Kapitel 9

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( L o u i s a )

Eric taumelte nach zehn endlosen Minuten endlich durch die Tür in meine Richtung. Sein Blick war so abwertend, so verachtend dass ich es für einen kurzen Moment bereute, hergekommen zu sein. 

"Du bist nicht allen ernstes zu dieser Party gegangen und amüsierst dich jetzt, oder?", fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich konnte bloß hoffen, dass er meine Angst nicht bemerkte. 

"Was genau sollte ich denn sonst machen? Ich lasse mir den Abend nicht von dir versauen"

Ich schnaubte auf. "Den Abend versauen? Weißt du überhaupt, was du da getan hast? Was du mit angetan hast?" 

Eric lachte. Er lachte laut und deutlich und schüttelte dabei den Kopf. "Wochenlang habe ich mich schon zusammengerissen, dir keine zu verpassen, aber irgendwann brennt bei jedem mal die Sicherung durch" 

Er bereute es nicht. 

Die Erkenntnis traf mich härter als seine Ohrfeige. 

Er bereute es kein bisschen. 

"Du bist so ein Mistkerl. Ich will dich nie wieder sehen", schrie ich und lief auf ihn zu. Ich wollte ihm so weh tun, wie er mir weh getan hatte, doch auch wenn er betrunken war, waren seine Reflexe schnell. Er packte meine Arme und drückte sie zusammen. 

Mit seiner freien Hand packte er mein Haar und zog meinen Kopf so, dass ich ihn ansehen musste. 

"Du tust mir weh", jammerte ich, "schon wieder" 

"Ab jetzt läuft das hier ein bisschen anders, Babe", sang er und schaute mir direkt in die Augen, "du tust gefälligst, was ich dir sage, sonst fängst du dir direkt noch eine, hast du das verstanden?"

Ich war angewidert von diesem Mann, nichts als Hass durchströmte meinen Körper. 

"Fick dich", zischte ich und bevor die Worte meinen Mund komplett verlassen hatten, ließ er meine Arme los und ohrfeigte mich erneut. Ich wollte wegrennen, doch er zog mich an meinen Haaren zurück, drückte mich mit meinem Rücken an seine Brust und schlang seinen Arm um mich. 

"Dann lernst du es eben auf die harte Tour", flüsterte er, ehe er mir mit seinem Knie in den Rücken trat. 

Ich brach vor Schmerz zusammen, konnte nicht einmal weinen oder schreien. Er stellte sich direkt vor mich, schaute auf mich herab, als wäre ich genau da, wo ich seiner Meinung nach sein sollte. 

Eric packte mich, zog mich wieder auf die Beine. "Du wirst jetzt nach Hause gehen und dort auf mich warten", flüsterte er mir erneut ins Ohr. "Und dann kannst du dich später für dein Verhalten entschuldigen" 

Er schubste mich nach vorn, ließ mich endgültig los. Ich schaute ihm hinter her, als er die Bar betrat, um sich weiter zu amüsieren. 

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( S a i n t )

Er spulte das Überwachungsvideo immer wieder vor und zurück, sah sich die Szene immer wieder an. 

Bei keine Wiederholung stagnierte seine Wut, sie wurde immer und immer größer. 

Nach der Feier mit seinen Angestellten am Samstag waren die Tage mehr als anstrengend gewesen. Silas hatte Probleme in New York und Saint war Tag und Nacht damit beschäftigt gewesen, ihm die Lösung zu schicken. 

Jetzt, wo er eine kurze Pause davon hatte, widmete er sich seinen Restaurants und der Bar. Die Überwachungsvideos ab und zu zu überprüfen, war eigentlich Olivers Aufgabe. Asher hatte sich geweigert, diese "langweilige Scheiße" zu übernehmen, als hatte er sich hingesetzt und die Videos in 20-facher Geschwindigkeit überprüft. 

Es war schon mal vorgekommen, dass er zwei Angestellte auf den Videos sah, die in ihrer Pause in den Hinterhof gingen, um sich zu amüsieren. 

Doch das, was er nun sah, wäre ihm niemals eingefallen. 

Es klopfte an der Tür zu seinem Büro und Asher trat herein. Als er seinen Blick sah, wurde auch seine Mimik ernst. 

"Was ist los?", fragte er und Saint wies ihn an, hinter seinen Schreibtisch zu treten. 

Er startete das Video erneut, es war das zwölfte Mal, dass er sich das ansah. 

"Was zur Hölle?", flüsterte Asher ungläubig und beugte sich vor, konnte auch er seinen Augen nicht trauen. 

Es machte ihn wahnsinnig, dass die Qualität der Kameras bei Nacht so schlecht zu sein schien, dass er nicht richtig erkennen konnte, wer die beiden Personen waren. 

"Ich brauche Namen", sagte er und Asher brauchte keine große Erklärung. Auch er presste seinen Kiefer fest zusammen und Saint sah seine geballten Fäuste. 

Asher sah sich das Video noch einmal an, pausierte es an einer gewissen Stelle und beugte sich unmittelbar vor den Bildschirm. 

"Ich bin mir fast sicher", sagte er und Saint lehnte sich zurück. "Das reicht mir. Also die Namen..."

Asher gab ihm die Namen und Saint schloss für einen kurzen Moment die Augen. Es kostet ihn so viel Mühe, so viel Disziplin sich nicht sofort auf den Weg zu machen und jemandem sehr, sehr wehzutun. 

Die Dämonen waren in ihm, sie waren ihm anerzogen worden und würden nie wieder gehen. 

So viele Möglichkeiten, jemanden umzulegen, doch welche war die eindrucksvollste? Welche wurde dem Gerecht? 

"Ich glaube, ich habe eine Idee" 

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( L o u i s a )

Wenn ich gedacht hatte, dass mein Leben nicht gut lief, dann brauchte ich eine neue Bedeutung für das, was ich nun durchlebte. 

Seit einer Woche war ich nicht mehr in der Uni. Nicht nur, weil mein Rücken blau war und schmerzte, ich kaum sitzen konnte, sondern auch weil Eric es mir nicht erlaubte. 

Alles, was ich tun wollte, musste ich vorher mit ihm absprechen. Ich fühlte mich wie eine Gefangene und meine Angst wuchs stetig, dass er mir wieder wehtun würde. 

Ich lebte in der Hölle auf Erden. 

Während ich mein Shirt hochhielt, vor dem Waschbecken im Badezimmer stand, trug Eric eine kühlende Creme auf dem Bluterguss auf, den er selbst verursacht hatte. Sanft massierte er sie ein und je sanfter er zu mir war, desto unerträglicher wurde es. 

"Danke", flüsterte ich, als fertig war und zog mein Shirt wieder herunter. 

Er stellte sich vor mich und ich schaute zu Boden. Auch aus Angst, aber viel mehr, weil ich seine Augen nicht mehr ertrug. Ich hasste ihn und seine gesamte Erscheinung. 

"Küss mich", forderte er und ich schluckte schwer. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und drückte ihm mit geschlossenen Augen einen Kuss auf den Mund. In den vergangenen Tagen hatte ich gelernt, es einfach zu tun, sonst machte ich es nur noch schlimmer. 

Er hielt mich fest. "Einen richtigen Kuss", forderte er und wieder tat ich, was er verlangte. 

"Es geht doch", lächelte er und Zufriedenheit mischte sich unter seinen weichen Tonfall. 

So verflucht unerträglich. 

Der Nachrichtenton seines Handy unterbrach die Situation und Eric verschwand im Wohnzimmer, um sie zu lesen. Ich folgte ihm nur langsam, dankbar dafür, dass er für einen Moment abgelenkt wurde. 

Er seufzte, warf sein Handy zurück auf das Sofa, als ich um die Ecke schaute. "Ich muss heute eine Extraschicht übernehmen", erklärte er genervt. Nach außen reagierte ich nicht, doch innerlich war ich erleichtert, brauchte die Zeit für mich alleine so dringend, um meine Gedanken zu sortieren und für einen kurzen Moment keine Angst zu haben. Ich brauchte sie, um mir einen Plan zu überlegen, wie ich aus dieser Hölle verschwinden konnte. 

"Ich muss in zehn Minuten los. Denk dran, heute Abend noch etwas zu kochen" 

Ich nickte, zuckte zusammen als er mir einen Kuss auf die Wange drückte, ehe er sich für die Arbeit fertig machte. 

Secrets of Barcelona l Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt