55 | Make You Feel My Love

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Livia's Sicht


Mit einem mehr als nur mulmigen Gefühl in der Magengegend beobachtete ich das rege Treiben weit von uns entfernt, dass der New Orleans Union Passenger Terminal uns bot. Hier auf dem Parkplatz, weit abgeschieden von den Menschenmassen, sahen diese aus wie kleine Punkte und doch würde ich bald zu ihnen gehören. Ich hatte Damien gebeten mich hier abzusetzen, denn ich wollte nicht von dieser Masse erschlagen werden und wollte mich langsam darauf vorbereiten auf das hier zuzugehen. Wie ich mich fühlte konnte ich nicht wirklich sagen, aber es war merkwürdig zu wissen, dass ich in wenigen Sekunden oder Minuten hier aussteigen würde und mein Leben, welches ich hatte, hinter mir ließ. Ich haderte mit mir ob es die richtige Entscheidung war, wobei ich gleichzeitig wusste, dass es diese definitiv war. Damien und ich brauchten Abstand zueinander, um über unseren Verlust irgendwie hinweg zu kommen, auch wenn dies vermutlich niemals passieren würde. Ich konnte nur für mich sprechen, doch hier bei ihm zu bleiben würde mir nicht helfen.

Damien würde mich tagtäglich daran erinnern was wir verloren hatten, denn Raiden war immerhin seine Miniversion gewesen und alleine der Gedanke daran trieb mir von Neuem Tränen in die Augen, die ich sofort wegzublinzeln versuchte. Ich hatte nie gewusst wie viele Tränen ein Mensch in seinem Leben vergießen konnte, aber es waren einige und auch wenn ich glaubte längst keine mehr zu haben, so wurde ich seit Stunden eines Besseren belehrt. Ich hatte diese salzige Flüssigkeit gefühlt Literweise am Tag vergossen, auch wenn damit Schluss gewesen war und trotzdem wurde es mit heute nicht weniger. Es war merkwürdig zu was man im Stande war zu tun wenn man trauerte und ich vermutete, dass unsere Körper einfach darauf programmiert waren. «Wenn du nicht noch mehr Züge verpassen willst, dann solltest du langsam aussteigen.», riss mich die Stimme meines Mannes mit einem Mal von diesen Gedankengängen fort und erneut blinzelnd legte ich meinen Fokus auf ihn. Seine Hände hielten das Lenkrad fest umklammert, sodass die Knochen an seinen Fingern weiß hervorstachen und sein gesamter Körper an sich wirkte wahnsinnig angespannt.

Er hatte keinen Versuch gewagt mich davon abzuhalten das hier wirklich durchzuziehen und auch wenn es mich überraschte, so verwunderte es mich kaum. Damien Kingston wollte das ich glücklich war und das hier war mein Weg dieses Glück irgendwie wieder zu finden, auch wenn ich daran zweifelte das es tatsächlich funktionierte. Ich würde niemals wieder glücklich werden können, doch eventuell heilte die Zeit wirklich ein paar Wunden, auch wenn sie noch so schwerwiegend waren. Aber diese Wunden konnten zu Narben werden und wie ich ihm bereits vorhin gesagt hatte, würden diese uns vielleicht verhelfen wieder in die Normalität zu schlittern, selbst wenn es nicht von heute auf morgen passieren würde. «Hasst du mich?», fragte ich ihn schlussendlich und ging nicht weiter auf seine Worte ein, weil ich mich im Moment noch nicht bereit fühlte den Wagen und somit auch ihn zu verlassen. «Wieso sollte ich dich hassen, Prinzessin?», kam es leise über seine Lippen und hilflos zuckte ich mit den Schultern, weil ich gehofft hatte, dass er mir eine Antwort darauf geben konnte.

«Weil ich gehe, deshalb.», murmelte ich nun, weil ich das Gefühl nicht los wurde, dass er mich aufgrund dessen verachtete. Ich wählte so den einfachen Weg und nicht den schwierigen, wo wir beide zusammen versuchen konnten mit der Situation irgendwie klarzukommen. «Ich könnte dich niemals hassen, dass weißt du doch.», beschwichtigte er mich jedoch und dies ließ mich tief seufzen, während ich im nächsten Augenblick laut schluckte. «Ich will mich nicht von dir verabschieden, Damien.», flüsterte ich beinahe schon tonlos und doch war ich mir sicher, dass er mich verstand. Nun war er es der schwer schluckte, ehe er seinen Kopf nach hinten gegen die Lehne seines Sitzes fallen ließ und seine Augenlieder schloss. «Ich weiß, Prinzessin.», kam es ebenso leise über seine Lippen und danach vergingen einige Sekunden, ehe er seine Augen wieder öffnete und mich voller Aufrichtigkeit ansah. «Abschiede sind niemals schön, aber wir können ihn für uns schön machen.», fügte er hinzu und so blieb mir nichts anderes übrig, als einfach nur zu nicken.

Broken LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt