Kapitel 41

515 35 10
                                    

( L o u i s a )

Als ich am nächsten Morgen erwachte, lag Saint nicht mehr neben mir.

Es war angenehm kühl in dem Raum, er musste die Klimaanlage eingeschaltet haben.

Ich drehte mich auf die Seite, schloss für einen weiteren Moment meine Augen, bevor ich aufstehen würde. Ich dachte an den gestrigen Tag, an die Gespräche, die wir über unsere Vergangenheit, unsere Emotionen geführt hatten.

Saint war ein beeindruckender Mann. Ich wusste immer noch nicht alles über ihn, doch mit jeder neuen Info, die er mir gab, wurde mir klar, wie schwer sein Leben gewesen war.

Und umso mehr erstaunte es mich, dass er sich diese liebevolle, sorgsame Art hatte bewahren können.

Wir sprachen lange über die Situation mit meinem Vater, dass es nicht das erste Mal war, dass er betrunken und aggressiv irgendwo auftauchte. Die guten Zeiten, in denen er anders war, waren in meiner Erinnerungen kaum vorhanden. Ich war mir nicht einmal sicher, ob manche Momente davon überhaupt wirklich geschehen waren. 

Saint war es wichtig, mir klar zu machen, dass ich keine Schuld daran trug. Meine Eltern, insbesondere mein Vater, hatten sich in der Vergangenheit dazu entschieden, den Tod meines Bruders nicht richtig zu verarbeiten, sondern in ihrer Trauer und Verzweiflung zu verharren. 

Er wusste nicht, wie gut es tat, dass zu hören. Oftmals hatte ich mich gefragt, ob ich nicht doch etwas hätte anders machen können, ob ihr Verhalten berechtigt war. 

Außerdem sprachen wir über David, wie er war und wie es für mich war, ihn zu verlieren. Ich erzählte Saint davon, wie gerne David Fußball gespielt hatte und ich nicht selten den Torwart für ihn spielen musste, als wir klein waren. Er war ein guter großer Bruder gewesen, der immer auf mich aufgepasst und mit dem ich mich selten gestritten hatte. 

Ich dachte jeden Tag an ihn und was ich verloren hatte. 

Saint hegte seinen Eltern gegenüber keinen Groll, was mich ein wenig überraschte. Sie hatten dieses Leben für ihn vorbestimmt und ihm die Chance genommen, ein normaler Junge zu sein, der gerne Fußball spielt und Zeit mit seinen Freunden verbringt. 

Seine Freundschaft zu Silas war dadurch entstanden, dass er im erwachsenen Dasein für ihn hätte arbeiten sollen. Es existierte eine lange Geschichte, die die Familien und die Geschäfte miteinander verband. Mit Silas wäre es das erste Mal gewesen, dass jemand aus England all diese überwiegend illegalen Geschäfte übernommen hätte. 

Saint seufzte, als er mir erklärte, dass alles, was seine Familie hatte, durch Blutgeld bezahlt worden war. 

Deshalb wollte er der erste sein, der das ändert.

Besonders interessant fand ich die Verbindung zwischen Silas und ihm. Anstatt Saint wie jemanden zu behandeln, der für ihn arbeiten, der sogar sein Leben für ihn geben sollte, weil er selbst wertvoller war, hat er ihn als seinen besten Freund, seinen engsten Vertrauten angehen. 

Von klein auf wurden sie zusammen erzogen, hatten die selben Freunde, das selbe "Training", wie Saint es nannte. Er wurde zu Silas Bruder - und zu seinem Schatten. 

Es war eine Geschichte, die ich kaum wirklich greifen konnte. Doch vielleicht würde ich es besser verstehe, je mehr Zeit wir miteinander verbrachten. 

___________________________

( L o u i s a )

Ich fand Saint im Wohn- und Essbereich. Er saß an seinem Esstisch, der Laptop vor ihm aufgeklappt und las konzentriert etwas durch. Neben ihm eine Tasse Kaffee, die Uhr bereits am Handgelenk, obwohl er oberkörperfrei war. 

Als er von dem Bildschirm aufsah, lächelte er. "Guten Morgen" Er lehnte sich zurück, signalisierte mir sich auf seinen Schoß zu setzen. Seine Arme schlangen sich um mich und wir küssten uns. 

Ich streichelte seinen Nacken und kuschelte mich an ihn. "Du arbeitest ja schon", stellte ich nach einem Blick auf den Bildschirm fest. 

"Selbst und ständig, Darling", lachte er und gab mir einen weiteren Kuss auf den Oberarm. 

So wie er mich ansah, musste auch er an die vergangene Nacht denken. Bei dem Gedanken wurde mir heiß und ein aufgeregtes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus. 

Bisher war Saint durch und durch ein Gentleman, hatte mir die Zeit gegeben, die ich gebraucht hatte, um ihm noch ein Stück näher zu kommen. Gestern hatte er mir einen Einblick gegeben, wie er war, wenn er erregt war, wenn er mehr wollte. 

Es hatte mich neugierig gemacht. 

Saint hatte viel Selbstbewusstsein, war stets die Ruhe selbst und bei ihm fühlte ich mich beschützt. Hinter seinem Selbstbewusstsein spürte ich schon immer einen Hauch von Dominanz - und gestern konnte ich ein wenig mehr davon sehen. 

"Ich kann förmlich hören, woran du denkst", schmunzelte Saint mit rauer Stimme und strich mit seinem Zeigefinger meinen Oberschenkel entlang. Als ich zu seinen Fingern blickte, sah ich dass er das Haarband immer noch um sein Handgelenk trug. 

Sofort spürte ich wieder, wie er hinter mir stand, meine Haare zu einem Zopf band und wie mein ganzer Körper kribbelte, als er mir sagte, ich sollte mich vor ihn knien. 

"Das selbe wollte ich auch gerade sagen", lachte ich und schmiegte mich an ihn. 

_____________________

( S a i n t )

Gemeinsam machten sie Frühstück. Saint kümmerte sich um die Pancakes während Louisa einen Obstsalat zubereitete. 

Zum ersten Mal seit über einer Woche fühlte er sich wieder ruhiger. Er war froh, sie nicht mehr in diesem verdammten Deutschland war, wo es viel zu viel gab, vor dem er sie beschützen musste. 

Er gab es ungern zu, doch Silas hatte recht behalten. Er wollte so unbedingt der Freund sein, der Grenzen einhält, die Privatsphäre akzeptiert. Er musste zugeben, dass das nicht ganz so gut funktionierte, wie er sich erhofft hatte. 

Ohne Silas Übergriffigkeit wäre vielleicht schlimmeres passiert. Auch wenn er diese Grenzen immer noch akzeptieren wollte, er musste sie ein wenig verschieben. 

"Darling, ich habe eine Bitte an dich", sagte er nach dem Frühstück, welches sie auf seiner Terrasse unter dem Sonnenschirm eingenommen hatten. 

"Welche?", fragte sie. 

"Übermorgen werden Silas, Oliver und ich ein Gespräch mit den Typen führen, die neulich in der Bar standen. Wir klären gewissen Dinge mit ihnen und auch wenn ich mir sicher bin, dass alles gut sein wird, möchte ich dass du für die zwei Nächte, in denen ich nicht da bin, bei Melody und Emma in der Villa übernachtest. Asher und Matteo werden da sein" 

Er griff über den Tisch nach ihrer Hand, als sie ihn unsicher ansah. 

"Für alle Fälle, damit ich ruhig schlafen kann", fügte er sanft an und hoffte sehr, sie würde einwilligen. Eher würde er die Bar verkaufen, als dass er sie die zwei Tage komplett alleine in ihrer Wohnung lassen würde. 

"Okay", willigte sie unsicher ein. 

Saint war erleichtert, hatte er gehofft sie würde ihm, was diese Entscheidungen betraf, mehr vertrauen, nachdem sie offen und ehrlich über viele Dinge aus seiner Vergangenheit gesprochen hatten. 

"Danke", er lief um den Tisch herum, Louisa stand auf und blieb vor ihm stehen. Eine Hand legte er an ihren Hinterkopf, die andere an ihre Taille. "Sieh es als Mädelswochenende an, ihr habt die Villa für euch. Asher und Matteo werden euch nicht stören" 

Louisa nickte und sie küssten sich zärtlich. 

"Muss ich mir Sorgen um dich machen?", fragte sie und er legte seine Stirn an ihre. 

"Nein", antwortete er sicher, "wenn ich wieder da bin, dann lade ich dich zu einem richtigen Date ein. Wir hatten bisher noch keins" 

Es störte ihn, dass sie aufgrund der Umstände bisher noch kein richtiges Date hatten. 

Louisa lächelte. "Klingt gut" 

Er freute sich bereits darauf, sie in einem weiteren Kleid seiner Wahl zu sehen. 

Secrets of Barcelona l Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt