Kapitel 30

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Als ich das Badezimmer wenig später wieder verließ, vernahm ich klappernde Geräusche aus der anderen Hälfte des Hauses. Jonathan war offenbar ebenfalls bereits wach.

Mit einem verlegenen Gefühl – immerhin hatte ich ihn im Schlafanzug und mit Kissenabdrücken auf der Wange gesehen – näherte ich mich der Küche. Jonathan stand vor dem Kühlschrank und schenkte sich ein Glas Orangensaft ein. Seine Haare befanden sich wieder in ihrem üblichen, wirren Knoten.

„Hey", murmelte ich mit warmen Ohren. Das Tageslicht ließ unsere nächtlichen Begegnungen noch irrealer erscheinen.

Er drehte sich zu mir um. „Ah, du bist schon wach. Guten Morgen."

„Guten Morgen." Mir entging nicht, wie er beiläufig die Eieruhr ausstellte. „Warum hattest du die Uhr gestellt?"

Er warf mir einen seltsamen Blick zu. „Um nach dir zu sehen natürlich. Warum sonst?"

„Oh." Meine Güte, man konnte über diesen Jungen sagen, was man wollte: er war gewissenhaft. „Na, das hat sich jetzt erledigt. Ich bin wach." Betont munter setzte ich mich an den Küchentisch unter der Fensterfront.

Aus der Ecke neben der Tür erklang ein Fiepen. Hellwach schaute Hündin Emma mir aus ihrem Körbchen entgegen. Ihr Schwanz witschte über ein bedrucktes Kissen.

„Ich glaube, im Gegensatz zu uns hat Emma genug Schlaf bekommen", stellte ich fest. „Sie sieht quicklebendig aus."

Jonathan stellte ein Glas Orangensaft vor mir ab. Seine Magiefunken waren immer noch nicht zurückgekehrt. „Emma hält so oder so nicht allzu viel von Schlaf. Wenn sich irgendetwas Interessantes zuträgt, beobachtet sie lieber das als zu schlafen. Nicht wahr?" Er schaute zu Emma hinüber und als ob sie wüsste, dass er über sie gesprochen hatte, stieß sie ein zustimmendes Bellen aus.

Ich musste grinsen.

Jonathan trat an die Küchenzeile zurück. „Ist Toast okay für dich? Oder willst du lieber Brot?"

„Toast ist prima. Soll ich dir irgendwie helfen?"

Er wehrte sofort ab. „Menschen mit Verdacht auf Schädelverletzungen sollten sich nicht körperlich überanstrengen."

„Wie man daran ablesen kann, dass ich sogar nach einer durchwachten Nacht noch alle meine Siebensachen beisammen habe, ist eine Schädelverletzung äußerst unwahrscheinlich. Ganz zu schweigen davon, dass das Tragen eines Brotkorbes mich wohl kaum körperlich überanstrengen würde." Augenrollend sah ich zu, wie Jonathan ebenjenen Brotkorb vor mir auf den Tisch stellte.

„Das sieht man erst nach vierundzwanzig Stunden. Was machen deine Kopfschmerzen? Immer noch die Intensität wie nach mehreren anspruchsvollen Telekinesestunden?" Er holte eine karge Auswahl an Aufschnitt aus dem Kühlschrank.

Ich machte eine kurze Bestandaufnahme meines körperlichen Zustands. „Nein, eher wie nach einer einzigen Telekinesestunde, in der ich mich auch nicht maßlos überanstrengt habe."

„Das klingt doch viel besser als gestern Abend." Er verteilte Teller und Messer auf dem kleinen Küchentisch. „Möchtest du einen Kaffee?"

„Nein, danke. Ich bin kein Fan von Kaffee."

„Unvorstellbar. Wie kann man Kaffee nicht lieben?" Mit einem Knopfdruck setzte er eine lärmende Kaffeemaschine in Gang. „Willst du stattdessen einen Tee oder so?", brüllte er.

Ich schüttelte meinen Kopf. „Mach dir keine Umstände wegen mir", antwortete ich, nachdem der Lärm abgeklungen war. „Ich bin glücklich mit dem, was ich habe."

„Okay." Jonathan setzte sich mir mit seiner Kaffeetasse gegenüber. „Was macht dein Telekineseunterricht jetzt eigentlich? Ich hörte, Margarete wurde von der Aufgabe abgezogen."

Spuk am BaumhausWo Geschichten leben. Entdecke jetzt