Umgang mit Geistern: 1.: (Sei auf der Hut.) Das hilft gar nichts. 2.: (Lege, wenn möglich, Schutzweste und Helm an.) Sich an einem sicheren Ort anzuketten, ist noch besser. 3.: (Sei auf der Hut.) Siehe oben. ...