Kapitel 16

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( L o u i s a )

In einem blauen, lockeren Kleid und mit gewellten Haaren schlenderte ich zum Strand, an dem heute das Sommerfest stattfand. Seit 11 Uhr war es bereits in vollem Gange und die Musik hallte über die ganze Stadt hinweg. 

Die Personen, die meinen Weg kreuzten, sahen alle zufrieden und gut gelaunt aus - genau so eine Stimmung wollte ich miterleben. Die Straße vor der Promenade war gesperrt, standen dort die Foodtrucks. Sie leuchteten in verschiedensten Farben und Schriftarten. 

Es war ein absolutes Chaos, was perfekt zusammenpasste. 

Die Kamera fest in der Hand, bahnte ich mir den Weg zum Restaurant. Hier und da schoss ich ein paar Fotos, um die allgemeine Stimmung der Feier festzuhalten. 

Polo, der als Ersatz für Eric in der Bar eingestellt wurde, und ein paar andere entdeckten mich schneller als ich sie  und winkten mich zu sich rüber. Es war bereits von weitem zu erkennen, dass die Bar überfüllt war. Überall tanzten und standen Menschen herum, die untere Terrasse konnte man kaum noch betreten. 

Ich begrüßte die anderen und schoss ein Gruppenfoto von ihnen. Dann noch welche, die zeigten wie Polo einen Cocktail mixte und verabschiedete mich dann. Die Gäste akzeptierten mich schnell als Partyfotografin, manche von ihnen sprachen mich an, um ebenfalls ein Foto zu bekommen. 

Jeder, der sich für ein Foto bereit erklärte, bekam einen Aufkleber von mir, auf dem Werbung für die Bar und ein QR-Code war, der sie auf die Instagram-Seite führte. Das war eine meiner Ideen, die von Javier mit einem Lächeln abgesegnet worden waren. 

Javier begrüßte mich im Inneren der Bar. Hier hatte er alle Hände voll zu tun, weshalb ich ihn nicht lange stören wollte. Ich schoss ein paar Fotos von ihm, anschließend von der Menschenmasse. Nachdem ich noch ein paar Einzelfotos von den Gästen gemacht hatte, schlich ich mich wieder heraus. 

Große Menschenmengen auf so kleinem Raum waren nichts für mich, ich fühlte mich schnell eingeengt und je länger ich dieses Gefühl hatte, desto länger brauchte es, bis es wieder verschwand. 

Vom Strand aus machte ich Bilder von der gesamten Location. Es sah so schön aus, wie die Leute auf der Dachterrasse tanzten. Von dort aus konnten sie das ganze Fest überblicken, weshalb sie gerade heute besonders beliebt war. 

Von Saint gab es bisher keine Spur. Das letzte Gespräch mit ihm hatte mir nicht wirklich dabei geholfen, ihn besser einschätzen zu können. 

Eigentlich hatte es die Situation sogar noch schlimmer gemacht. Meine Zweifel ihm gegenüber waren gewachsen. Saint tat all das vermutlich nur, weil es gut für sein Geschäft war und nicht, weil er nett zu mir sein wollte. 

Vermutlich war ich nach allem, was mit Eric passiert war,  noch zu labil, hielt selbst Kleinigkeiten von Fremden für etwas besonderes. 

Peinlich berührt dachte ich daran zurück, wie ich ihm für all das gedankt hatte und wie überrumpelt er gewesen war. Vermutlich erschien es ihm als absurd und er fragte sich, was mit ihr nicht stimmte... 

Von nun an würde ich achtsamer sein und nicht alles überinterpretieren. 

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( S a i n t )

Diese Feste hatten ihm wesentlich mehr Spaß gemacht, als er noch kein Gastgeber war. Den ganzen Tag hangelte er sich von einem unwichtigen Smalltalk zum nächsten. 

Er sprach mit den anderen Gastgebern und ihren Freunden über das Geschäft, über das Fest und wie es wohl im Winter in diesem Jahr aussehen würde. 

Die Leute aus der Gastro neigten hier dazu, alles schwarz zu malen und schon über den Winter zu klagen, bevor es überhaupt richtig Sommer geworden war. Außerdem hielten sie Saint für viel zu jung, dachten er hätte keine Ahnung von dem, was er tat. Er hatte Gerüchte darüber gehört, dass einige Wetten abgeschlossen hatten, wie lange er sich mit seiner Bar und seinen zwei Restaurants halten könnte. 

Als er einen der Besitzer der Tapas-Bar gegenüber darauf ansprach, fragte ob er bei der Wette vielleicht mitmachen könnte und ob es hier um richtige Geldbeträge ging, hatte dieser ziemlich überrascht geguckt. 

Das einzige Gespräch, was ihm bis dahin gefallen hatte. 

Auf dem Weg zurück zur Bar, hatte er seinen Rundgang endlich beendet, holte er sich einen Burger an einem der Foodtrucks. Den ganzen Tag hatte er noch nichts gegessen, lediglich am Morgen einen Kaffee getrunken, den Javier ihm gemacht hatte, bevor er seinen Verpflichtungen nachgehen musste. 

Auf einer der Bänke saßen zwei Typen, die er vom Boxtraining kannte. Er gesellte sich zu ihnen, war froh über andere Themen sprechen zu können, als den Winter, Steuern und die Saison. 

Einer der anderen erzählte gerade davon, wie das Studio in seiner Heimstadt Malaga war, als Saints Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt wurde. Ein blaues Kleid, die langen Haare gewellt. 

Er sah sie bloß von hinten, doch er erkannte sie sofort. Gerade machte sie ein Bild von einem Pärchen. Sie zeigte ihnen das Ergebnis und drückte ihnen einen der Aufkleber in die Hand, die er selbst die Woche zuvor bestellt hatte. 

Als sie sich umdrehte, lächelte sie gedankenverloren. 

Sie sah so glücklich und unbeschwert aus. Seine Mission war also abgeschlossen, von nun an würde er sich nicht mehr einmischen. 

"Wow, seht ihr die dahinten im blauen Kleid?", fragte einer der Typen und ein unangenehmes Gefühl durchzuckte Saints Körper wie ein Blitz. Er spannte den Kiefer an, reagierte aber nicht. Als der andere sie in der Menge sah, sprachen sie darüber, wie hübsch sie wäre und Saint räusperte sich, stand auf und verabschiedete sich mit einem Nicken. 

Dann lief er direkt auf Louisa zu. Sie schaute sich gerade die Fotos an, die sie bisher gemacht hatte und erschrak, als er neben ihr stehen blieb. 

"Hey", sagte er und steckte die Hände in die Hosentasche. Sie fasste in Richtung Herz, als sie ihm antwortete. "Saint, hast du mich erschreckt. Hey" Dann lachte sie. 

Er schaute über ihre Schulter zu den anderen beiden, die sie beobachteten. Dann tat er etwas, dass selbst ihn überraschte. Er legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie in Richtung Bar. "Hier ist es viel zu voll, du lässt die Kamera noch fallen. Schau dir die Bilder oben im Büro an" 

Ein wenig verwirrt nickte sie, ließ sich von ihm durch die Menschenmenge begleiten. 

"Wie gefällt dir das Fest?", fragte sie nach einer Weile. "Als Gastgeber ist so etwas immer anstrengend", antwortete er, doch als er ihren Blick sah, ärgerte er sich über sich selbst. Er benahm sich wie ein Arsch, nur weil er so schlecht darin war, sich von ihr fernzuhalten. "aber es macht Spaß, die Leute scheinen alle zufrieden zu sein" In dem Moment tanzte ein halb nackter Mann an ihnen vorbei und Louisa kicherte, drehte sich zu Saint und sah ihn an. Seine Mundwinkel zuckten, konnte auch er sich das Lachen nicht verkneifen. 

Er nahm seinen Arm von ihren Schultern, bevor sie an der Bar ankamen. Die anderen sollten gar nicht erst die Chance für Spekulationen über ihren Chef bekommen. Er wusste genau, wie sehr sie Gossip liebten. 

"Willst du dir die Fotos mit mir ansehen? Ich glaube, es sind viele dabei, die wir verwenden können. Und ich habe eine Idee, was wir mit den Fotos der Gäste machen könnten" 

Ihr offener, sich nichts bei denkender Blick zwang ihn in die Knie. Es ging um Arbeit, um mehr nicht - nach kurzem Zögern willigte er ein. 

Er streckte seinen Arm aus, machte eine Bewegung ins Ladeninnere und signalisierte ihr, vorzugehen. Als sie die Treppe hochging, fragte er, ob sie etwas trinken möchte. Er selbst könnte ein kühles Bier ziemlich gut gebrauchen. 

"Eine Cola, vielen Dank", dann ging sie weiter und er schaute ihr noch einen Moment nach. 

Ob das eine gute Idee war? 




Secrets of Barcelona l Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt