2. Kapitel | Die ersten Eindrücke

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[Bild von Nate]

"Du rufst mich an wenn du was brauchst, ja? Hast du noch dein Handy?" Emma und ich stehen an der Tür und sind gerade dabei uns zu verabschieden.

"Ja." ,antwortet ich auf beide Fragen. Ich gehe einen Schritt näher ran und schaue mich um ob die Anderson's in der Nähe sind. Doch als niemand zu sehen ist, wende ich mich wieder an Emma.

"Warum genau nehmen die mich nochmal auf? Die sind doch viel zu wohlhabend für ein Fosterkind?"

Emma verdreht lächelnd die Augen und legt eine Hand auf meine Schulter: "Ob du es glaubst oder nicht Hailey, es gibt auch gute Menschen."

Ach wirklich? Das ist schwer zu glauben, nach all den Familien, in denen ich war. Es waren immer geldgierige, perverse Lügner gewesen. Natürlich hat nicht jeder so ein Pech wie ich. Einige finden tatsächlich gute Familien. Aber ich kann nicht eine von denen sein. Auch in dieser Familie wird etwas schief laufen. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Emma gibt mir noch eine letzte Umarmung und verabschiedet sich dann. Ich schließe die Tür und gehe wieder ins Wohnzimmer, in dem inzwischen nur noch Finn und Olivia sind. Blondie steht gleich auf als sie mich sieht.

"Wenn du willst, kannst du dich erst mal ausruhen und dich in deinem Zimmer einleben. Um sechs gibt's dann Abendessen." ,sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht. Ich nicke, bedanke mich und gehe dann die Treppen hoch.

In meinem Zimmer schaue ich mich erst ein bisschen um. Der Schreibtisch ist voll mit verschiedenen Sachen. Schreibwaren, Hefte, Bücher. Einige davon sind Schulbücher und außerdem liegt ein Rucksack auf dem Stuhl. Stimmt ja, ich muss ab morgen wieder in die Schule gehen. Der Ort an dem ich jetzt ganze zehn Monate nicht war. Zum Glück ist es eine neue Schule mit neuen Menschen und keiner weiß wo ich zehn Monate war.

Ich gehe an den Kleiderschrank und als ich ihn öffne, klappt mir der Mund auf. Er ist voll mit Klamotten. Nicht normal voll, sondern richtig voll. Kein freier Platz. Kleider, Hosen, Röcke, Oberteile, ja sogar eine eigene Schuhkollektion ist dabei. Das kann niemals alles meins sein. Das gehört mir nicht. Ich habe doch nur einen Rucksack mit Klamotten, das ist alles. Ich bin zu schockiert um mich zu entscheiden ob ich mich freuen soll oder nicht. Mein Gehirn will es nicht wahrhaben. Ich gehe wieder aus dem Zimmer und die Treppen runter, zurück ins Wohnzimmer.

"Da sind Klamotten in meinem Schrank." ,teile ich Finn und Olivia immer noch schockiert mit. Die beiden werfen sich einen Blick zu, lächeln und schauen dann wieder mich an.

"Ja, ich war so frei und hab dir ein paar Sachen besorgt." ,sagt Blondie.

"Ein paar Sachen? Der Schrank läuft fast über. Das kann niemals alles mir gehören.", gebe ich kopfschüttelnd zurück. Blondie macht ein paar Schritte auf mich zu und legt ihre Hände auf meine Schultern. Sie schaut mir in die Augen und lächelt herzlich.

"Du bist jetzt Teil dieser Familie und alles was in deinem Zimmer ist gehört nur dir allein."

Ich schaue sie etwas perplex an. Das meint sie doch nicht ernst oder? Das hatte ich noch nie. Die anderen Familien haben mir keine Klamotten geschenkt, oder gar so ein tolles Zimmer. Ich bekam ein Gästezimmer, als wollten sie mich sowieso nicht für immer bei sich behalten. Aber hier scheint das anders. Ich bekomme mein eigenes Zimmer mit meinen eigenen Sachen. Es ist als wollten sie, dass ich mich hier zuhause fühle.

"I-Ich.. eh.. danke.", sage ich etwas unsicher, da ich noch nie in so einer Situation war. Olivia lächelt mich nur an und dann gehe ich auch wieder die Treppen hoch. Das ist schräg. In meinem Zimmer setze ich mich dann auf die Fensterbank und schaue raus. Ich weiß nicht wie ich mich fühle oder ob ich überhaupt etwas fühle. In diesem Moment starre ich einfach nur raus.

| Fost & Found | {abgeschlossen}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt