Chapter 62 ~ You are here

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SCARLETT POV

Ein Beinbruch, ein Rippenbruch und eine Gehirnerschütterung. Das war die Diagnose, die der Arzt uns mitteilte. "Was heisst das für ihn?", fragte Jeremy, Justins Vater, den Arzt und hielt die weinende Pattie im Arm, die völlig unter Schock stand. Ich hätte sie so gerne getröstet. Ich hätte sie so gerne in meine Arme genommen, ihr gesagt, dass ihr Sohn es überstehen wird. Ich hätte mich so gerne bei ihr entschuldigt. Ich weiss nicht wieso, aber ich hatte den Drang dazu, mich zu entschuldigen. Dafür, dass ihm das passiert ist. Zwar konnte ich nichts dafür, aber von Tysons Erzählungen weiss ich, dass er völlig durch den Wind war, und das wegen mir. Ich hätte nicht gedacht, dass es ihm tatsächlich so nahe ging, dass ich wütend auf ihn war. Ich dachte, es wäre ihm egal.

In meinem Kopf drehte sich alles. Alles wurde mir zu viel. Ein keiner Stein fiel mir von Herzen, als der Arzt beruhigend mitteilte: "Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Er schäft noch. Sobald er wach ist, werden wir uns bei ihnen melden."

Ryan, Brandon und Mason kamen gerade in das Wartezimmer, als der Arzt zu einem Notfall gerufen wurde und gehen musste. Sie waren in der Arena geblieben. Was sie dort taten, wusste ich nicht. Tyson wollte mir nichts sagen. Aber es war mir egal. Im Moment war mir so ziemlich alles egal, was nicht mit Justin zutun hatte. Das einzige was zählte war, dass er wieder gesund wird. Das und nichts anderes. Als Brandon mich entdeckte, zuckte er zusammen und blieb kurz stehen, um mich zu betrachten. Ich hatte die letzten Stunden ununterbrochen geweint und nicht gesprochen. Er nahm mich in seine Arme. "Wie gehts dir?"

Wie es mir ging? Ich konnte diese Frage nicht beantworten. Wie ging es mir? Keine Ahnung. Schrecklich wäre nicht der passende Ausdruck, um zu erklären, wie schlecht es mir tatsächlich ging. Mir ging es nie schlechter. Als ich nicht antwortete, mich wieder auf den Stuhl fallen liess und mir durch meine Haare fuhr, hörte ich Brandon mit Tyson sprechen. Dieser erklärte ihm, wie es zu diesem Unfall kam. Er sagte, dass er es mit seinen eigenen Augen gesehen hat.

"Er hat mich mit seinem Motorrad überholt. Dabei hupte ich ihm zu, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er nicht so schnell fahren sollte. Wir befanden uns gerade in einem Tunnel. Und irgendwie, keine Ahnung wie, verlor er die Kontrolle über das Lenkrad. Er fiel vom Motorrad und flog regelrecht auf den Boden. Vor lauter schreck hätte ich fast selber einen Unfall gemacht, als ich Vollbremste, um aus dem Wagen zu steigen und zu ihm zu gelangen."

Warum wunderte es mich überhaupt nicht, dass Justin wie ein Wahnsinniger durch die Strassen raste? Er war kein Sonntagsfahrer gewesen, das war klar. Trotzdem hat er noch nie die Kontrolle über das Lenkrad verloren. "Scheisse", fluchte Tyson nur leise. "Hier", neben mir nahm jemand platz. Ich hob den Kopf und sah in Masons grüne Augen. "Den könntest du gebrauchen", er hielt mir einen Kaffeebecher hin. "Danke", flüsterte ich nur. Es wurde ganz still. Man hörte nur das schniefen von Jazzy, die ihre Tränen kaum zurückhalten konnte. Ihre Augen waren rot und ihre Lippen zitterten.

"Ryan Butler?"

"Das bin ich", sagte Ryan hastig und stand auf. Die Krankenschwester nickte ihm zu. "Mr Bieber möchte sie sprechen."

Das heisst, er ist wach. Er ist tatsächlich aufgewacht!

JUSTIN POV

Meine Augen sahen sich in diesem trostlos eingerichteten Zimmer um. Die Wände waren weiss, ein kleiner Tisch stand auf der rechten Seite neben dem Fenster und eine leere Vase stand darauf. Wie lange habe ich noch mal geschlafen?

Verfickte scheisse, mein Schädel brummte wie verrückt. Ich konnte mich an fast nichts erinnern. Wie bin ich schon wieder hier her gekommen? Was war mit meinem Fahrrad geschehen? Oder war das ein Motorrad? Keine Ahnung, es war mir echt egal.

"Mann, du lebst. Alter, was für einen Schock wir hatten", ertönte die Stimme von Ryan, der ins Zimmer trat. Ich zuckte wegen der Lautstärke seiner Stimme zusammen. Als er dies bemerkte, entschuldigte er sich. Vielleicht hätte ich doch lieber nach Mason fragen sollen. Der war wenigstens leiser. "Was machst du bloss für Sachen?!" "Wenn ich das wüsste", flüsterte ich und bewegte mein Bein, welches in einem Gips umhüllt war. Was zum Teufel... Ryan schien zu verstehen und antwortete auf meinen fragenden Ausdruck. "Du hast ein Bein und die Rippen gebrochen." "Ich bin so abgefucked." Ich konnte schon die Jämmerlichkeit, die ich von mir gab, spüren.

Ich schloss kurz meine Augen und versuchte mich zu konzentrieren, um die Nadel, die in meinem Arm steckte, nicht rauszureissen. Ich konnte mit Nadeln überhaupt nicht umgehen. Ganz und gar nicht. "Habt ihr.."

"Damon wird sich nicht mehr blicken lassen", unterbrach er mich. Na wenigstens eine gute Nachricht. "Was habt ihr mit ihm angestellt?" "Nichts. Nur die Polizei angerufen. Stell dir vor, der Kerl hat alles zugegeben."

Was für eine Pussy. Ich meine, ich hätte sowas nie zugegeben.
"Gut, danke, dass ihr euch darum gekümmert habt. Und ihr geht es auch gut?"
Rya zögerte. Oh nein, das kann nichts gutes bedeuten. "Wie man's nimmt. Eigentlich schon."

Ich hatte keine weiteren Fragen. Es interessierte mich auch nicht wirklich, wer hier im Krankenhaus war. Ob überhaupt jemand hier war. Wahrscheinlich nicht. Aber solange die Jungs da waren und Sca..- Ich unterbrach meine Gedanken. Ihr war es sowieso egal. Ich hatte es verdient. Alles, was mir passiert war. Ich bin ja so ein Opfer. "Ich geh dann mal, jemand will dich sehen."
Ich öffnete ein Auge. "Verschone mich mit einem Vollidiot. Sag ihnen, sie können morgen kommen. Wer auch immer draussen ist, ich will keinen von ihnen sehen."
Und das stimmte auch. Ich hatte keine Lust auf bemitleidende Blicke. Das hatte ich nicht nötig.

Die Türe wurde geöffnet und wieder geschlossen. Ich seufzte erleichtert und genoss die Ruhe. Mein Kopf tat immer noch weh. Sobald ich jedoch eine liebliche, sanfte Stimme hörte, die meinen Namen leise aussprach, öffnete ich ruckartig meine Augen.

SCARLETT POV

"Justin", flüsterte ich ängstlich. Meine Brust zog sich schmerzhaft bei diesem Anblick zusammen. Wie er so da lag. Von mehreren Schläuchen umgeben und völlig hilflos. Das Bein hochgelegt und in Gips eingehüllt. Tränen stiegen mir erneut in die Augen, als er seine Augen öffnete und mich mit diesem leeren Blick musterte. So, als ob er nicht glauben würde, dass ich hier war. "Scarlett?", fragte er mit rauer Stimme und versuchte sich zu bewegen, aber bei jeder kleinsten Bewegung, verzog er das Gesicht. Mit langsamen Schritten lief ich auf das Bett zu und blieb vor ihm stehen. Eine Träne floss mir über die Wange, als er seine Lippen zu einem gequälten Lächeln verzog. "Du bist da", stellte er fest. Ich nickte. Seine Hand breitete sich aus. "Komm her", ich hatte seine Worte fast nicht gehört. Zaghaft lief ich zu ihm hin und sofort schloss er mich in seine Arme. Ich tat das gleiche und gab mir Mühe, ihm nicht wehzutun. "Ich hatte solche angst", sprach ich unter Tränen und vergrub mein Gesicht in seine Halsbeuge. "Alles ist gut Baby, ich bin ja noch da", seine Worte beruhigten mich etwas und ich liess ihn los, um mich neben ihn zu setzen. Ich bemerkte, dass es ihm deutlich unangenehm war, zu liegen, während ich sass. Seine Hand umklammerte meine. "Du bist hier", wiederholte er seine vorherigen Worte jetzt etwas erfreuter.
"Natürlich bin ich das", bestätigte ich schluchzend und drückte seine Hand. "Es tut mir so leid."

"Nein Justin, sag das nicht ich.. Es ist okay."
"Nein, hör mir zu. Ich.. Ich war ein selbstverliebtes Arschloch. Ich hab nur auf mich geschaut. Das wurde mir erst im Nachhinein klar. Du hattest mit allem recht."

Ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht noch mehr Tränen zu vergiessen. "Justin", flüsterte ich leise und wischte mir mit der flachen Hand meine Wange ab. "Baby, wein nicht", er hob eine Hand und legte sie an meine Wange. Seine Augen sahen besorgt und traurig zugleich aus. Es tat mir weh, ihn so verletzlich zu sehen. Er war sonst immer so hart und liess sich nichts anmerken. Aber jetzt..

Er liess seine Hand wieder nach unten gleiten und schloss dann die Augen. "Scarlett", seine Stimme war zittrig und rau.
"Ja?", flüsterte ich leise. Ich beobachtete jede seiner Bewegungen. Wie er schwer schluckte, wie er sich über seine aufgeplatzten Lippen leckte, die Augen öffnete und mir tief in die Augen sah. "Ich liebe dich."

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