Kapitel 6

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( L o u i s a )

Es war früh am Morgen, als ich mich mit meiner Tasche für die Uni, meinem Handy und einem dünnen Pullover über meinem Shirt auf den Weg zu der Bar machte.

Bevor ich mich für den Rest des Tages in der Universitätsbibliothek einschloss, würde ich heute ein paar Fotos von dem Sonnenaufgang in und um die Bar herum machen. Meine Idee hatte sich um wenige Tage verschoben, war es die letzten Tage eher bewölkt und grau in der Stadt.

Die Fotos würde ich morgen Javier vorstellen und ich freute mich mehr darüber, als ich zugeben mochte. Die neue Aufgabe machte mir unheimlich viel Spaß, nicht zuletzt weil ich mehr aus dem Haus kam und Eric nichts dagegen sagen konnte.

Dafür nahm ich in Kauf, dass seine Stimmung zunehmend schlechter wurde. Er hatte es sich vermutlich anders vorgestellt, als er mir diesen Job verschafft hatte und das gab ihm einen weiteren Grund, sauer auf mich zu sein.

An den Tagen, an denen wir beide frei hatten, war es beinahe unerträglich. Ich zählte die Stunden, ging extra früh schlafen und versuchte ihn über den Tag so gut wie möglich bei Laune zu halten.

Es war ermüdend, doch gleichzeitig konnte ich spüren, wie taub ich mich mittlerweile fühlte. Die bitterste Form der Akzeptanz.

Ich schob die negativen Gedanken beiseite, als vor mir die Promenade auftauchte und der Himmel in den schönsten Farben leuchtete. Um diese Uhrzeit war es ganz ruhig in der Stadt. Nur wenige Menschen waren draußen, einige zogen ihr Sportprogramm durch, andere waren auf dem Weg zur Arbeit.

Die Möwen suchten den Strand nach Überresten des Vortages ab, das Meeresrauschen wurde nicht mehr von den Menschen, Musik oder den Autos gestört.

Bevor ich die Bar erreichte, hatte ich bereits einige Fotos nur für mich gemacht. Ich würde sie mir ansehen, wenn ich den nächsten Abend eingeschlossen in unserer Wohnung verbringen müsste.

Eric hatte mir seinen Schlüssel für die Bar gegeben, die nun aufgeräumt und abgeschlossen vor mir lag. Die Lichterketten tanzten im Wind, die Stühle waren an der Seite oder auf den Tischen befestigt.

Die ersten Fotos von der Bar schoss ich von außen, ehe ich die Tür zum Haupteingang aufschloss.

Eric hatte mir versichert, dass es keine Alarmanlage gab und ich hoffte, er hatte recht. Als ich den Vorraum betrat, blieb ich für wenige Sekunden stehen. Mit angespannten Schultern wartete ich darauf, dass etwas passierte.

Ich atmete laut aus, als es weiterhin still blieb.

Die Bar roch nach Holz, Meer und einem warmen, sommerlichen Geruch, den ich nicht zuordnen konnte. Es war ein Hauch von Vanille darin. Die Bar roch nach Wärme und Glück - von nun an mein Lieblingsduft.

Das gesamte Gebäude war in so vollkommene Stille getaucht, dass ich den Drang hatte, mich langsam und leise hindurch zu bewegen. Ich wollte mich der Umgebung anpassen, fühlte mich wie ein Eindringling.

Die Fensterfront zum Meer gab mir genau das, was ich mir vorgestellt hatte. Der Himmel, der einem so viel Hoffnung für den Tag gab und die Möwen, die wild umherflogen und ihre Chance in der Ruhe der Morgenstunden nutzten. Ich rückte ein paar Stühle zurecht, nahm eines der Kristallgläser von der Anrichte und positionierte es auf einem der Tische.

Die Sonne erhob sich immer weiter und die ersten Strahlen trafen auf die Erde. Ich spielte mit dem Fokus und den verschiedensten Winkeln, versuchte die Wärme auf den Bildern einzufangen.

Gerade, als ich das Kristallglas von dem Tisch nahm, um es zurückzubringen, hörte ich Schritte hinter mir.

Erschrocken fuhr ich zusammen, spürte dass sich das Glas aus meinem Griff lockerte. Ich versuchte erneut danach zu greifen, doch ich war nicht schnell genug. Mit einem lauten Knall zersprang es am Boden.

Secrets of Barcelona l Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt